«Innovation braucht Freiheit und Flexibilität. Aufgabe der Politik ist, dies zu ermöglichen.»

 

Politik ist allgegenwärtig, so auch in der Startup-Szene. Im Interview mit Barbara Schaffner, glp Nationalrätin, wollen wir wissen, wie sie zum Thema Startup steht, welche Chancen und Gefahren sie sieht und wen sie in ihr Startup-Team wählen würde.

 


 

Inwiefern beschäftigt Sie das Thema Innovation & Startups?

 

BARBARA SCHAFFNER: Startups sind die zukünftige Wirtschaft unseres Landes. Persönlich bin ich nahe an der Energiebranche dran, die im Umbruch ist. Da braucht es technische Entwicklungen sowie neue Finanzierungsmodelle und Marketing-Konzepte. In all diesen Bereichen spielen Startups eine Rolle.

 

Worin liegt für Sie der Wert von Jungunternehmen?

 

Jungunternehmen bringen neue Ideen und Produkte auf den Markt. Sie können schneller und agiler handeln als grosse Konzerne. Ausserdem sind sie eine Herausforderung und Konkurrenz für etablierte, und vielleicht auch verkrustete, Strukturen. Zusätzlich haben sie hochmotivierte Mitarbeitende, die bereit sind, Aussergewöhnliches zu leisten.

 

Stichwort Nachhaltigkeit: Kann Innovation nachhaltig sein? Nennen Sie ein Beispiel.

 

Ja klar. Innovation ist nicht einfach nur Selbstzweck. Innovation muss ein Ziel verfolgen und da Nachhaltigkeit die wichtigste Herausforderung ist, muss Innovation nachhaltig sein. Im Energie- und Klimabereich gibt es zahlreiche Beispiele von Schweizer Startups (u.a. Climeworks, dhp Technology), die mit Innovationen für eine nachhaltigere Zukunft gut unterwegs sind.

Barbara_Schaffner

Barbara Schaffner erhofft sich für die Zukunft die Anerkennung von Startups als wichtige Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung. (Foto: Wohler Anzeiger)

 

Was läuft gut in der Schweiz im Bereich Innovation?

 

Ich sehe einen grossen Fortschritt in den letzten 20-30 Jahren beim Zusammenwachsen der Kluft zwischen Forschung und Produktion. Der Bereich Entwicklung lag früher vor allem bei etablierten Firmen. Durch die heutige Startup-Förderung der Hochschulen gelingt es immer mehr jungen Forschenden, ihre Forschungsresultate weiter zu entwickeln und daraus Produkte und eine Firma aufzubauen.

 

 

 

Was könnte besser sein?

 

Die Finanzen sind eine grosse Herausforderung für Startups. Das betrifft einerseits die Beschaffung der finanziellen Mittel, aber auch steuerliche Fallstricke und bürokratische Hürden. Hier gibt es durchaus Verbesserungspotenzial.

 

Wenn Sie für einen Tag CEO eines Startups sein könnten, welches Unternehmen würden Sie wählen? Wieso?

 

Ein Tag reicht nur für den Blick hinter die Kulissen eines Unternehmens. Mich würde daher das Unternehmen Climatex interessieren, das als Textilunternehmen wiederverwendbare und recyclierbare Stoffe produziert. In einer Branche, die immer mehr auf Wegwerfartikel setzt, richtet sich Climatex voll auf die Kreislaufwirtschaft aus. Climatex ist kein klassisches Startup, da es aus einem traditionellen Textilunternehmen hervorging. Doch es zeigt, dass Innovation auf Tradition aufbauen kann.

 

Welche Aufgaben hat die Politik im Bereich Innovation und Startups?

 

Innovation braucht Freiheit und Flexibilität. Die Politik muss den Unternehmen die grösstmögliche Freiheit in einem verlässlichen und unterstützenden gesetzlichen Rahmen geben. Sie sollte auch unkonventionelle Geschäftsformen ermöglichen.

 

Beispiel Datenschutz: Welches Unternehmen im Bereich Innovation sehen Sie als Gefahr und warum?

