Juval Kürzi will die Lebensmittelbranche umkrempeln, indem er traditionelle Gemüsesorten neu definiert. Sein erstes Produkt, eine vegane Alternative zu geräuchertem Lachs, markierte einen Durchbruch. Heute werden in seiner Berner Bio-Manufaktur wöchentlich rund fünf Tonnen Gemüse verarbeitet. Der Weg dorthin war herausfordernd, doch Mut und Leidenschaft führten letztendlich zum Erfolg.

Rauchschwaden steigen auf und verteilen sich im Raum. Es ist zwei Uhr nachts, und zum wiederholten Male versucht Juval Kürzi in der alten Tofufabrik, die Karotten für seinen „Rüeblilachs“ zu räuchern. Wochenlang tauschte er sich mit Metzgern und Experten aus, um an einem funktionierenden Verfahren zu tüfteln. Die Rauchanlage, die ihm an diesem verheissungsvollen Morgen zum Erfolg verhelfen sollte, wurde ihm von der Familie eines verstorbenen Metzgers geschenkt. „Ich glaube, sie fanden unsere Idee einfach cool. Das war ein Glücksfall für uns; denn 100’000 Franken hätten wir uns nie leisten können“, erinnert sich Kürzi.

Interesse von Grosshändlern kam schneller als erwartet

Nach zahlreichen Fehlversuchen gelang das Experiment im letzten Moment. Und das war notwendig, denn wenige Wochen zuvor hatte er einen Vertrag mit einem grossen Detailhandelsunternehmen unterzeichnet. Er musste liefern. Sein „Rüeblilachs“ musste nun in Grossmengen produziert werden. Das sei völlig unerwartet gewesen, sagt Kürzi. Der gelernte Grafiker verdiente sein Geld nach der Ausbildung mit freischaffenden Aufträgen. „Produktdesign stand für mich immer im Fokus. Die Arbeit mit Lebensmitteln gefiel mir gut“. Während der Flüchtlingskrise nahm er sich eine Auszeit von seiner Arbeit, um in Lesbos Hilfe zu leisten. „Wir verpflegten täglich bis zu 30’000 Menschen. Da lernte ich, im grossen Stil zu denken, etwas anzustossen und organisatorisch umzusetzen. Vor allem aber realisierte ich: Du kannst alles machen, wenn du wirklich willst“.

Geschäftspartner hat es unerwartet den Ärmel reingezogen

Zurück in der Schweiz eröffnete er neben seinem Grafikberuf ein Cateringunternehmen. Das lief gut – bis die COVID-Pandemie kam. Die Catering-Aufträge fielen ins Wasser, doch Kürzi liess sich davon nicht beirren. Kurzerhand suchte er nach Bioläden, die seine geräucherten Gemüseprodukte verkauften. Gleichzeitig meldete er sich bei einer veganen Messe in Zürich an, wo er nicht nur seinen ersten Grosskunden gewann – sondern auch seinen heutigen Geschäftspartner. Sein bester Freund wollte ursprünglich nur beim Standaufbau helfen. Aufgrund der grossen Nachfrage blieb er bis zum Messeschluss und darüber hinaus. Rückblickend war das ein Schlüsselmoment in der Gründungsgeschichte von Wildfoods.

Eine klar Nische im grossen Lebensmittelmarkt

Die Lebensmittelindustrie ist eine hartumworbene Branche. Mit dem „Rüeblilachs“ gelang es den Gründern von Wildfoods, ein Nischenprodukt zu finden. Die Zutaten stammen aus Schweizer Landwirtschaft. Unterdessen werden in der Bio-Manufaktur im Berner Oberland wöchentlich rund fünf Tonnen Gemüse veredelt. Dazu werden sie im Räucherofen gedämpft und geräuchert – anschliessend geschnitten, mariniert und verpackt. „Die Magie liegt im Handwerk der einzelnen Schritte“, erklärt Kürzi. „Unser Ziel ist es, traditionelle Gemüsesorten neu zu definieren“. An dieser Mission arbeiten unterdessen über 15 Leute. Mit dem Teamaufbau haben sich die Aufgaben der Gründer massgeblich verändert. Während sich sein Team heute um alltägliche Aufgaben kümmert, beschäftigt sich der Gründer eher mit Themen wie Prozessoptimierung, Mitarbeiterführung oder um die strategische Produktentwicklung.

Wildfoods Rezept mit veganer Lachsalternative

Ohne externe Geldgeber weit gekommen

Während viele Startups durch externe Finanzierungsrunden wachsen, ist Wildfoods bis anhin eigenfinanziert und wurde durch einen Beitrag der Standortförderung Bern gefördert. „Finanzierungsrunden brauchen enorm viel Zeit, die wir anfangs nicht aufwenden wollten“. Je nach Zukunftsplänen würden sie ein externes Investment jedoch nicht per se ablehnen. Und Zukunftspläne gibt es ganz viele. Dieses Jahr sollen unter anderem eine Thunfisch- und eine Rauchforellen-Alternative lanciert werden. „Auch die Snacklinie wird aus- und aufgebaut, beispielsweise durch unser Beet Jerky“, so Kürzi. Aus einer Produktidee, die inmitten von Rauchschwaden Gestalt annahm, ist unterdessen ein erfolgreiches Geschäftsmodell entstanden. Für die neuen Produktideen werden weitere Experimente notwendig sein – dieses Mal nicht in der alten Tofufabrik, sondern im eigenen Fabrikgebäude im Berner Oberland.

Saskia Iten Autorin Founded Startup Magazin
Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."

