Die Krebsbekämpfung steht vor einer Revolution. Recolony hat das Potenzial spezieller Darmbakterien erkannt und entwickelt aktuell eine vielversprechende Therapie, die hohe Heilungschancen und geringe Nebenwirkungen verspricht.

Laut Schätzungen der International Agency for Research on Cancer sind im Jahr 2020 weltweit fast zehn Millionen Menschen an Krebserkrankungen gestorben. Neben Lungen- und Brustkrebs zählt Darmkrebs dabei zu den häufigsten Todesursachen. Solchen Leiden stehen wir auch heute noch relativ ohnmächtig gegenüber. Leider sind die Therapiemethoden bislang begrenzt und nicht immer wirksam, zudem bringt eine Chemotherapie belastende Nebenwirkungen mit sich. Ab sofort können wir uns aber über einen Hoffnungsträger freuen: Recolony, ein Spin-off der Universität Zürich, arbeitet derzeit an einer vielversprechenden Krebstherapie. Im Mittelpunkt stehen dabei spezielle Bakterien des Darmmikrobioms. 

Kleine Bakterien mit grossen Auswirkungen

Dr. Ana Montalban-Arques, die Gründerin von Recolony, ist auf dem Weg durch ihr Studium ihrem besonderen Interesse für Mikrobiologie und Immunologie gefolgt. Ihr Weg führte sie zu ihrem PhD-Projekt, in dem sie den Zusammenhang zwischen der Mikrobiota des Verdauungstraktes und spezifischen Magenkrankheiten untersuchte. Später fokussierte sich ihr Augenmerk auf das Darmmikrobiom und dessen Einfluss auf die Entwicklung von Krebs. Menschen besitzen unzählige körpereigene Bakterien in ihrer Darmflora, die für die allgemeine Gesundheit, das Immunsystem und den Stoffwechsel eine wesentliche Rolle spielen. Recolony bemerkte, dass bei Darmkrebspatienten eine bestimmte Bakterienart stark reduziert ist, die bei Gesunden hingegen öfter vorkommt. 

Daraus ergab sich die Erkenntnis, dass diesen Bakterien eine wichtige Fähigkeit innewohnt: Sie können das Immunsystem so aktivieren, dass es gegen Tumore ankämpfen kann. Die geplante Krebstherapie besteht somit darin, den Patienten die fehlenden Bakterien zu verabreichen, damit eine Immunantwort auf Tumore erzeugt wird. An Mäusen wurde die Therapie bereits erfolgreich getestet. Schon nach wenigen Wochen erwies sich das Medikament als wirksam. Positive Effekte konnten zudem in Versuchen mit Melanom, Lungen- und Brustkrebsmodellen festgestellt werden. Aus diesem Grund erwartet das Recolony-Team, dass die Therapie auch für diese und weitere Krebsarten effektiv sein wird. 

Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort

Die Bakterien werden den Patienten oral verabreicht. Eine Kapsel transportiert die Bakterien sicher bis zum Kolon, dem letzten Teil des Darms. Erst dort soll sie sich öffnen und ihren Inhalt freisetzen. Die Bakterien sind anaerob, sie vertragen also keinen Sauerstoff. Aktuell werden sie in einem Fermentationsprozess in grossen Mengen produziert. Nach der Produktion versetzt man sie durch Gefriertrocknen in eine Art Winterschlaf. Dabei entsteht ein Pulver, das in den Kapseln konserviert bleibt. Erst wenn die Bakterien wieder mit Wasser in Berührung kommen, erwachen sie erneut zum Leben und können ihrer Aufgabe nachgehen: das Immunsystem aktivieren und Krebs bekämpfen. 

Nun steht die erste klinische Studie vor der Tür: Sie soll die Verträglichkeit und Effizienz des Wirkstoffs beim Menschen beweisen. Bis der Wirkstoff voraussichtlich im Jahr 2030 auf den Markt kommt, müssen wir uns aber noch gedulden, denn dieser Prozess dauert aus guten Gründen seine Zeit. So können gesundheitliche Spätfolgen und andere potenzielle Risiken ermittelt und eingeschätzt werden. Nebenwirkungen hält Recolony bei der geplanten Therapie jedoch für unwahrscheinlich. Schliesslich haben wir es nicht etwa mit einer künstlich hergestellten Chemikalie zu tun, sondern mit einem Bakterium, das ohnehin im gesunden Darmmilieu heimisch ist.

Pioniere der Mikrobiomforschung

Schon bevor Ana eine Firma gründete, wurde die Forschungsarbeit von Recolony bereits mit Förderungen unterstützt, beispielsweise vom Wyss Zurich Translational Center. Das ist eine besondere Ausgangsposition für ein Projekt, das erst in den Startlöchern steckt. «Zu Beginn kann die Finanzierung eine echte Herausforderung darstellen. Umso wertvoller sind Menschen, die an deine Idee glauben. Solche zu finden war für uns wegweisend», erzählt Ana im Interview. Im Laufe des Projektes konnte das Recolony-Team den genauen Wirkmechanismus ihrer Bakterien entziffern. Die Bakterien produzieren spezielle Metaboliten, welche dann von den Immunzellen durch spezifische Rezeptoren erkannt werden können. Dies führt dazu, dass die Immunzellen aktiviert werden und diese die Krebszellen erfolgreich bekämpfen können. Recolony leistet damit Pionierarbeit im Verständnis, wie die Darmmikrobiota das Immunsystem und die Entwicklung von Krebs beeinflussen kann. «Diese Mechanismen zu verstehen, ist zentral für die erfolgreiche Entwicklung einer effektiven Krebstherapie.»

