«Schlanke und schnelle Geschäftsmodelle»

Der Business Model Canvas ist ein beliebtes Tool für viele Unternehmen. Es ermöglicht eine schnelle und verständliche Abbildung des Geschäftsmodells. Zu Beginn des Ideen-Prozesses besteht jedoch häufig die Schwierigkeit, dass nicht alle Elemente des Canvas beantwortet werden können. Hierbei kann der Lean Canvas Abhilfe schaffen. Wie dieser genau funktioniert, wird hier in neun Schritten erklärt.

Wahrscheinlich ist das dem Einen oder Anderen nicht unbekannt. Man hat eine «geniale» Produktidee und feilt die folgenden Monate, in strenger Abgeschiedenheit, am ersten Prototypen. Erwartungsfroh wird das mühsam entstandene Werk der Öffentlichkeit präsentiert – welche mit null Interesse reagiert. Der frustrierte Erfinder schickt seine Idee prompt in den Mistkübel. Oder aber man schreibt zuerst einen mehrseitigen Businessplan mit irgendwelchen, langfristigen Prognosen, die jeglich auf Schätzungen basieren. Ausser dass man viel Zeit darin investiert hat, ist der Mehrwert eines solchen Dokumentes eher gering.

Deshalb wurde vor einiger Zeit der Business Model Canvas (u. a. von Alexander Osterwalder) erstellt, welcher es erlaubt ein Geschäftsmodell rasch und konkret darzustellen. Dieses Modell ist jedoch vor allem für Startups und Unternehmen geeignet, die schon über eine gewisse Lebensdauer und Traktion verfügen. Befindet sich ein Entrepreneur noch in der konzeptionellen Phase sind gewisse Elemente des Business Model Canvas eher schwierig zu beantworten. Aus diesem Grund wurde von Ash Maurya der Lean Canvas erstellt, der auf dem Business Model Canvas basiert, jedoch optimaler für die Gründungs- bzw. Anfangsphase eines Startups geeignet ist.

Der Lean Canvas lässt sich in neun Hauptbestandteile aufteilen. Die linke Hälfte des Canvas repräsentiert das Produkt, während die rechte Hälfte den Markt darstellt.

Business_Model_Canvas

Schritt 1: Kundensegmente

Die Kundensegmente umfassen die potentiellen Kunden- bzw. Nutzer-Zielgruppen im Markt. Wichtig ist hier zwischen Kunden und Nutzern zu unterscheiden: Kunden bezahlen für ein Produkt mit Geld, während Nutzer Produkte oft kostenlos verwenden können. Der Mitarbeiter einer Firma ist z. B. der Nutzer von Office-Produkten wie Word und Excel. Die Firma ist hingegen der Kunde, der die Lizenzen für alle Mitarbeiter bezahlt.

Schritt 2: Problem

Hier werden die Bedürfnisse und Probleme der Kundensegmente genauer betrachtet. Zunächst ist es wichtig zu wissen, was die Kunden im Kontext der gewählten Idee tun möchten – welchen Aufgaben (Jobs) das Produkt für sie erledigen soll. Anschliessend gilt es herauszufinden, welche Probleme und Wünsche aktuell bei der Erledigung dieser Aufgaben existieren. Diese Probleme soll das Produkt lösen bzw. die Wünsche erfüllen.

Schritt 3: Lösung

Erst nachdem die Kundensegmente und Probleme definiert wurden, kann über die Lösung bzw. das Produkt selber gesprochen werden. Die Lösung sollte jedes Problem bzw. Bedürfnis des Kunden ansprechen, wenn möglich dargestellt anhand von einzelnen Eigenschaften.

Schritt 4: Einzigartiges Wertversprechen

Hierbei handelt es sich um eine einfache aber klare Botschaft an den Kunden, die seine Aufmerksamkeit erregen soll. Es hilft, wenn man sich hier z. B. den Satz vorstellt, der unter dem eigenen Firmenlogo stehen könnte. Oder wie kann man die eigene Lösung einem Fremden mit einem Satz schmackhaft machen?

Schritt 5: Kanäle

Das sind die Wege, über welche die Kunden erreicht werden. Zum Beispiel das Netzwerk, Twitter, Facebook, Google Adwords, Events, Flyer oder Telefonvertrieb.

Schritt 6: Umsätze

Eine Idee ist ja schön und gut – aber ohne Geld wird es längerfristig wohl nur ein Traum bleiben. In diesem Schritt wird definiert, wie man schlussendlich Geld verdienen möchte, wo also konkret die Umsatzquellen liegen und welches die Preise sind. Verkauft man sein Produkt z. B. einmalig an den Kunden oder monatlich in einem Abo? Und wie hoch ist der Preis bzw. die Marge? Umsatz muss dabei nicht zwingend monetär sein. So gibt es viele Anbieter, die ihre Produkte kostenlos anbieten, im Gegenzug aber Nutzerdaten erhalten (siehe hierzu Facebook). Diese Nutzerdaten können dann später wieder in Geld umgewandelt werden.

Schritt 7: Kosten

Was sind die wichtigsten Kostenquellen und wie hoch schätzt man diese ein? Dazu gehören fixe und variable Kosten sowie Kosten für die Ersterstellung des Geschäftsmodells und den dauerhaften Betrieb.

Schritt 8: Kennzahlen

Dieser Bereich besteht zum einen aus der persönlichen Erfolgs-Metrik und zum anderen aus einer Metrik, die einem jederzeit zeigt, ob sich das Geschäftsmodell auf Erfolgskurs befindet. Die persönliche Erfolgs-Metrik kann rein monetär sein, wie ein bestimmter Umsatz oder Gewinn oder ein idealistisches Ziel (z. B. die Senkung der Luftverschmutzung). Was es auch immer ist, es kann auf eine bestimmte Anzahl von Nutzern des Produkts zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft herunter gebrochen werden. Die zweite Metrik sollte eine Zahl sein, die möglichst direkt vom Verhalten der Kunden abhängt, den Nutzen des Geschäftsmodells wiederspiegelt und möglichst viele andere Kennzahlen wie Gewinn oder Umsatz beeinflusst.

Schritt 9: Unfairer Vorteil

Der unfaire Vorteil ist etwas, das einem vor der Konkurrenz schützt. Es muss etwas sein, dass nicht einfach kopiert oder gekauft werden kann. Ein echter unfairer Vorteil ist unter anderem ein einzigartiges Gründerteam, dass schon mehrere Firmen gross gemacht hat. Unterstützung von einem Prominenten, eine Community, hohe SEO-Rankings, exklusive Partnerverträge, Patente oder ähnliches. Kein unfairer Vorteil ist: mehr Leidenschaft, mehr Features, weniger Features oder ein tolles Design. Der unfaire Vorteil muss nicht von Beginn an vorhanden sein. Dieses Element kann vorderhand auch zunächst leer sein, man sollte sich aber bald darüber Gedanken machen, was dort in Zukunft stehen wird. Wenn man das endlich ausgefüllt hat, dann ist man natürlich fertig – NEIN, natürlich noch lange nicht! Nun gilt es, genau die Annahmen, die man im Lean Canvas getroffen hat, zu überprüfen. Empfehlung hier ist, mal mit so vielen Leuten wie möglich über die Idee zu sprechen anhand dieses Lean Canvas. In der Regel müssen die meisten Gründer schon nach fünf Gesprächen mit ihren Kunden einen Grossteil ihres Geschäftsmodells anpassen.

Roy Franke

Author: Roy Franke

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«Schlanke und schnelle Geschäftsmodelle»

Der Business Model Canvas ist ein beliebtes Tool für viele Unternehmen. Es ermöglicht eine schnelle und verständliche Abbildung des Geschäftsmodells. Zu Beginn des Ideen-Prozesses besteht jedoch häufig die Schwierigkeit, dass nicht alle Elemente des Canvas beantwortet werden können. Hierbei kann der Lean Canvas Abhilfe schaffen. Wie dieser genau funktioniert, wird hier in neun Schritten erklärt.

Wahrscheinlich ist das dem Einen oder Anderen nicht unbekannt. Man hat eine «geniale» Produktidee und feilt die folgenden Monate, in strenger Abgeschiedenheit, am ersten Prototypen. Erwartungsfroh wird das mühsam entstandene Werk der Öffentlichkeit präsentiert – welche mit null Interesse reagiert. Der frustrierte Erfinder schickt seine Idee prompt in den Mistkübel. Oder aber man schreibt zuerst einen mehrseitigen Businessplan mit irgendwelchen, langfristigen Prognosen, die jeglich auf Schätzungen basieren. Ausser dass man viel Zeit darin investiert hat, ist der Mehrwert eines solchen Dokumentes eher gering.

Deshalb wurde vor einiger Zeit der Business Model Canvas (u. a. von Alexander Osterwalder) erstellt, welcher es erlaubt ein Geschäftsmodell rasch und konkret darzustellen. Dieses Modell ist jedoch vor allem für Startups und Unternehmen geeignet, die schon über eine gewisse Lebensdauer und Traktion verfügen. Befindet sich ein Entrepreneur noch in der konzeptionellen Phase sind gewisse Elemente des Business Model Canvas eher schwierig zu beantworten. Aus diesem Grund wurde von Ash Maurya der Lean Canvas erstellt, der auf dem Business Model Canvas basiert, jedoch optimaler für die Gründungs- bzw. Anfangsphase eines Startups geeignet ist.

Der Lean Canvas lässt sich in neun Hauptbestandteile aufteilen. Die linke Hälfte des Canvas repräsentiert das Produkt, während die rechte Hälfte den Markt darstellt.

Business_Model_Canvas

Schritt 1: Kundensegmente

Die Kundensegmente umfassen die potentiellen Kunden- bzw. Nutzer-Zielgruppen im Markt. Wichtig ist hier zwischen Kunden und Nutzern zu unterscheiden: Kunden bezahlen für ein Produkt mit Geld, während Nutzer Produkte oft kostenlos verwenden können. Der Mitarbeiter einer Firma ist z. B. der Nutzer von Office-Produkten wie Word und Excel. Die Firma ist hingegen der Kunde, der die Lizenzen für alle Mitarbeiter bezahlt.

Schritt 2: Problem

Hier werden die Bedürfnisse und Probleme der Kundensegmente genauer betrachtet. Zunächst ist es wichtig zu wissen, was die Kunden im Kontext der gewählten Idee tun möchten – welchen Aufgaben (Jobs) das Produkt für sie erledigen soll. Anschliessend gilt es herauszufinden, welche Probleme und Wünsche aktuell bei der Erledigung dieser Aufgaben existieren. Diese Probleme soll das Produkt lösen bzw. die Wünsche erfüllen.

Schritt 3: Lösung

Erst nachdem die Kundensegmente und Probleme definiert wurden, kann über die Lösung bzw. das Produkt selber gesprochen werden. Die Lösung sollte jedes Problem bzw. Bedürfnis des Kunden ansprechen, wenn möglich dargestellt anhand von einzelnen Eigenschaften.

Schritt 4: Einzigartiges Wertversprechen

Hierbei handelt es sich um eine einfache aber klare Botschaft an den Kunden, die seine Aufmerksamkeit erregen soll. Es hilft, wenn man sich hier z. B. den Satz vorstellt, der unter dem eigenen Firmenlogo stehen könnte. Oder wie kann man die eigene Lösung einem Fremden mit einem Satz schmackhaft machen?

Schritt 5: Kanäle

Das sind die Wege, über welche die Kunden erreicht werden. Zum Beispiel das Netzwerk, Twitter, Facebook, Google Adwords, Events, Flyer oder Telefonvertrieb.

Schritt 6: Umsätze

Eine Idee ist ja schön und gut – aber ohne Geld wird es längerfristig wohl nur ein Traum bleiben. In diesem Schritt wird definiert, wie man schlussendlich Geld verdienen möchte, wo also konkret die Umsatzquellen liegen und welches die Preise sind. Verkauft man sein Produkt z. B. einmalig an den Kunden oder monatlich in einem Abo? Und wie hoch ist der Preis bzw. die Marge? Umsatz muss dabei nicht zwingend monetär sein. So gibt es viele Anbieter, die ihre Produkte kostenlos anbieten, im Gegenzug aber Nutzerdaten erhalten (siehe hierzu Facebook). Diese Nutzerdaten können dann später wieder in Geld umgewandelt werden.

Schritt 7: Kosten

Was sind die wichtigsten Kostenquellen und wie hoch schätzt man diese ein? Dazu gehören fixe und variable Kosten sowie Kosten für die Ersterstellung des Geschäftsmodells und den dauerhaften Betrieb.

Schritt 8: Kennzahlen

Dieser Bereich besteht zum einen aus der persönlichen Erfolgs-Metrik und zum anderen aus einer Metrik, die einem jederzeit zeigt, ob sich das Geschäftsmodell auf Erfolgskurs befindet. Die persönliche Erfolgs-Metrik kann rein monetär sein, wie ein bestimmter Umsatz oder Gewinn oder ein idealistisches Ziel (z. B. die Senkung der Luftverschmutzung). Was es auch immer ist, es kann auf eine bestimmte Anzahl von Nutzern des Produkts zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft herunter gebrochen werden. Die zweite Metrik sollte eine Zahl sein, die möglichst direkt vom Verhalten der Kunden abhängt, den Nutzen des Geschäftsmodells wiederspiegelt und möglichst viele andere Kennzahlen wie Gewinn oder Umsatz beeinflusst.

Schritt 9: Unfairer Vorteil

Der unfaire Vorteil ist etwas, das einem vor der Konkurrenz schützt. Es muss etwas sein, dass nicht einfach kopiert oder gekauft werden kann. Ein echter unfairer Vorteil ist unter anderem ein einzigartiges Gründerteam, dass schon mehrere Firmen gross gemacht hat. Unterstützung von einem Prominenten, eine Community, hohe SEO-Rankings, exklusive Partnerverträge, Patente oder ähnliches. Kein unfairer Vorteil ist: mehr Leidenschaft, mehr Features, weniger Features oder ein tolles Design. Der unfaire Vorteil muss nicht von Beginn an vorhanden sein. Dieses Element kann vorderhand auch zunächst leer sein, man sollte sich aber bald darüber Gedanken machen, was dort in Zukunft stehen wird. Wenn man das endlich ausgefüllt hat, dann ist man natürlich fertig – NEIN, natürlich noch lange nicht! Nun gilt es, genau die Annahmen, die man im Lean Canvas getroffen hat, zu überprüfen. Empfehlung hier ist, mal mit so vielen Leuten wie möglich über die Idee zu sprechen anhand dieses Lean Canvas. In der Regel müssen die meisten Gründer schon nach fünf Gesprächen mit ihren Kunden einen Grossteil ihres Geschäftsmodells anpassen.

Roy Franke

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