Von Unternehmertum hatten sie wenig Ahnung, auch Käseherstellung war Neuland. Davon liessen sich Alice Fauconnet und Freddy Hunziker bei der Gründung der veganen Molkerei „New Roots“ nicht beirren. Im Gespräch erzählt Alice Fauconnet, wie sich aus Spass ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelte und wie sich Innovation und Tradition vereinbaren lassen. 

Die Geschichte von New Roots beginnt mit einer pflanzlichen Alternative für Weichkäse. Wie kam es dazu?

Als mein Mitgründer Freddy und ich uns für eine vegane Ernährung entschieden, vermissten wir ein Produkt besonders: Käse. Wir experimentierten tagelang in unserer Küche, bis wir eine Alternative dafür hatten. Das Resultat war eine vegane Alternative zu Camembert mit dem Namen „Soft White“. Er überzeugte nicht nur uns, sondern auch unsere Freunde. Sie waren es dann auch, die uns dazu ermutigten, das Produkt auf den Markt zu bringen. 

Du hast Sozialanthropologie studiert, dein Mitgründer war Bike-Profi. Wie kam es mit diesem Background doch zum eigenen  Unternehmen? 

Wir planten nie, ein Unternehmen zu gründen. Als wir an veganem Käse tüftelten und New Roots gründeten, hatten wir nicht mal einen Businessplan. Ich war für Marketing zuständig, mein Mitgründer für Produktion und Logistik. Alles war „Learning by doing“, bis wir nach einem Jahr realisierten, dass wir ohne externes Fachwissen nicht weiterkommen würden. 

 Ihr wart Mitte zwanzig und hattet wenig Berufserfahrung. Wie habt ihr notwendiges Wissen angeeignet? 

Wir hatten ja keine Ahnung, was wir taten! Also stellten wir nach einer ersten Entdeckungsphase Leute ein: Fachkräfte aus Vertrieb und Käseherstellung. Dann kam Personal im Bereich Business Development dazu. Das half uns dabei, „New Roots“ als Unternehmen selber besser zu verstehen.

Was ist das perfekte Alter, um ein Startup zu gründen? 

Das Alter ist nicht relevant; es geht um Leidenschaft. Anfangs arbeiteten wir täglich 14 Stunden lang. Ohne Begeisterung wäre das nie möglich gewesen. 

 Ihr habt als Paar gegründet – wie war das? 

Es ist schwierig, eine Liebesbeziehung mit einer Geschäftsbeziehung zu verbinden. Persönlich würde ich diese Konstellation nicht mehr wählen. Wir sind mittlerweile kein Paar mehr, ergänzen uns als Geschäftspartner aber super und haben diese Hürde gut gemeistert. 

 Welche Hindernisse habt ihr auf eurem Weg sonst noch überwunden? 

Wir haben viel Zeit investiert, um Leute zu gewinnen und wieder loszulassen. In diesem Bereich hätten wir Geld, Energie und Zeit sparen können. Eine weitere Hürde waren Vorurteile gegenüber veganen Produkten. Viele denken, dass Alternativen stark verarbeitet sind und dass sie die Käsetradition zerstören. Dabei wollen wir Traditionen ehren. 

Wie ist denn die Verarbeitungsgrad tatsächlich bei euren veganen Produkten?

Unsere Milch besteht aus Cashewnüssen und Wasser. Ansonsten arbeiten wir nach Methoden der altbewährten Käseherstellung. 

 Welche Strategien habt ihr entwickelt, um die Akzeptanz von pflanzlichen Alternativen zu fördern? 

Wir versuchen zu erklären, dass wir Käsekultur verstehen. Ich komme aus Frankreich und ass früher zu jeder Mahlzeit Käse. Heute ist mir bewusst, dass die Molkerei keine nachhaltige Industrie ist. Alternative Molkerei-Produkte haben einen besseren Einfluss auf den Planeten und das Tierwohl. Das ist nicht nur Marketing, sondern auch eine persönliche Überzeugung. 

 Welche Alternativprodukte aus eurem Sortiment sind besonders beliebt? 

Unser Weichkäse „Soft White“ ist seit Beginn das beliebteste Produkt. In Ländern mit einer Raclette-Kultur wie in der Schweiz, Frankreich und teilweise auch in Deutschland, verkaufen sich Fondue-Mischungen und Raclettekäse sehr gut. 

Wie stellt ihr sicher, dass pflanzliche Milchprodukte eine ansprechende Alternative zu traditionellen Milchprodukten sind? 

Unsere Produkte werden nie genau so schmecken, wie die ursprünglichen Produkte. Der tierische Geschmack fehlt. Doch die Fermentationskultur erlaubt es uns, nahe an das gewohnte Produkt heranzukommen. So bringen wir diesen Sommer erstmals einen Käse auf den Markt, der an einen traditionellen Schweizer Hartkäse erinnern soll. 

 Eure Produkte sind bei bekannten Detailhändlern und Restaurants erhältlich. Erfüllt dich das mit Stolz? 

Sehr! Kürzlich besuchte ich einen kleinen Laden in den Bergen und fand zufällig unseren „Soft White“ im Angebot. Da hab ich mich richtig gefreut. Egal wo ich unsere Produkte antreffe, ich spüre in mir diese starke emotionale Reaktion. 

Was war für dich die verblüffendste Entwicklung auf deinem Startup-Weg? 

Ich hätte nie erwartet, dass wir so schnell wachsen. Und auch nicht, dass die Menschen so positiv auf unsere Produkte reagieren. 70 Prozent unserer Kunden leben zwar nicht vegan, kaufen aber trotzdem mindestens eines unserer Produkte. 

Was ist die wichtigste Lektion aus deiner Gründererfahrung, die du mit anderen teilen willst?

Leidenschaft und die richtige Teamkonstellation gehören zu den wichtigsten Zutaten für deinen unternehmerischen Erfolg. Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft. Und wenn du keine unternehmerische Erfahrung hast, suche nach Menschen, die dich ergänzen. Und: arbeite an deinem Ego, denn du wirst nie in allem gut sein.

Saskia Iten Autorin Founded Startup Magazin
Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."

Author: Saskia Iten

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Von Unternehmertum hatten sie wenig Ahnung, auch Käseherstellung war Neuland. Davon liessen sich Alice Fauconnet und Freddy Hunziker bei der Gründung der veganen Molkerei „New Roots“ nicht beirren. Im Gespräch erzählt Alice Fauconnet, wie sich aus Spass ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelte und wie sich Innovation und Tradition vereinbaren lassen. 

Die Geschichte von New Roots beginnt mit einer pflanzlichen Alternative für Weichkäse. Wie kam es dazu?

Als mein Mitgründer Freddy und ich uns für eine vegane Ernährung entschieden, vermissten wir ein Produkt besonders: Käse. Wir experimentierten tagelang in unserer Küche, bis wir eine Alternative dafür hatten. Das Resultat war eine vegane Alternative zu Camembert mit dem Namen „Soft White“. Er überzeugte nicht nur uns, sondern auch unsere Freunde. Sie waren es dann auch, die uns dazu ermutigten, das Produkt auf den Markt zu bringen. 

Du hast Sozialanthropologie studiert, dein Mitgründer war Bike-Profi. Wie kam es mit diesem Background doch zum eigenen  Unternehmen? 

Wir planten nie, ein Unternehmen zu gründen. Als wir an veganem Käse tüftelten und New Roots gründeten, hatten wir nicht mal einen Businessplan. Ich war für Marketing zuständig, mein Mitgründer für Produktion und Logistik. Alles war „Learning by doing“, bis wir nach einem Jahr realisierten, dass wir ohne externes Fachwissen nicht weiterkommen würden. 

 Ihr wart Mitte zwanzig und hattet wenig Berufserfahrung. Wie habt ihr notwendiges Wissen angeeignet? 

Wir hatten ja keine Ahnung, was wir taten! Also stellten wir nach einer ersten Entdeckungsphase Leute ein: Fachkräfte aus Vertrieb und Käseherstellung. Dann kam Personal im Bereich Business Development dazu. Das half uns dabei, „New Roots“ als Unternehmen selber besser zu verstehen.

Was ist das perfekte Alter, um ein Startup zu gründen? 

Das Alter ist nicht relevant; es geht um Leidenschaft. Anfangs arbeiteten wir täglich 14 Stunden lang. Ohne Begeisterung wäre das nie möglich gewesen. 

 Ihr habt als Paar gegründet – wie war das? 

Es ist schwierig, eine Liebesbeziehung mit einer Geschäftsbeziehung zu verbinden. Persönlich würde ich diese Konstellation nicht mehr wählen. Wir sind mittlerweile kein Paar mehr, ergänzen uns als Geschäftspartner aber super und haben diese Hürde gut gemeistert. 

 Welche Hindernisse habt ihr auf eurem Weg sonst noch überwunden? 

Wir haben viel Zeit investiert, um Leute zu gewinnen und wieder loszulassen. In diesem Bereich hätten wir Geld, Energie und Zeit sparen können. Eine weitere Hürde waren Vorurteile gegenüber veganen Produkten. Viele denken, dass Alternativen stark verarbeitet sind und dass sie die Käsetradition zerstören. Dabei wollen wir Traditionen ehren. 

Wie ist denn die Verarbeitungsgrad tatsächlich bei euren veganen Produkten?

Unsere Milch besteht aus Cashewnüssen und Wasser. Ansonsten arbeiten wir nach Methoden der altbewährten Käseherstellung. 

 Welche Strategien habt ihr entwickelt, um die Akzeptanz von pflanzlichen Alternativen zu fördern? 

Wir versuchen zu erklären, dass wir Käsekultur verstehen. Ich komme aus Frankreich und ass früher zu jeder Mahlzeit Käse. Heute ist mir bewusst, dass die Molkerei keine nachhaltige Industrie ist. Alternative Molkerei-Produkte haben einen besseren Einfluss auf den Planeten und das Tierwohl. Das ist nicht nur Marketing, sondern auch eine persönliche Überzeugung. 

 Welche Alternativprodukte aus eurem Sortiment sind besonders beliebt? 

Unser Weichkäse „Soft White“ ist seit Beginn das beliebteste Produkt. In Ländern mit einer Raclette-Kultur wie in der Schweiz, Frankreich und teilweise auch in Deutschland, verkaufen sich Fondue-Mischungen und Raclettekäse sehr gut. 

Wie stellt ihr sicher, dass pflanzliche Milchprodukte eine ansprechende Alternative zu traditionellen Milchprodukten sind? 

Unsere Produkte werden nie genau so schmecken, wie die ursprünglichen Produkte. Der tierische Geschmack fehlt. Doch die Fermentationskultur erlaubt es uns, nahe an das gewohnte Produkt heranzukommen. So bringen wir diesen Sommer erstmals einen Käse auf den Markt, der an einen traditionellen Schweizer Hartkäse erinnern soll. 

 Eure Produkte sind bei bekannten Detailhändlern und Restaurants erhältlich. Erfüllt dich das mit Stolz? 

Sehr! Kürzlich besuchte ich einen kleinen Laden in den Bergen und fand zufällig unseren „Soft White“ im Angebot. Da hab ich mich richtig gefreut. Egal wo ich unsere Produkte antreffe, ich spüre in mir diese starke emotionale Reaktion. 

Was war für dich die verblüffendste Entwicklung auf deinem Startup-Weg? 

Ich hätte nie erwartet, dass wir so schnell wachsen. Und auch nicht, dass die Menschen so positiv auf unsere Produkte reagieren. 70 Prozent unserer Kunden leben zwar nicht vegan, kaufen aber trotzdem mindestens eines unserer Produkte. 

Was ist die wichtigste Lektion aus deiner Gründererfahrung, die du mit anderen teilen willst?

Leidenschaft und die richtige Teamkonstellation gehören zu den wichtigsten Zutaten für deinen unternehmerischen Erfolg. Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft. Und wenn du keine unternehmerische Erfahrung hast, suche nach Menschen, die dich ergänzen. Und: arbeite an deinem Ego, denn du wirst nie in allem gut sein.

Saskia Iten Autorin Founded Startup Magazin
Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."

Saskia Iten Autorin Founded Startup Magazin
Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."