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner

Author: Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner
Innovation
Startups
Tipps
Geistiges Eigentum
Startup Ökosystem
Female Entrepreneur
Investoren & Fundraising
Interview

Die Krebsbekämpfung steht vor einer Revolution. Recolony hat das Potenzial spezieller Darmbakterien erkannt und entwickelt aktuell eine vielversprechende Therapie, die hohe Heilungschancen und geringe Nebenwirkungen verspricht.

Laut Schätzungen der International Agency for Research on Cancer sind im Jahr 2020 weltweit fast zehn Millionen Menschen an Krebserkrankungen gestorben. Neben Lungen- und Brustkrebs zählt Darmkrebs dabei zu den häufigsten Todesursachen. Solchen Leiden stehen wir auch heute noch relativ ohnmächtig gegenüber. Leider sind die Therapiemethoden bislang begrenzt und nicht immer wirksam, zudem bringt eine Chemotherapie belastende Nebenwirkungen mit sich. Ab sofort können wir uns aber über einen Hoffnungsträger freuen: Recolony, ein Spin-off der Universität Zürich, arbeitet derzeit an einer vielversprechenden Krebstherapie. Im Mittelpunkt stehen dabei spezielle Bakterien des Darmmikrobioms. 

Kleine Bakterien mit grossen Auswirkungen

Dr. Ana Montalban-Arques, die Gründerin von Recolony, ist auf dem Weg durch ihr Studium ihrem besonderen Interesse für Mikrobiologie und Immunologie gefolgt. Ihr Weg führte sie zu ihrem PhD-Projekt, in dem sie den Zusammenhang zwischen der Mikrobiota des Verdauungstraktes und spezifischen Magenkrankheiten untersuchte. Später fokussierte sich ihr Augenmerk auf das Darmmikrobiom und dessen Einfluss auf die Entwicklung von Krebs. Menschen besitzen unzählige körpereigene Bakterien in ihrer Darmflora, die für die allgemeine Gesundheit, das Immunsystem und den Stoffwechsel eine wesentliche Rolle spielen. Recolony bemerkte, dass bei Darmkrebspatienten eine bestimmte Bakterienart stark reduziert ist, die bei Gesunden hingegen öfter vorkommt. 

Daraus ergab sich die Erkenntnis, dass diesen Bakterien eine wichtige Fähigkeit innewohnt: Sie können das Immunsystem so aktivieren, dass es gegen Tumore ankämpfen kann. Die geplante Krebstherapie besteht somit darin, den Patienten die fehlenden Bakterien zu verabreichen, damit eine Immunantwort auf Tumore erzeugt wird. An Mäusen wurde die Therapie bereits erfolgreich getestet. Schon nach wenigen Wochen erwies sich das Medikament als wirksam. Positive Effekte konnten zudem in Versuchen mit Melanom, Lungen- und Brustkrebsmodellen festgestellt werden. Aus diesem Grund erwartet das Recolony-Team, dass die Therapie auch für diese und weitere Krebsarten effektiv sein wird. 

Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort

Die Bakterien werden den Patienten oral verabreicht. Eine Kapsel transportiert die Bakterien sicher bis zum Kolon, dem letzten Teil des Darms. Erst dort soll sie sich öffnen und ihren Inhalt freisetzen. Die Bakterien sind anaerob, sie vertragen also keinen Sauerstoff. Aktuell werden sie in einem Fermentationsprozess in grossen Mengen produziert. Nach der Produktion versetzt man sie durch Gefriertrocknen in eine Art Winterschlaf. Dabei entsteht ein Pulver, das in den Kapseln konserviert bleibt. Erst wenn die Bakterien wieder mit Wasser in Berührung kommen, erwachen sie erneut zum Leben und können ihrer Aufgabe nachgehen: das Immunsystem aktivieren und Krebs bekämpfen. 

Nun steht die erste klinische Studie vor der Tür: Sie soll die Verträglichkeit und Effizienz des Wirkstoffs beim Menschen beweisen. Bis der Wirkstoff voraussichtlich im Jahr 2030 auf den Markt kommt, müssen wir uns aber noch gedulden, denn dieser Prozess dauert aus guten Gründen seine Zeit. So können gesundheitliche Spätfolgen und andere potenzielle Risiken ermittelt und eingeschätzt werden. Nebenwirkungen hält Recolony bei der geplanten Therapie jedoch für unwahrscheinlich. Schliesslich haben wir es nicht etwa mit einer künstlich hergestellten Chemikalie zu tun, sondern mit einem Bakterium, das ohnehin im gesunden Darmmilieu heimisch ist.

Pioniere der Mikrobiomforschung

Schon bevor Ana eine Firma gründete, wurde die Forschungsarbeit von Recolony bereits mit Förderungen unterstützt, beispielsweise vom Wyss Zurich Translational Center. Das ist eine besondere Ausgangsposition für ein Projekt, das erst in den Startlöchern steckt. «Zu Beginn kann die Finanzierung eine echte Herausforderung darstellen. Umso wertvoller sind Menschen, die an deine Idee glauben. Solche zu finden war für uns wegweisend», erzählt Ana im Interview. Im Laufe des Projektes konnte das Recolony-Team den genauen Wirkmechanismus ihrer Bakterien entziffern. Die Bakterien produzieren spezielle Metaboliten, welche dann von den Immunzellen durch spezifische Rezeptoren erkannt werden können. Dies führt dazu, dass die Immunzellen aktiviert werden und diese die Krebszellen erfolgreich bekämpfen können. Recolony leistet damit Pionierarbeit im Verständnis, wie die Darmmikrobiota das Immunsystem und die Entwicklung von Krebs beeinflussen kann. «Diese Mechanismen zu verstehen, ist zentral für die erfolgreiche Entwicklung einer effektiven Krebstherapie.»

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner