«Ein Firmenaufbau ist ein Sprung in sehr kaltes Wasser»
Mycrobez entwickelt aus organischen Abfällen und Pilzmyzel Alternativen zu erdölbasierten Kunststoffen für Verpackung, Bau und Landwirtschaft. Von dieser Vision getrieben, lassen sich die Gründer von nichts abhalten. Fehlendes Kapital für Testmaschinen? Da bauen sie einfach ihre eigenen gleichwertigen Testmaschinen. Im Interview geht es um diese und weitere Herausforderungen, sowie um Erfolge, Learnings und die Zukunft von Mycrobez.
Mycrobez AG
Namen der Gründenden:Moritz Schiller, Jonas Staub & Mosas Pilscheur
Gründungsjahr:2019
Was macht Mycrobez AG?
Die Mycrobez AG möchte die Kreislaufwirtschaft in drei Industrien massgeblich voranbringen. Dies mit geupcycleten, organischen Abfällen und Pilzmyzel, aus welchen Mycrobez einen nachhaltigen Schaumstoffersatz herstellen kann. Dieser besitzt die gleichen Materialeigenschaften wie bestehende Schaumstoffe, mit dem einzigen Unterschied des rückstandslosen Abbaus in freier Natur innerhalb von 30-90 Tagen. Mycrobez’ Pilz-Schaumstoff findet Anwendung in Verpackung, Dämmung oder Dünger und kann erdölbasierte Schaumstoffe nahtlos ersetzen.
Mycrobez entwickelt den ersten vollautomatisierten Produktionsprozess für Myzelkomposite. Mit diesem lassen sich Myzelkomposite erstmalig auf den Massenmarkt bringen – und so dank Skalierung der Produktionsleistung Literpreiskompetitivität zu Materialien wie z.B. Styropor® erreichen. So will die Mycrobez die Industrien kreislaufwirtschaftlich gestalten und erdölbasierte Schaumstoffe als Standardmaterial ablösen. Unterstützt wird die Mycrobez von diversen wissenschaftlichen Institutionen sowie global führenden Unternehmen.
Wer sind eure Kunden?
Die Mycrobez will Lizenzen für ihren automatisierten Produktionsprozess vertreiben, welcher als Ausgangsstoffe lediglich Reststoffe und Pilze benötigt, um hocheffiziente Anwendungen für Verpackung, Bau und Landwirtschaft zu produzieren.
Entgegen der Annahme, dass Schaumstoff-Produzierende in Konkurrenz zu Mycrobez treten, sind die grösseren unter ihnen potenzielle strategische Partner und Kunden. Sie stellen einen wichtigen Teil des Zielkund:innenprofils da, da sie Schaumstoffe in die verschiedenen, für Mycrobez’ Myzelkomposit attraktiven Marktsegmente vertreiben und den nachhaltigen Wünschen ihrer Kunden nachkommen wollen.
Was musstet ihr in eurer Startup-Journey von Grund auf lernen?
Die Teamführung und Projektplanung sowie das Aufsetzen effizienter Forschungsprotokolle gehörten zu den wichtigsten Learnings. Aber auch rund um die Themengebiete Finanzierungsmodelle und Immaterialgüterrecht durften wir sehr viel lernen.
Was waren bisher die grössten Herausforderungen?
Die grösste Herausforderung unseres Startups, welche einen biologischen Prozess automatisieren möchte, ist sicherlich die Prozess- und Parameterkontrolle. Da unsere Produkte im Prozess lebendig sind, ist eine, genaustens kontrollierte Wachstumsumgebung zentral. Die automatisierte Regulierung der Wachstumsparameter ist eine der grössten Herausforderungen für uns.
Gab es eine Herausforderung, der ihr besonders agil und „startuppig“ begegnet seid?
In der ersten Zeit fehlte uns das nötige Kapital, um Testmaschinen zu kaufen. Diese waren jedoch wichtig, um Materialtest unserer Myzelkompositen machen zu können, um für potenzielle Partner ein Material-Data-Sheet anzulegen. Kurzerhand entwickelte, baute und programmierte unser CTO Jonas verschiedene Testmaschinen, an welchen wir zuverlässig Bruch-, Zug-, Abriebtests machen konnten. Diese Testmaschinen sind fast genauso gut wie die «richtigen» Maschinen, kosteten uns jedoch lediglich 10 Prozent des Preises.
Was sind eure bisher grössten Erfolge mit Mycrobez?
