«Investoren wollen, dass Gründende hohes Engagement zeigen. »

Was muss ich beachten, wenn ich auf der Suche nach Investoren bin? Diese Frage stellen sich sowohl junge als auch etablierte Startups. Deshalb werfen wir einen Blick hinter die Kulissen, und unterhalten uns mit Dr. Johann Schlieper, Präsident der Business Angels Switzerland Zürich. Im Interview verrät er seine Tipps für die Investorensuche, welche No-Go’s es zu beachten gibt und was ihn am Investieren am meisten reizt. 


STARTUPDATE: Wie sieht der Prozess einer Investition aus? Welche Schritte liegen zwischen der ersten Kontaktaufnahme und dem Investitionsentscheid?

DR. JOHANN SCHLIEPER: Bei den Business Angels Switzerland (BAS) müssen sich alle interessierten Startups online registrieren und dort die wichtigsten Angaben zu ihrem Fall eingeben. Einmal pro Monat entscheidet eine Jury darüber, welche drei zu einem Dinnermeeting eingeladen werden. Dort präsentieren sie vor interessierten Investoren (ca. 20-30). Bei Interesse gibt es ein intensives Nachfolgemeeting, dort wird über eine Due Diligence (DD) entschieden. Nach erfolgreichem Abschluss der DD wird das Termsheet unterzeichnet, danach erfolgt die Investition. Der ganze Prozess dauert ca. 1-2 Monate.

Welche Art von Investor sind Sie?

Wir sind alles Business-Angels mit viel Erfahrung mit eigenen Unternehmen und bei der Unterstützung von Startups. Wir sehen uns als aktive Investoren, die neben Geld auch Netzwerk und Erfahrung einbringen. Wir investieren früh und geben meist das erste externe Geld für ein Startup.

Wie entscheiden Sie, in welches Startup Sie investieren möchten? Gibt es spezifische Qualitäten oder Eigenschaften, auf welche Sie besonders achten?

Ich persönlich investiere gerne dort, wo ich etwas davon verstehe und mich auch einbringen kann. Das sind z.B. alle interbasierten Geschäftsmodelle und sogenannte intelligente Hardware, d.h. innovative Produkte, die einen starken Mehrwert bieten. Das Gründerteam sollte komplementär sein und sich durch starkes unternehmerisches Denken auszeichnen. Von einem rein technologiegetriebenen Team lasse ich die Finger.

Wir erwarten auch immer, dass die Gründer genug «skin in the game» haben, d.h. wir wollen sehen, dass sie selber Opfer bringen. Das kann in Form eigener Mittel sein (inklusive Friends & Family) oder auch durch Aufgabe eines gut bezahlten Jobs, nur um sich voll dem Startup zu widmen.

Dr. Johann Schlieper

Dr. Johann Schlieper, selbst Business Angel und Investor, agiert als Präsident des Bereiches Zürich beim Verband Business Angels Switzerland. (Foto: Dr. Johann Schlieper)

Welche Eigenschaften halten Sie davon ab, in ein bestimmtes Startup zu investieren?

Wenn die oben genannten Kriterien nicht erfüllt werden. Aber auch immer wenn die Bewertung (Valuation) unrealistisch hoch ist. Ausserdem laufe ich keinen Trends hinterher. Wenn ein Startup zu sehr gehypt wird, streiche ich es automatisch von meiner Liste.

Wie involviert sind Sie, wenn Sie beschliessen in ein Startup zu investieren?

Mein Engagement ist immer hoch. Das heisst, ich tue viel, um das Startup erfolgreich zu machen. Sobald ich investiert habe, decken sich unsere Interessen, das Team und ich haben dasselbe Ziel: Ein gesundes, wachsendes und mittelfristig profitables Unternehmen aufzubauen. Manchmal bin ich im Verwaltungsrat, manchmal nur im Beirat, aber auch nur gelegentliche Treffen mit dem Team sind möglich.

Was erwarten Sie sich von Ihrer Investition in ein Startup?

Dass das Geld sinnvoll arbeitet und intelligentes Wachstum ermöglicht. Ich selbst hoffe weniger auf einen Exit in fünf Jahren als auf ein stetiges Wachstum des Werts meiner Beteiligung. Zusätzlich erwarte ich natürlich eine angemessene Gewinnausschüttung, wenn eine gewisse Reife erreicht wird. Viele andere Business Angels legen aber grossen Wert auf einen Exit, denn nur dann erhalten sie Mittel zurück, die sie in neue Startups investieren können.

Haben Sie Tipps für Startups, die nach Investoren suchen?

Als einfache Kontaktmöglichkeit bieten wir den Angeltalk an. Das ist eine Kaffeerunde mit Investoren und Startups, jeden zweiten Dienstag in Zürich. Dort können sich Startups unverbindlich mit erfahrenen Angels austauschen. Weil die Nachfrage so gross ist, müssen sich die Startups aber vorher registrieren. Jedes Team kann sich auch direkt auf unserer Website registrieren, die Chancen sind aber höher, wenn vorher die Anforderungen bereits am Angeltalk besprochen wurden.

