Das Startup aus Bern hat ein Lebensmittel geschaffen, das Konsument:innen etwas Neues bietet. Das beste dabei – für das Neue muss gar nichts Zusätzliches angepflanzt werden. 

Meist wird in der Lebensmittelherstellung nur das Hauptprodukt verkauft. Nebenprodukte bleiben oft ungenutzt und werden zu Lebensmittelabfällen. So ist es auch bei dem in unserer westlichen Welt grösstenteils unbekannten Okara. Bei der Produktion von Tofu oder Sojamilch werden Sojabohnen gewässert, eingelegt, gekocht, dann gemahlen und anschliessend gepresst. Die abfliessende Flüssigkeit ist die verbreitete Sojamilch, welche danach für Sojajoghurt oder die Tofuproduktion verwendet wird. Der feste Teil, das Fruchtfleisch der Sojabohnen, ist Okara. 

Okara ist reich an Nahrungsfasern, enthält viele hochwertige Proteine und viele gute Mikronährstoffe. Obwohl Okara ein wertvolles Lebensmittel sei, haben Hersteller die Qualität und das volle Potenzial von Okara noch nicht erkannt. Oftmals landet es in der Biogasanlage oder findet als Tierfutter Verwendung. Pro Kilogramm Tofu fällt ein Kilogramm Okara an. Von der Grundlage des Tofus, Sojamilch, werden weltweit einige Millionen Liter produziert, es ist ein äusserst sinnvolles Unterfangen, diesen Nebenstrom zu nutzen. 

„Man muss keine einzige Sojabohne zusätzlich anpflanzen und kann dieselben landwirtschaftlichen Ressourcen brauchen wie bisher“, erklärt Flavio. „Wir müssen das, was wir schon haben, schlichtweg effizienter nutzen.“ Hiermit erklärt sich auch die hervorragende Umweltbilanz von Luya. Im Vergleich zu Rindfleisch entsteht im gesamten Lifecycle von Luya 94% weniger CO2, die Wasserressourcen werden um über 53% geschont.

Nebenströme nutzen

An der Berner Fachhochschule waren Tobi und Mike damit beschäftigt, Nebenströme der Lebensmittelproduktion zu nutzen und daraus mittels Fermentation spannende Produkte herzustellen. Flavio, ursprünglich in der Unternehmensberatung und im Banking tätig, hatte die Idee, Hülsenfrüchte durch Fermentation zu hochwertigeren Produkten zu machen. „Hülsenfrüchte sind sehr gesund und werden viel zu wenig gegessen. Sei es, weil die Zubereitung unbekannt und zu kompliziert ist oder weil sie zu viel Zeit in Anspruch nimmt“, erläutert Flavio im Interview. Er suchte nach neuen Möglichkeiten, diese Proteinquellen unkompliziert zu nutzen und startete zuhause eigene Fermentationsexperimente.

Die künftigen Gründer merkten, dass sie eine gemeinsame Vision teilten und auch ihre Fähigkeiten komplementär waren. So startete im Sommer 2020 die Zusammenarbeit. Ihr erstes Rezept brachten sie an einem veganen Weihnachtsmarkt in Zürich als Produkt aus Kichererbsen und Okara unter erste Verkoster.  Damals hatte das Produkt noch keinen wirklichen Namen. Nach positivem Feedback folgte im Sommer 2021 die Gründung der Firma unter dem Namen „Luya“ – vom Fluss „Luia“, einem Nebenfluss des Sambesi in Ostafrika, da es sich das Startup zum Ziel gemacht hat, Okara als Nebenstrom der Tofuproduktion zu nutzen. 

Eine Alternative – kein Ersatz

Das Ziel des jungen Unternehmens sei es nicht, Fleisch 1:1 zu imitieren, wie es bereits das Anliegen vieler anderer Firmen ist. Der grosse Nachteil solcher Fleischkopien sei, dass sie meist stark verarbeitet seien und dabei viele Zusatzstoffe und starkverarbeitete Zutaten wie Eiweissisolate genutzt werden. „Wir wollen ein schmackhaftes Alternativprodukt schaffen. Es soll kein Imitat sein – es soll ein Original, ein neues Produkt sein“, so Flavio im Interview. 

Luyas Alternative ist saftiger als die Fleischersatzprodukte auf dem Markt und imitiert nicht die etwas fasrige Konsistenz von Fleisch. Dadurch nimmt sie Sauce sehr gut auf, ist ein guter Geschmacksträger und findet so seinen Platz zwischen anderen Produkten. Es hat eine kurze Zutatenliste, ist gesund, biozertifiziert und schonend verarbeitet. Denn es braucht nur die Fermentation, was ein biologischer Prozess ist. 

Zudem werden den Konsumenten die gängigen Fleisch- und Geflügelimitate immer suspekter. Aufwändige Herstellungsverfahren und lange Zutatenlisten werden mehr und mehr hinterfragt.

Vom Labor in die Schokofabrik

Nach viel Tüfteln am Fermentationsprodukt im Labor hat Luya nun in Bern Fuss gefasst. 

Flavio erzählt lachend: „Ein grosser Lebensmittelhersteller würde unsere Produktion zurzeit eher als Manufaktur oder Pilotfabrik bezeichnen.“ Produziert wird zurzeit noch mit viel Handarbeit in einer ehemaligen Schokoladenfabrik. Dies ist jedoch im Vergleich zur letztjährigen Produktion an der Fachhochschule im Labor ein riesiger Fortschritt. Okara bezieht das junge Startup von Schweizer Tofuherstellern. Okara wird mit Bio-Kichererbsen aus Italien gemischt, welche zuvor selbst gekocht wurden. Danach werden der Grundmasse Pilzsporen hinzugefügt. In diesem Stadium gleicht die Masse einem Teig. In Fermentationsschränken wird ein gutes Wachstumsklima für den Pilz geschaffen. Der Pilz wird nach etwa einem Tag Fermentation im Wasserbad inaktiviert und fertig ist Luya. 

Auf Erfolgskurs

In Migros, Alnatura und Coop wird das Produkt bereits angeboten, doch auch in einigen Restaurants kann man Luya geniessen. „Die grössten Erfolge sind für mich oft kleinere Dinge, beispielsweise als wir unser selbst hergestelltes Produkt das erste Mal in einem Restaurant essen konnten“, so Flavio. 

Im letzten Jahr sei das Team enorm gewachsen. Und auch 2023 hat Luya grosse Pläne. So möchte Luya weiterhin die Produktion ausbauen und in zwei bis drei Jahren die führende Marke für pflanzenbasierte Ernährung am Markt sein. „Wir werden wachsen und neue Produkte auf den Markt bringen.“

Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."

Author: Dea Sikiric

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Das Startup aus Bern hat ein Lebensmittel geschaffen, das Konsument:innen etwas Neues bietet. Das beste dabei – für das Neue muss gar nichts Zusätzliches angepflanzt werden. 

Meist wird in der Lebensmittelherstellung nur das Hauptprodukt verkauft. Nebenprodukte bleiben oft ungenutzt und werden zu Lebensmittelabfällen. So ist es auch bei dem in unserer westlichen Welt grösstenteils unbekannten Okara. Bei der Produktion von Tofu oder Sojamilch werden Sojabohnen gewässert, eingelegt, gekocht, dann gemahlen und anschliessend gepresst. Die abfliessende Flüssigkeit ist die verbreitete Sojamilch, welche danach für Sojajoghurt oder die Tofuproduktion verwendet wird. Der feste Teil, das Fruchtfleisch der Sojabohnen, ist Okara. 

Okara ist reich an Nahrungsfasern, enthält viele hochwertige Proteine und viele gute Mikronährstoffe. Obwohl Okara ein wertvolles Lebensmittel sei, haben Hersteller die Qualität und das volle Potenzial von Okara noch nicht erkannt. Oftmals landet es in der Biogasanlage oder findet als Tierfutter Verwendung. Pro Kilogramm Tofu fällt ein Kilogramm Okara an. Von der Grundlage des Tofus, Sojamilch, werden weltweit einige Millionen Liter produziert, es ist ein äusserst sinnvolles Unterfangen, diesen Nebenstrom zu nutzen. 

„Man muss keine einzige Sojabohne zusätzlich anpflanzen und kann dieselben landwirtschaftlichen Ressourcen brauchen wie bisher“, erklärt Flavio. „Wir müssen das, was wir schon haben, schlichtweg effizienter nutzen.“ Hiermit erklärt sich auch die hervorragende Umweltbilanz von Luya. Im Vergleich zu Rindfleisch entsteht im gesamten Lifecycle von Luya 94% weniger CO2, die Wasserressourcen werden um über 53% geschont.

Nebenströme nutzen

An der Berner Fachhochschule waren Tobi und Mike damit beschäftigt, Nebenströme der Lebensmittelproduktion zu nutzen und daraus mittels Fermentation spannende Produkte herzustellen. Flavio, ursprünglich in der Unternehmensberatung und im Banking tätig, hatte die Idee, Hülsenfrüchte durch Fermentation zu hochwertigeren Produkten zu machen. „Hülsenfrüchte sind sehr gesund und werden viel zu wenig gegessen. Sei es, weil die Zubereitung unbekannt und zu kompliziert ist oder weil sie zu viel Zeit in Anspruch nimmt“, erläutert Flavio im Interview. Er suchte nach neuen Möglichkeiten, diese Proteinquellen unkompliziert zu nutzen und startete zuhause eigene Fermentationsexperimente.

Die künftigen Gründer merkten, dass sie eine gemeinsame Vision teilten und auch ihre Fähigkeiten komplementär waren. So startete im Sommer 2020 die Zusammenarbeit. Ihr erstes Rezept brachten sie an einem veganen Weihnachtsmarkt in Zürich als Produkt aus Kichererbsen und Okara unter erste Verkoster.  Damals hatte das Produkt noch keinen wirklichen Namen. Nach positivem Feedback folgte im Sommer 2021 die Gründung der Firma unter dem Namen „Luya“ – vom Fluss „Luia“, einem Nebenfluss des Sambesi in Ostafrika, da es sich das Startup zum Ziel gemacht hat, Okara als Nebenstrom der Tofuproduktion zu nutzen. 

Eine Alternative – kein Ersatz

Das Ziel des jungen Unternehmens sei es nicht, Fleisch 1:1 zu imitieren, wie es bereits das Anliegen vieler anderer Firmen ist. Der grosse Nachteil solcher Fleischkopien sei, dass sie meist stark verarbeitet seien und dabei viele Zusatzstoffe und starkverarbeitete Zutaten wie Eiweissisolate genutzt werden. „Wir wollen ein schmackhaftes Alternativprodukt schaffen. Es soll kein Imitat sein – es soll ein Original, ein neues Produkt sein“, so Flavio im Interview. 

Luyas Alternative ist saftiger als die Fleischersatzprodukte auf dem Markt und imitiert nicht die etwas fasrige Konsistenz von Fleisch. Dadurch nimmt sie Sauce sehr gut auf, ist ein guter Geschmacksträger und findet so seinen Platz zwischen anderen Produkten. Es hat eine kurze Zutatenliste, ist gesund, biozertifiziert und schonend verarbeitet. Denn es braucht nur die Fermentation, was ein biologischer Prozess ist. 

Zudem werden den Konsumenten die gängigen Fleisch- und Geflügelimitate immer suspekter. Aufwändige Herstellungsverfahren und lange Zutatenlisten werden mehr und mehr hinterfragt.

Vom Labor in die Schokofabrik

Nach viel Tüfteln am Fermentationsprodukt im Labor hat Luya nun in Bern Fuss gefasst. 

Flavio erzählt lachend: „Ein grosser Lebensmittelhersteller würde unsere Produktion zurzeit eher als Manufaktur oder Pilotfabrik bezeichnen.“ Produziert wird zurzeit noch mit viel Handarbeit in einer ehemaligen Schokoladenfabrik. Dies ist jedoch im Vergleich zur letztjährigen Produktion an der Fachhochschule im Labor ein riesiger Fortschritt. Okara bezieht das junge Startup von Schweizer Tofuherstellern. Okara wird mit Bio-Kichererbsen aus Italien gemischt, welche zuvor selbst gekocht wurden. Danach werden der Grundmasse Pilzsporen hinzugefügt. In diesem Stadium gleicht die Masse einem Teig. In Fermentationsschränken wird ein gutes Wachstumsklima für den Pilz geschaffen. Der Pilz wird nach etwa einem Tag Fermentation im Wasserbad inaktiviert und fertig ist Luya. 

Auf Erfolgskurs

In Migros, Alnatura und Coop wird das Produkt bereits angeboten, doch auch in einigen Restaurants kann man Luya geniessen. „Die grössten Erfolge sind für mich oft kleinere Dinge, beispielsweise als wir unser selbst hergestelltes Produkt das erste Mal in einem Restaurant essen konnten“, so Flavio. 

Im letzten Jahr sei das Team enorm gewachsen. Und auch 2023 hat Luya grosse Pläne. So möchte Luya weiterhin die Produktion ausbauen und in zwei bis drei Jahren die führende Marke für pflanzenbasierte Ernährung am Markt sein. „Wir werden wachsen und neue Produkte auf den Markt bringen.“

Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."

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