Dominique Gruhl-Bégin ist ehemalige Head of Startups and Next-Gen-Innovators bei Innosuisse und heute CEO der Serpentine Ventures. Wir sprechen über das Schweizer Startup-Ökosystem, die hiesige Risikokapital-Landschaft und faszinierende Startups.

Woher kommt deine Faszination für Startups?

 Ich hatte mich schon immer für Unternehmertum begeistert, weil der Weg so spannend ist. Gerne einen Vergleich zu meinem Lieblingshobby, dem Snowboarden: Eine Firma zu gründen, ist wie einen steilen Berg hinunterzufahren. Man ist voller Adrenalin und will unversehrt und erfolgreich ankommen. Unterwegs spürt man, dass es auch Angst macht, Kraft und Ausdauer braucht, es unerwartete Kurven geben kann und man sich schnell einem sich verändernden Umfeld anpassen muss. Man lernt auf dem ganzen Weg. Ich bewundere Gründerinnen und Gründer wirklich für ihren Mut.

Wenn du ein Unternehmen deiner Wahl hättest mitgründen können: Welches wäre es?

Climeworks kommt mir spontan als Erstes in den Sinn, weil sie sich mit einer der grössten Herausforderungen der heutigen Zeit befassen. Oder Cleanspace mit ihrer Mission, den Weltraum von Müll zu befreien.

 Wenn ich meine Studienwahl rückwirkend ändern könnte, hätte ich wohl Chemie oder Biochemie gewählt und in diesem Bereich etwas gegründet. Das Startup Cellestia Biotech, das Therapien zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen und multiresistenten Krebsarten entwickelt, finde ich auch extrem spannend.

Jetzt arbeitest du nicht in einem Startup, sondern beim Venture-Capital-Unternehmen Serpentine Ventures. Ist das genauso zufriedenstellend?

 Jungunternehmen entwickeln Lösungen für Probleme dieser Welt, die unseren Planeten, unsere Gesellschaft oder andere Bereiche verbessern. Es fehlt nicht an Problemen, zu denen innovative Lösungen entwickelt werden sollen. Deshalb ist ein Umfeld, das Startups ermöglicht, so enorm wichtig. In meiner Rolle bei Innosuisse konnte ich Jungunternehmen mit einem Dienstleistungsangebot unterstützen. Jetzt bei Serpentine kann ich sie finanziell unterstützen. Für mich gibt es nichts Motivierenderes, als einen Beitrag, auch wenn er klein ist, an Innovation und Fortschritt auf dieser Welt zu leisten.

«Es fehlt nicht an Problemen, zu denen innovative Lösungen entwickelt werden sollen.»

Wie bewertest du die Schweizer Startup-Szene?

Ich bin sehr stolz auf die Schweizer Startup-Szene wegen der Innovationen und der hohen Qualität. Spitzenunis wie die ETH und die EPFL sowie Forschungsinstitute bringen einige der besten Jungunternehmen der Welt hervor. Überproportionale Erfolge an internationalen Pitch-Wettbewerben zeigen das. Es fehlt in der Schweiz jedoch an ehrgeizigen Wachstumsambitionen. Ausserdem neigen Schweizer Startups dazu, sich zu wenig gut zu verkaufen. Dies muss sich verbessern.

Welche typisch schweizerischen Charakterzüge bringen Startups hierzulande Vorteile?

 Als es im globalen VC-Markt einen Überschuss an Geld hatte, kamen Startups an viel Venture Capital. Die Strategie «Growth at all costs», die in einem solchen finanziellen Umfeld erwartet wurde, entsprach jedoch nicht den Wachstumszielen der meisten Schweizer Startups. Sie haben ihre Stärken in der Effizienz und vorsichtigem Einsatz von Geld. Nun, da sich die Finanzierung für den VC-Markt stark verengt hat, haben Schweizer Startups gerade deshalb einen Vorteil gegenüber ausländischen Jungunternehmen. Sie kommen mit dieser Situation nämlich viel besser klar.

Wie würdest du die Innovationslandschaft der Schweiz beschreiben?

 Weltklasse! Die Schweiz hat alles, es fehlt paradoxerweise nur an Kapital. Es gibt zwar reichlich Geld hier, aber es wird grösstenteils in konservative Anlagen investiert. Während die Frühphasenförderung von Startups durch Institutionen wie Innosuisse oder Gebert Rüf Stiftung hervorragend ist, fehlt es an institutionellen Investoren wie Pensionskassen, die in Venture Capital investieren. Das ist ein Nachteil für Startups in der Wachstumsphase.