Eine gute Vorgehensweise ist es auch, direkt potentielle Investoren anzusprechen, aber nur nach einer gründlichen Recherche: Wer hat schon in ähnliche Startups investiert (vorzugsweise erfolgreich), wer zeigt – privat oder beruflich – Interesse an dem Problem, das das Startup lösen möchte und so weiter.
Eine erste Kontaktaufnahme sollte immer über einen Onepager erfolgen. Dessen Qualität ist matchentscheidend, darum sollte hier viel Denkarbeit reingesteckt werden. Ich lese grundsätzlich keine Businesspläne oder Pitchdecks von Startups, die ich noch nicht kenne.

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„Wir gehen recht pragmatisch vor. Wenn Interesse an einem Startup besteht können wir sehr schnell sein,“ beschreibt Dr. Johann Schlieper die Business Angels Switzerland.

Was sind die häufigsten Fehler die Startups auf Investorensuche Ihrer Meinung nach begehen?

Die Methode Schrotflinte: Das Pitchdeck möglichst breit streuen, irgendeiner wird schon anbeissen. Aber auch wenn das Startup keine Ahnung von einer realistischen Unterneh­mens­­bewertung hat. Es gibt nur wenige geeignete Methoden, um ein Unternehmen in dieser frühen Phase zu bewerten, die muss das Startup kennen und nutzen. In meinen Coachings zeige ich das Opportunity Costing, die Business-Angel Daumenregel und die VC-Methode.

In welchem finanziellen Rahmen tätigen Sie Investitionen und wie viele Investments in Startups führen Sie pro Jahr durch?

BAS investiert pro Jahr ca. 3 Mio. CHF in 15 verschiedene Startups. Der durchschnittliche Betrag ist mit CHF 200’000.- zwar nicht sehr hoch, aber wir sind die ersten externen Investoren und tragen damit ein hohes Risiko. Für viele unserer Startups war diese erste Finanzierung die Voraussetzung, an Gelder in weiteren Runden zu gelangen.

In welche Branchen investieren Sie gerne? Gibt es Branchen, die Sie meiden? 

BAS ist einer der wenigen Clubs, die nicht auf bestimmte Branchen spezialisiert sind. Wir machen alles, was innovativ und skalierbar ist, und wo ein gutes Team dahinter steht mit einem plausiblen Ertragsmodell. Allerdings haben wir die Dinge gerne einfach, darum liegt der Fokus auf Investitionen in der Schweiz.

Können Sie uns von einer erfolgreichen Investition und einer gescheiterten berichten?

Unsere Success-Stories haben wir auf der Website beschrieben. Dazu gehören Piavita, Signifikant oder Ecorobotics. Auch bei uns gibt es aber leider mehr Flops als Winner. Velohub zum Beispiel hat mit einem guten Produkt (Blinker & Lasermarkierung für Velos) das Wachstum nicht geschafft. Die Kunden liebten das Produkt, aber es war unmöglich, eine Series A Finanzierung auf die Beine zu stellen.

Welcher Aspekt des Investierens reizt Sie am meisten?

Den regelmässigen Kontakt mit Innovationen und den oft brillanten Köpfen dahinter. Es gibt in der Schweiz so viele gute Ideen, leider können wir sie nicht alle finanzieren. Als Investor hat man gegenüber «seinen» Startups viel mehr Commitment als gegenüber anonymen Aktienanlagen bei börsenkotierten Unternehmen. Und wenn dann der Erfolg eintritt, ist man selbst auch ein Teil davon. Das ist ein grossartiges Gefühl.

Wieso sollen Startups Sie als Investor wählen?

BAS als Gruppe von Investoren zeichnet sich durch die grösste Erfahrung aller Angel Clubs in der Schweiz aus, wir machen das schon seit 22 Jahren! Weil wir sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Romandie verankert sind, besteht für Startups die Chance gleich doppelt zu gewinnen: Wer in der einen Sektion Investoren findet, darf automatisch auch in der anderen pitchen. Ausserdem gehen wir recht pragmatisch vor. Wenn Interesse an einem Startup besteht können wir sehr schnell sein: Das kürzeste Investment, an das ich mich erinnere, hat eine Woche gedauert, bis alles unter Dach und Fach war.

Vielen Dank für das Interview!

Als ehemaliger CEO und Gründer der cepeo AG agiert Dr. Johann Schlieper heute als Business Angel und Investor in mehreren Schweizer Startups. Ausserdem ist er Jury-Mitglied im CTI-Award und bei Venturekick, und fungiert zusätzlich als Präsident von Business Angels Switzerland für den Bereich Zürich. 

Business Angels Switzerland, BAS, ist ein Verband von Privatpersonen, welche Zeit und Geld in kleine, kürzlich gegründete Unternehmen mit innovativen Projekten investieren wollen. 

Business Angels Logo

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