Sicherlich, dass wir heute noch bestehen und unserem Ziel schon viele Schritte nähergekommen sind. Aber auch, dass wir es schafften, mit sehr limitierten Ressourcen verschiedene Forschungswerkstätten in einen alten Weinkeller zu bauen, aus welchem wir viele neuartige Forschungsdurchbrüche erzielen konnten. Neben einer erfolgreichen Finanzierungsrunde in 2020, Marktvalidierungen in 2021 sowie Sicherung des Patentschutzes ist sicher auch der Neubau eines eigens für uns angelegten Containerparks ein grosser Erfolg.
Wie hat sich euer Leben seit der Gründung verändert?
Wir haben alle gelernt, unsere Woche minuziös zu planen und trotzdem flexibel zu bleiben. Grosse Fortschritte haben wir auch im Prioritäts-Management gemacht – wir lassen uns nicht mehr von grossen Namen den Kopf verdrehen, wenn sie nicht ideal auf unseren Unternehmenszweck passen. Wir haben alle unser Studium unterbrochen und arbeiten seit nun bald drei Jahren volllzeitig an unserer Idee.
Durch die unzähligen Herausforderungen beim Firmenaufbau, welcher vergleichbar mit einem Sprung in sehr kaltes Wasser ist, konnten wir sehr viel Selbstvertrauen gewinnen und persönlich enorm wachsen. Dies spiegelt sich auch in Begegnungen im privaten Leben wider.
Was sind eure Pläne für die nächsten Jahre?
Zurzeit stehen wir kurz vor Eröffnung unserer zweiten Finanzierungsrunde und dem Bau des erwähnten Containerparks. Unser Prozess soll zuerst auf Pilotskala entwickelt werden, um ihn anschliessend mit einem strategischen Partner zu skalieren und in die Massenmärkte einzutreten.
Was sind eure wertvollsten Tipps für die Gründung eines Startups?
Als junge:r Gründer:in ist es wichtig, von Anleitung und Erfahrung profitieren zu dürfen. Nichtdestotrotz besteht die Gefahr, «overcoached» zu werden. Hier muss man aufpassen, sich nicht von diversen Coaches mit theoretischem Sermon überfluten zu lassen, da dies oft nur sehr begrenzt weiterhilft. Ein Tipp wäre also, für jedes Themengebiet 1-2 geeignete Coaches zu finden, welche einen mittel- bis langfristig begleiten.
«Ein Firmenaufbau ist ein Sprung in sehr kaltes Wasser»
Mycrobez entwickelt aus organischen Abfällen und Pilzmyzel Alternativen zu erdölbasierten Kunststoffen für Verpackung, Bau und Landwirtschaft. Von dieser Vision getrieben, lassen sich die Gründer von nichts abhalten. Fehlendes Kapital für Testmaschinen? Da bauen sie einfach ihre eigenen gleichwertigen Testmaschinen. Im Interview geht es um diese und weitere Herausforderungen, sowie um Erfolge, Learnings und die Zukunft von Mycrobez.
Mycrobez AG
Namen der Gründenden:Moritz Schiller, Jonas Staub & Mosas Pilscheur
Gründungsjahr:2019
Was macht Mycrobez AG?
Die Mycrobez AG möchte die Kreislaufwirtschaft in drei Industrien massgeblich voranbringen. Dies mit geupcycleten, organischen Abfällen und Pilzmyzel, aus welchen Mycrobez einen nachhaltigen Schaumstoffersatz herstellen kann. Dieser besitzt die gleichen Materialeigenschaften wie bestehende Schaumstoffe, mit dem einzigen Unterschied des rückstandslosen Abbaus in freier Natur innerhalb von 30-90 Tagen. Mycrobez’ Pilz-Schaumstoff findet Anwendung in Verpackung, Dämmung oder Dünger und kann erdölbasierte Schaumstoffe nahtlos ersetzen.
Mycrobez entwickelt den ersten vollautomatisierten Produktionsprozess für Myzelkomposite. Mit diesem lassen sich Myzelkomposite erstmalig auf den Massenmarkt bringen – und so dank Skalierung der Produktionsleistung Literpreiskompetitivität zu Materialien wie z.B. Styropor® erreichen. So will die Mycrobez die Industrien kreislaufwirtschaftlich gestalten und erdölbasierte Schaumstoffe als Standardmaterial ablösen. Unterstützt wird die Mycrobez von diversen wissenschaftlichen Institutionen sowie global führenden Unternehmen.
Wer sind eure Kunden?
Die Mycrobez will Lizenzen für ihren automatisierten Produktionsprozess vertreiben, welcher als Ausgangsstoffe lediglich Reststoffe und Pilze benötigt, um hocheffiziente Anwendungen für Verpackung, Bau und Landwirtschaft zu produzieren.