Author: Saskia Iten

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Juval Kürzi will die Lebensmittelbranche umkrempeln, indem er traditionelle Gemüsesorten neu definiert. Sein erstes Produkt, eine vegane Alternative zu geräuchertem Lachs, markierte einen Durchbruch. Heute werden in seiner Berner Bio-Manufaktur wöchentlich rund fünf Tonnen Gemüse verarbeitet. Der Weg dorthin war herausfordernd, doch Mut und Leidenschaft führten letztendlich zum Erfolg.

Rauchschwaden steigen auf und verteilen sich im Raum. Es ist zwei Uhr nachts, und zum wiederholten Male versucht Juval Kürzi in der alten Tofufabrik, die Karotten für seinen „Rüeblilachs“ zu räuchern. Wochenlang tauschte er sich mit Metzgern und Experten aus, um an einem funktionierenden Verfahren zu tüfteln. Die Rauchanlage, die ihm an diesem verheissungsvollen Morgen zum Erfolg verhelfen sollte, wurde ihm von der Familie eines verstorbenen Metzgers geschenkt. „Ich glaube, sie fanden unsere Idee einfach cool. Das war ein Glücksfall für uns; denn 100’000 Franken hätten wir uns nie leisten können“, erinnert sich Kürzi.

Interesse von Grosshändlern kam schneller als erwartet

Nach zahlreichen Fehlversuchen gelang das Experiment im letzten Moment. Und das war notwendig, denn wenige Wochen zuvor hatte er einen Vertrag mit einem grossen Detailhandelsunternehmen unterzeichnet. Er musste liefern. Sein „Rüeblilachs“ musste nun in Grossmengen produziert werden. Das sei völlig unerwartet gewesen, sagt Kürzi. Der gelernte Grafiker verdiente sein Geld nach der Ausbildung mit freischaffenden Aufträgen. „Produktdesign stand für mich immer im Fokus. Die Arbeit mit Lebensmitteln gefiel mir gut“. Während der Flüchtlingskrise nahm er sich eine Auszeit von seiner Arbeit, um in Lesbos Hilfe zu leisten. „Wir verpflegten täglich bis zu 30’000 Menschen. Da lernte ich, im grossen Stil zu denken, etwas anzustossen und organisatorisch umzusetzen. Vor allem aber realisierte ich: Du kannst alles machen, wenn du wirklich willst“.

Geschäftspartner hat es unerwartet den Ärmel reingezogen

Zurück in der Schweiz eröffnete er neben seinem Grafikberuf ein Cateringunternehmen. Das lief gut – bis die COVID-Pandemie kam. Die Catering-Aufträge fielen ins Wasser, doch Kürzi liess sich davon nicht beirren. Kurzerhand suchte er nach Bioläden, die seine geräucherten Gemüseprodukte verkauften. Gleichzeitig meldete er sich bei einer veganen Messe in Zürich an, wo er nicht nur seinen ersten Grosskunden gewann – sondern auch seinen heutigen Geschäftspartner. Sein bester Freund wollte ursprünglich nur beim Standaufbau helfen. Aufgrund der grossen Nachfrage blieb er bis zum Messeschluss und darüber hinaus. Rückblickend war das ein Schlüsselmoment in der Gründungsgeschichte von Wildfoods.

Eine klar Nische im grossen Lebensmittelmarkt

Die Lebensmittelindustrie ist eine hartumworbene Branche. Mit dem „Rüeblilachs“ gelang es den Gründern von Wildfoods, ein Nischenprodukt zu finden. Die Zutaten stammen aus Schweizer Landwirtschaft. Unterdessen werden in der Bio-Manufaktur im Berner Oberland wöchentlich rund fünf Tonnen Gemüse veredelt. Dazu werden sie im Räucherofen gedämpft und geräuchert – anschliessend geschnitten, mariniert und verpackt. „Die Magie liegt im Handwerk der einzelnen Schritte“, erklärt Kürzi. „Unser Ziel ist es, traditionelle Gemüsesorten neu zu definieren“. An dieser Mission arbeiten unterdessen über 15 Leute. Mit dem Teamaufbau haben sich die Aufgaben der Gründer massgeblich verändert. Während sich sein Team heute um alltägliche Aufgaben kümmert, beschäftigt sich der Gründer eher mit Themen wie Prozessoptimierung, Mitarbeiterführung oder um die strategische Produktentwicklung.

Wildfoods Rezept mit veganer Lachsalternative

Ohne externe Geldgeber weit gekommen

Während viele Startups durch externe Finanzierungsrunden wachsen, ist Wildfoods bis anhin eigenfinanziert und wurde durch einen Beitrag der Standortförderung Bern gefördert. „Finanzierungsrunden brauchen enorm viel Zeit, die wir anfangs nicht aufwenden wollten“. Je nach Zukunftsplänen würden sie ein externes Investment jedoch nicht per se ablehnen. Und Zukunftspläne gibt es ganz viele. Dieses Jahr sollen unter anderem eine Thunfisch- und eine Rauchforellen-Alternative lanciert werden. „Auch die Snacklinie wird aus- und aufgebaut, beispielsweise durch unser Beet Jerky“, so Kürzi. Aus einer Produktidee, die inmitten von Rauchschwaden Gestalt annahm, ist unterdessen ein erfolgreiches Geschäftsmodell entstanden. Für die neuen Produktideen werden weitere Experimente notwendig sein – dieses Mal nicht in der alten Tofufabrik, sondern im eigenen Fabrikgebäude im Berner Oberland.

Saskia Iten Autorin Founded Startup Magazin
Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."

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"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."