«Die Schweiz hat alles, es fehlt paradoxerweise nur an Kapital von institutionellen Investoren.»

 Wie liesse sich das ändern?

Die Assetklasse «Venture Capital» muss bekannt und vor allem verständlich gemacht werden. Auch die Swiss Ventures Group stellt fest, dass zu wenig Wissen in diesem Bereich vorhanden ist, was vermutlich institutionelle Investoren davon abhält hier zu investieren. Im Vergleich mit anderen Ländern stelle ich auch fest, dass es in der Schweiz kaum staatliche Unterstützung gibt, um Venture Capital Fonds zu füllen. Das wäre an sich kein Problem, wenn es andere Länder auch nicht tun würden. Aber aktuell ist die Schweiz damit im Nachteil. Deshalb hätte ich auch den Innovationsfonds begrüsst, der im Juni 2022 vom Bundesrat für gut befunden, aber dann doch nicht umgesetzt wurde.

Wie erklärst du dir die Zurückhaltung der Schweizer VC-Szene im Vergleich zu den USA?

Ich denke, das ist eine kulturelle Sache. In den USA träumt fast jeder davon, reich zu sein. In der Schweiz ist man zurückhaltender und wer Geld hat, versteckt das lieber als damit anzugeben. Damit ist die Basis für eine konservativere VC-Landschaft gelegt.

«Wer selbst ein Startup aufgebaut hat, ist viel eher bereit, selbst in Jungunternehmen zu investieren.»

 Ausserdem gibt es hierzulande nicht so viele Vorbilder, die durch Unternehmertum reich geworden sind. Investoren, die zuvor selbst ein Startup gegründet und gross gemacht haben, sind sich gewohnt, Risiken einzugehen und haben eine viel höhere Bereitschaft, in Jungunternehmen zu investieren. Die Anzahl solcher Personen ist in der Schweiz sehr überschaubar, allerdings geht hier der Trend in die richtige Richtung.

Hier ist eine Podcast folge mit Domique bei Swisspreneur:

Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."
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Dominique Gruhl-Bégin ist ehemalige Head of Startups and Next-Gen-Innovators bei Innosuisse und heute CEO der Serpentine Ventures. Wir sprechen über das Schweizer Startup-Ökosystem, die hiesige Risikokapital-Landschaft und faszinierende Startups.

Woher kommt deine Faszination für Startups?

 Ich hatte mich schon immer für Unternehmertum begeistert, weil der Weg so spannend ist. Gerne einen Vergleich zu meinem Lieblingshobby, dem Snowboarden: Eine Firma zu gründen, ist wie einen steilen Berg hinunterzufahren. Man ist voller Adrenalin und will unversehrt und erfolgreich ankommen. Unterwegs spürt man, dass es auch Angst macht, Kraft und Ausdauer braucht, es unerwartete Kurven geben kann und man sich schnell einem sich verändernden Umfeld anpassen muss. Man lernt auf dem ganzen Weg. Ich bewundere Gründerinnen und Gründer wirklich für ihren Mut.

Wenn du ein Unternehmen deiner Wahl hättest mitgründen können: Welches wäre es?

Climeworks kommt mir spontan als Erstes in den Sinn, weil sie sich mit einer der grössten Herausforderungen der heutigen Zeit befassen. Oder Cleanspace mit ihrer Mission, den Weltraum von Müll zu befreien.

 Wenn ich meine Studienwahl rückwirkend ändern könnte, hätte ich wohl Chemie oder Biochemie gewählt und in diesem Bereich etwas gegründet. Das Startup Cellestia Biotech, das Therapien zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen und multiresistenten Krebsarten entwickelt, finde ich auch extrem spannend.

Jetzt arbeitest du nicht in einem Startup, sondern beim Venture-Capital-Unternehmen Serpentine Ventures. Ist das genauso zufriedenstellend?

 Jungunternehmen entwickeln Lösungen für Probleme dieser Welt, die unseren Planeten, unsere Gesellschaft oder andere Bereiche verbessern. Es fehlt nicht an Problemen, zu denen innovative Lösungen entwickelt werden sollen. Deshalb ist ein Umfeld, das Startups ermöglicht, so enorm wichtig. In meiner Rolle bei Innosuisse konnte ich Jungunternehmen mit einem Dienstleistungsangebot unterstützen. Jetzt bei Serpentine kann ich sie finanziell unterstützen. Für mich gibt es nichts Motivierenderes, als einen Beitrag, auch wenn er klein ist, an Innovation und Fortschritt auf dieser Welt zu leisten.