 

Der grösste Wert der Digitalisierung liegt in der Verknüpfung ganz unterschiedlicher Informationen und Dienste mit zusätzlichem Nutzen. Man denke nur an die Navigations-Apps, die einen nicht nur durch die Stadt führen, sondern auch die Sehenswürdigkeiten mit Hintergrundinfo aufzeigen, ein Restaurant finden, das Menu anzeigen, die Reservation durchführen und dann auch noch die Rechnung bezahlen. Die einzelnen Dienstleistungen sollten durch unterschiedliche Firmen erbracht werden, um die Konzentration von Daten in einer Hand zu verhindern. In diesem Sinne sind alle Firmen, die die ganze Wertschöpfungskette abdecken wollen, aus Sicht des Datenschutzes gefährlich.

 

Viele Startups haben sehr moderne Geschäfts-, Arbeits- und Personalstrukturen: fünf Wochen Ferien für alle, gleitende Arbeitszeiten usw. Wie stehen Sie zu diesem Trend?

 

Startups brauchen kein starres Gerüst sondern Flexibilität. Je nach Startup können diese Strukturen deshalb anders sein. Gewisse Startups brauchen auch ganz bestimmte Typen von Menschen, die sich in diesen Strukturen wohl fühlen. Gelingt dies, so ist das eine Win-Win-Situation für Beschäftigte und Unternehmer.

 

Barbara Schaffner

„Mit neuen, klimafreundlichen Ideen und Produkten können Startups einen wesentlichen Beitrag zum Klimawandel leisten.“ (Foto: Sandra Plaza)

Wo sehen Sie die Startup-Szene Schweiz in zehn Jahren?

 

Die Startup-Szene wird sich hoffentlich noch mehr aus ihrem Nischendasein heraus entwickeln und auch in der Öffentlichkeit präsenter sein. Damit einher geht die Anerkennung der Startups als wichtige Stütze unserer wirtschaftlichen Entwicklung und eine entsprechende Unterstützung. Wichtig ist auch, dass gesellschaftlich besser akzeptiert wird, dass nicht alle Startups erfolgreich sein können.

Sind Startups die Antwort auf gesellschaftliche Probleme wie Klimawandel?

Um den Klimawandel zu bremsen braucht es die ganze Gesellschaft und deshalb steht auch die ganze Gesellschaft in der Verantwortung. Es wäre vermessen zu erwarten, dass Startups alleine das Problem lösen könnten. Sie können aber mit neuen, klimafreundlichen Ideen und Produkten einen wesentlichen Beitrag leisten.

Was nervt Sie im Alltag, wo schleunigst jemand eine innovative Lösung finden könnte?

Für mich ist der Kleiderkauf weniger ein Vergnügen, sondern vielmehr ein Zeitfresser. Ich wünsche mir deshalb eine digitale Umziehkabine, in die ich eintreten und mich per Wischen umziehen und beraten lassen kann. Wenn ich mich für ein Kleidungsstück entscheide, erfolgt die Anfertigung auf Mass. Mit diesem System wird gleichzeitig die Überflussproduktion von Kleidern und deren Vernichtung in unbenutztem Zustand vermindert.

Stellen Sie sich vor Sie gründen ein Startup. Welche 3 Politiker hätten Sie gerne in Ihrem Team und wieso?

Für eine Startup-Gründung würde ich mir Personen aussuchen, die meine Grundhaltung teilen. Deshalb stehen für mich Politikerinnen und Politiker aus der glp im Vordergrund. Weitere wichtige Eigenschaften sind Hartnäckigkeit und die Fähigkeit, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und kritische Fragen zu stellen. In meinem Team möchte ich deshalb Judith Bellaiche, bestens vernetzt in der Startup-Szene, Andreas Hauri, Marketingfachmann, der gerne in neuen Ansätzen denkt, und Daniel Hodel, erfahrener Geschäftsmann mit einem klaren Blick für Strukturen und Konzepte.

 

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Von 2011 – 2019 besetzte Sie das Amt als Kantonsrätin, seit Oktober 2019 ist sie im Nationalrat dabei. Barbara Schaffner bringt sich als Physikerin und Energieberaterin aktiv in die Klima-und Energiepolitik ein und sieht Nachhaltigkeit in der Wirtschaft als Priorität.

 

Redaktion

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«Innovation braucht Freiheit und Flexibilität. Aufgabe der Politik ist, dies zu ermöglichen.»

 

Politik ist allgegenwärtig, so auch in der Startup-Szene. Im Interview mit Barbara Schaffner, glp Nationalrätin, wollen wir wissen, wie sie zum Thema Startup steht, welche Chancen und Gefahren sie sieht und wen sie in ihr Startup-Team wählen würde.

 


 

Inwiefern beschäftigt Sie das Thema Innovation & Startups?

 

BARBARA SCHAFFNER: Startups sind die zukünftige Wirtschaft unseres Landes. Persönlich bin ich nahe an der Energiebranche dran, die im Umbruch ist. Da braucht es technische Entwicklungen sowie neue Finanzierungsmodelle und Marketing-Konzepte. In all diesen Bereichen spielen Startups eine Rolle.

 

Worin liegt für Sie der Wert von Jungunternehmen?

 

Jungunternehmen bringen neue Ideen und Produkte auf den Markt. Sie können schneller und agiler handeln als grosse Konzerne. Ausserdem sind sie eine Herausforderung und Konkurrenz für etablierte, und vielleicht auch verkrustete, Strukturen. Zusätzlich haben sie hochmotivierte Mitarbeitende, die bereit sind, Aussergewöhnliches zu leisten.

 

Stichwort Nachhaltigkeit: Kann Innovation nachhaltig sein? Nennen Sie ein Beispiel.

 

Ja klar. Innovation ist nicht einfach nur Selbstzweck. Innovation muss ein Ziel verfolgen und da Nachhaltigkeit die wichtigste Herausforderung ist, muss Innovation nachhaltig sein. Im Energie- und Klimabereich gibt es zahlreiche Beispiele von Schweizer Startups (u.a. Climeworks, dhp Technology), die mit Innovationen für eine nachhaltigere Zukunft gut unterwegs sind.

Barbara_Schaffner

Barbara Schaffner erhofft sich für die Zukunft die Anerkennung von Startups als wichtige Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung. (Foto: Wohler Anzeiger)

 

Was läuft gut in der Schweiz im Bereich Innovation?

 

Ich sehe einen grossen Fortschritt in den letzten 20-30 Jahren beim Zusammenwachsen der Kluft zwischen Forschung und Produktion. Der Bereich Entwicklung lag früher vor allem bei etablierten Firmen. Durch die heutige Startup-Förderung der Hochschulen gelingt es immer mehr jungen Forschenden, ihre Forschungsresultate weiter zu entwickeln und daraus Produkte und eine Firma aufzubauen.

 

 

 

Was könnte besser sein?

 

Die Finanzen sind eine grosse Herausforderung für Startups. Das betrifft einerseits die Beschaffung der finanziellen Mittel, aber auch steuerliche Fallstricke und bürokratische Hürden. Hier gibt es durchaus Verbesserungspotenzial.

 

Wenn Sie für einen Tag CEO eines Startups sein könnten, welches Unternehmen würden Sie wählen? Wieso?

 

Ein Tag reicht nur für den Blick hinter die Kulissen eines Unternehmens. Mich würde daher das Unternehmen Climatex interessieren, das als Textilunternehmen wiederverwendbare und recyclierbare Stoffe produziert. In einer Branche, die immer mehr auf Wegwerfartikel setzt, richtet sich Climatex voll auf die Kreislaufwirtschaft aus. Climatex ist kein klassisches Startup, da es aus einem traditionellen Textilunternehmen hervorging. Doch es zeigt, dass Innovation auf Tradition aufbauen kann.

 

Welche Aufgaben hat die Politik im Bereich Innovation und Startups?

 

Innovation braucht Freiheit und Flexibilität. Die Politik muss den Unternehmen die grösstmögliche Freiheit in einem verlässlichen und unterstützenden gesetzlichen Rahmen geben. Sie sollte auch unkonventionelle Geschäftsformen ermöglichen.

 

Beispiel Datenschutz: Welches Unternehmen im Bereich Innovation sehen Sie als Gefahr und warum?

 

Der grösste Wert der Digitalisierung liegt in der Verknüpfung ganz unterschiedlicher Informationen und Dienste mit zusätzlichem Nutzen. Man denke nur an die Navigations-Apps, die einen nicht nur durch die Stadt führen, sondern auch die Sehenswürdigkeiten mit Hintergrundinfo aufzeigen, ein Restaurant finden, das Menu anzeigen, die Reservation durchführen und dann auch noch die Rechnung bezahlen. Die einzelnen Dienstleistungen sollten durch unterschiedliche Firmen erbracht werden, um die Konzentration von Daten in einer Hand zu verhindern. In diesem Sinne sind alle Firmen, die die ganze Wertschöpfungskette abdecken wollen, aus Sicht des Datenschutzes gefährlich.

 

Viele Startups haben sehr moderne Geschäfts-, Arbeits- und Personalstrukturen: fünf Wochen Ferien für alle, gleitende Arbeitszeiten usw. Wie stehen Sie zu diesem Trend?

 

Startups brauchen kein starres Gerüst sondern Flexibilität. Je nach Startup können diese Strukturen deshalb anders sein. Gewisse Startups brauchen auch ganz bestimmte Typen von Menschen, die sich in diesen Strukturen wohl fühlen. Gelingt dies, so ist das eine Win-Win-Situation für Beschäftigte und Unternehmer.

 

Barbara Schaffner

„Mit neuen, klimafreundlichen Ideen und Produkten können Startups einen wesentlichen Beitrag zum Klimawandel leisten.“ (Foto: Sandra Plaza)

Wo sehen Sie die Startup-Szene Schweiz in zehn Jahren?

 

Die Startup-Szene wird sich hoffentlich noch mehr aus ihrem Nischendasein heraus entwickeln und auch in der Öffentlichkeit präsenter sein. Damit einher geht die Anerkennung der Startups als wichtige Stütze unserer wirtschaftlichen Entwicklung und eine entsprechende Unterstützung. Wichtig ist auch, dass gesellschaftlich besser akzeptiert wird, dass nicht alle Startups erfolgreich sein können.

Sind Startups die Antwort auf gesellschaftliche Probleme wie Klimawandel?

Um den Klimawandel zu bremsen braucht es die ganze Gesellschaft und deshalb steht auch die ganze Gesellschaft in der Verantwortung. Es wäre vermessen zu erwarten, dass Startups alleine das Problem lösen könnten. Sie können aber mit neuen, klimafreundlichen Ideen und Produkten einen wesentlichen Beitrag leisten.

Was nervt Sie im Alltag, wo schleunigst jemand eine innovative Lösung finden könnte?

Für mich ist der Kleiderkauf weniger ein Vergnügen, sondern vielmehr ein Zeitfresser. Ich wünsche mir deshalb eine digitale Umziehkabine, in die ich eintreten und mich per Wischen umziehen und beraten lassen kann. Wenn ich mich für ein Kleidungsstück entscheide, erfolgt die Anfertigung auf Mass. Mit diesem System wird gleichzeitig die Überflussproduktion von Kleidern und deren Vernichtung in unbenutztem Zustand vermindert.

Stellen Sie sich vor Sie gründen ein Startup. Welche 3 Politiker hätten Sie gerne in Ihrem Team und wieso?

Für eine Startup-Gründung würde ich mir Personen aussuchen, die meine Grundhaltung teilen. Deshalb stehen für mich Politikerinnen und Politiker aus der glp im Vordergrund. Weitere wichtige Eigenschaften sind Hartnäckigkeit und die Fähigkeit, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und kritische Fragen zu stellen. In meinem Team möchte ich deshalb Judith Bellaiche, bestens vernetzt in der Startup-Szene, Andreas Hauri, Marketingfachmann, der gerne in neuen Ansätzen denkt, und Daniel Hodel, erfahrener Geschäftsmann mit einem klaren Blick für Strukturen und Konzepte.

 

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Von 2011 – 2019 besetzte Sie das Amt als Kantonsrätin, seit Oktober 2019 ist sie im Nationalrat dabei. Barbara Schaffner bringt sich als Physikerin und Energieberaterin aktiv in die Klima-und Energiepolitik ein und sieht Nachhaltigkeit in der Wirtschaft als Priorität.

 

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