Entgegen der Annahme, dass Schaumstoff-Produzierende in Konkurrenz zu Mycrobez treten, sind die grösseren unter ihnen potenzielle strategische Partner und Kunden. Sie stellen einen wichtigen Teil des Zielkund:innenprofils da, da sie Schaumstoffe in die verschiedenen, für Mycrobez’ Myzelkomposit attraktiven Marktsegmente vertreiben und den nachhaltigen Wünschen ihrer Kunden nachkommen wollen.
Was musstet ihr in eurer Startup-Journey von Grund auf lernen?
Die Teamführung und Projektplanung sowie das Aufsetzen effizienter Forschungsprotokolle gehörten zu den wichtigsten Learnings. Aber auch rund um die Themengebiete Finanzierungsmodelle und Immaterialgüterrecht durften wir sehr viel lernen.
Was waren bisher die grössten Herausforderungen?
Die grösste Herausforderung unseres Startups, welche einen biologischen Prozess automatisieren möchte, ist sicherlich die Prozess- und Parameterkontrolle. Da unsere Produkte im Prozess lebendig sind, ist eine, genaustens kontrollierte Wachstumsumgebung zentral. Die automatisierte Regulierung der Wachstumsparameter ist eine der grössten Herausforderungen für uns.
Gab es eine Herausforderung, der ihr besonders agil und „startuppig“ begegnet seid?
In der ersten Zeit fehlte uns das nötige Kapital, um Testmaschinen zu kaufen. Diese waren jedoch wichtig, um Materialtest unserer Myzelkompositen machen zu können, um für potenzielle Partner ein Material-Data-Sheet anzulegen. Kurzerhand entwickelte, baute und programmierte unser CTO Jonas verschiedene Testmaschinen, an welchen wir zuverlässig Bruch-, Zug-, Abriebtests machen konnten. Diese Testmaschinen sind fast genauso gut wie die «richtigen» Maschinen, kosteten uns jedoch lediglich 10 Prozent des Preises.
Was sind eure bisher grössten Erfolge mit Mycrobez?
Sicherlich, dass wir heute noch bestehen und unserem Ziel schon viele Schritte nähergekommen sind. Aber auch, dass wir es schafften, mit sehr limitierten Ressourcen verschiedene Forschungswerkstätten in einen alten Weinkeller zu bauen, aus welchem wir viele neuartige Forschungsdurchbrüche erzielen konnten. Neben einer erfolgreichen Finanzierungsrunde in 2020, Marktvalidierungen in 2021 sowie Sicherung des Patentschutzes ist sicher auch der Neubau eines eigens für uns angelegten Containerparks ein grosser Erfolg.
Wie hat sich euer Leben seit der Gründung verändert?
Wir haben alle gelernt, unsere Woche minuziös zu planen und trotzdem flexibel zu bleiben. Grosse Fortschritte haben wir auch im Prioritäts-Management gemacht – wir lassen uns nicht mehr von grossen Namen den Kopf verdrehen, wenn sie nicht ideal auf unseren Unternehmenszweck passen. Wir haben alle unser Studium unterbrochen und arbeiten seit nun bald drei Jahren volllzeitig an unserer Idee.
Durch die unzähligen Herausforderungen beim Firmenaufbau, welcher vergleichbar mit einem Sprung in sehr kaltes Wasser ist, konnten wir sehr viel Selbstvertrauen gewinnen und persönlich enorm wachsen. Dies spiegelt sich auch in Begegnungen im privaten Leben wider.
Was sind eure Pläne für die nächsten Jahre?
Zurzeit stehen wir kurz vor Eröffnung unserer zweiten Finanzierungsrunde und dem Bau des erwähnten Containerparks. Unser Prozess soll zuerst auf Pilotskala entwickelt werden, um ihn anschliessend mit einem strategischen Partner zu skalieren und in die Massenmärkte einzutreten.
Was sind eure wertvollsten Tipps für die Gründung eines Startups?
Als junge:r Gründer:in ist es wichtig, von Anleitung und Erfahrung profitieren zu dürfen. Nichtdestotrotz besteht die Gefahr, «overcoached» zu werden. Hier muss man aufpassen, sich nicht von diversen Coaches mit theoretischem Sermon überfluten zu lassen, da dies oft nur sehr begrenzt weiterhilft. Ein Tipp wäre also, für jedes Themengebiet 1-2 geeignete Coaches zu finden, welche einen mittel- bis langfristig begleiten.