«Es fehlt nicht an Problemen, zu denen innovative Lösungen entwickelt werden sollen.»

Wie bewertest du die Schweizer Startup-Szene?

Ich bin sehr stolz auf die Schweizer Startup-Szene wegen der Innovationen und der hohen Qualität. Spitzenunis wie die ETH und die EPFL sowie Forschungsinstitute bringen einige der besten Jungunternehmen der Welt hervor. Überproportionale Erfolge an internationalen Pitch-Wettbewerben zeigen das. Es fehlt in der Schweiz jedoch an ehrgeizigen Wachstumsambitionen. Ausserdem neigen Schweizer Startups dazu, sich zu wenig gut zu verkaufen. Dies muss sich verbessern.

Welche typisch schweizerischen Charakterzüge bringen Startups hierzulande Vorteile?

 Als es im globalen VC-Markt einen Überschuss an Geld hatte, kamen Startups an viel Venture Capital. Die Strategie «Growth at all costs», die in einem solchen finanziellen Umfeld erwartet wurde, entsprach jedoch nicht den Wachstumszielen der meisten Schweizer Startups. Sie haben ihre Stärken in der Effizienz und vorsichtigem Einsatz von Geld. Nun, da sich die Finanzierung für den VC-Markt stark verengt hat, haben Schweizer Startups gerade deshalb einen Vorteil gegenüber ausländischen Jungunternehmen. Sie kommen mit dieser Situation nämlich viel besser klar.

Wie würdest du die Innovationslandschaft der Schweiz beschreiben?

 Weltklasse! Die Schweiz hat alles, es fehlt paradoxerweise nur an Kapital. Es gibt zwar reichlich Geld hier, aber es wird grösstenteils in konservative Anlagen investiert. Während die Frühphasenförderung von Startups durch Institutionen wie Innosuisse oder Gebert Rüf Stiftung hervorragend ist, fehlt es an institutionellen Investoren wie Pensionskassen, die in Venture Capital investieren. Das ist ein Nachteil für Startups in der Wachstumsphase.

«Die Schweiz hat alles, es fehlt paradoxerweise nur an Kapital von institutionellen Investoren.»

 Wie liesse sich das ändern?

Die Assetklasse «Venture Capital» muss bekannt und vor allem verständlich gemacht werden. Auch die Swiss Ventures Group stellt fest, dass zu wenig Wissen in diesem Bereich vorhanden ist, was vermutlich institutionelle Investoren davon abhält hier zu investieren. Im Vergleich mit anderen Ländern stelle ich auch fest, dass es in der Schweiz kaum staatliche Unterstützung gibt, um Venture Capital Fonds zu füllen. Das wäre an sich kein Problem, wenn es andere Länder auch nicht tun würden. Aber aktuell ist die Schweiz damit im Nachteil. Deshalb hätte ich auch den Innovationsfonds begrüsst, der im Juni 2022 vom Bundesrat für gut befunden, aber dann doch nicht umgesetzt wurde.

Wie erklärst du dir die Zurückhaltung der Schweizer VC-Szene im Vergleich zu den USA?

Ich denke, das ist eine kulturelle Sache. In den USA träumt fast jeder davon, reich zu sein. In der Schweiz ist man zurückhaltender und wer Geld hat, versteckt das lieber als damit anzugeben. Damit ist die Basis für eine konservativere VC-Landschaft gelegt.

«Wer selbst ein Startup aufgebaut hat, ist viel eher bereit, selbst in Jungunternehmen zu investieren.»

 Ausserdem gibt es hierzulande nicht so viele Vorbilder, die durch Unternehmertum reich geworden sind. Investoren, die zuvor selbst ein Startup gegründet und gross gemacht haben, sind sich gewohnt, Risiken einzugehen und haben eine viel höhere Bereitschaft, in Jungunternehmen zu investieren. Die Anzahl solcher Personen ist in der Schweiz sehr überschaubar, allerdings geht hier der Trend in die richtige Richtung.

Hier ist eine Podcast folge mit Domique bei Swisspreneur:

Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."

Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."