Chronische Schmerzen sind in der heutigen Gesellschaft extrem weit verbreitet. Weltweit ist durchschnittlich jeder Fünfte davon betroffen. Soma Rem will Betroffenen mit ihrer innovativen Methode helfen. 

Jasmine Ho doktorierte bei Prof. Bigna Leggenhager zum Thema Körperwahrnehmungsforschung mit Virtual Reality (VR). Als sie am Digital Day am Hauptbahnhof Zürich zum Thema VR-Geräte im klinischen Bereich die Forschungsarbeiten präsentierte, kam es dann zum entscheidenden Erlebnis, das zu SomaRem führte. «An diesem Tag kam eine an chronischen Schmerzen leidende Frau zu mir und fragte, wo es ein solches Gerät zu kaufen gäbe. Als ich ihr erklären musste, dass zwar erste Forschungsprojekte liefen, die Arbeit bis jetzt aber nur theoretisch verlaufe, wurde mir klar, dass ich das Projekt aus der Forschung heraus in die Praxis bringen musste», so Jasmine Ho. Das Entrepreneur Fellowship der Universität Zürich unterstützt junge Forscher:innen Jasmine dabei, es von der Forschung bis zum eigenen Unternehmen zu schaffen.  

Körperwahrnehmungsstörungen entgegenwirken 

Virtual Reality wird in der Medizin schon vielerorts eingesetzt, jedoch verwendet VR oft Techniken, welche durch Fokusänderung von Schmerzen ablenken und diese so vermindern sollen. Dies hat jedoch nur in wenigen Fällen eine langanhaltende Wirkung.

Oftmals leiden Menschen mit chronischen Schmerzen unter sogenannten Körperwahrnehmungsstörungen. Sie nehmen schmerzende Körperteile anders wahr als Personen ohne ein Körperwahrnehmungsstörung. «Deshalb arbeiten wir auf der neuroplastischen Ebene, was uns von bisherigen VR-Tools unterscheidet. Wir verwenden VR nicht nur zur Ablenkung, sondern um Bewegungen auf virtuelle Körperteile des Avatars zu übertragen», erklärt Jasmine Ho, Mitgründerin von Soma Rem, im Interview. So soll eine langfristige Wirkung erzielt werden. Ihre Technologie zielt auf die Verbesserung der Körperwahrnehmung Betroffener ab, da nachgewiesen wurde, dass durch eine Verbesserung der Körperwahrnehmung auch Schmerzen gelindert werden können. Bewegt der Patient die eigene Hand, so bewegt sich auch die Hand des Avatars. Im Hirn bewirkt dies praktisch eine Verkörperung dieses Avatars, was zu einem viel stärkeren Effekt führt, als wenn nur ein Bild betrachtet wird, da die Patienten den virtuellen Körper somit stärker als eigenen wahrnehmen. Häufig sind chronische Schmerzpatienten in der Wahrnehmung ihres schmerzhaften Körpers sozusagen «gefangen», sodass sie die Wahrnehmung dieses schmerzhaften Körpers nur schwer oder auch gar nicht verändern können. Mittels visueller Anpassung des virtuellen Körpers kann eine neue Wahrnehmung des eigenen Körpers gefördert werden. Es entsteht das Gefühl, dass der Avatar der eigene Körper ist. Eine Verbesserung der Schmerzen durch verkörperte Avatare könne dadurch entstehen, dass das Hirn die visuellen und gefühlten Signale des Avatars anders verarbeitet als die Signale des eigenen physischen Körpers. Somit könnte das Hirn die Körperwahrnehmung neu interpretieren und Schmerzen lindern. 

Aktuelle Studie zeigt erste Erfolge der VR-Therapie

Fokussiert hat sich Soma Rem auf Arten von chronischen Krankheiten, welche Körperwahrnehmungsstörungen bewirken. Zurzeit findet eine Studie mit Patienten statt, welche von CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom) der Arme betroffen sind. Oft fühlen sich diese stark schmerzende Arme der Patienten als verzerrt oder geschwollen an. Mittels VR kann der Patient dann zwischen verschiedenen Körperillusionen wählen, wie der Arm virtuell verändert werden soll: Dehnen/Schrumpfen des Arms, Transparenz des Avatar-Armes, eine Farbillusion zur Farbe Blau, was durch die kalte Farbe vor allem bei Hitze und Geschwollenheitsgefühlen helfen kann. Die laufende Studie zeigt bereits Erfolge. Ein als geschwollen wahrgenommener Arm kann beispielsweise nach der Stretching-Illusion wieder als beweglicher empfunden werden. 

Erste Erfolge mit neuer Technik

Das Startup könnte vielen Patienten mit dieser neuen Technologie helfen. «Es gibt verschiedene Ansätze und Möglichkeiten, wie unsere Methode helfen kann. Unser Ziel ist es, eine Schmerzlinderung mittels einer Verbesserung der Körperwahrnehmung zu erzielen. Ein erster wichtiger Schritt ist somit eine Veränderung der Körperwahrnehmung im Patienten zu sehen, auch wenn eine Schmerzlinderung vielleicht anfangs noch nicht sichtbar ist», erklärt Jasmine. Teils seien die Schmerzen beispielsweise so gross, dass der Arm nicht mehr als der eigene wahrgenommen werde. Patienten haben bereits nach einigen Minuten VR-Therapie den Arm als viel integrierter wahrgenommen. Die Normalisierung des Körpergefühls sei ein erster Schritt, um Schmerzen behandeln zu können. Ihren grössten Erfolg konnte Soma Rem bei einem Patienten mit eingeschientem Arm erzielen, der unter ständigem Schmerz litt. Soma Rem konnte ihm mit ihrer Technologie innerhalb von vier Sitzungen helfen, dass er grösstenteils schmerzfrei und wieder ohne Schiene arbeiten konnte. 

Doch die VR-Technologie birgt auch ihre Tücken. Für den einfachen Gebrauch zuhause ist die Technologie noch nicht genug ausgereift. Jasmine bedauert: «Wir können die Brillen nicht einfach vorprogrammieren, sondern erfassen den Körper und bilden ihn nach. Mit der Oculus Quest 2 Brille, welche wir derzeit verwenden, funktioniert das Tracking der Hände ziemlich gut, schneidet diese jedoch leider beim Handgelenk ab. Für unsere Applikation hingegen brauchen wir den ganzen Körper, nicht nur die Hände».

Zusammenarbeit für die Zukunft

Um ihre Technologie noch wirksamer zu machen, strebt Soma Rem in Zukunft eine Zusammenarbeit mit einem anderen Biotech-Startup der Universität Zürich an, welches sich vor allem mit neuroplastischen Medikamenten beschäftigt. In weiteren Studien wollen sie herausfinden, ob durch eine Kombination von VR mit solchen Substanzen die positiven Effekte der Therapie verstärkt werden können. Durch Weiterentwicklungen beispielsweise im Bereich der «serious games» könnte die Technologie auch bei Kindern sehr gut eingesetzt werden. Damit steht das Startup jedoch erst am Anfang einer Geschichte mit viel Erfolgspotential.  

Author: Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."
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Chronische Schmerzen sind in der heutigen Gesellschaft extrem weit verbreitet. Weltweit ist durchschnittlich jeder Fünfte davon betroffen. Soma Rem will Betroffenen mit ihrer innovativen Methode helfen. 

Jasmine Ho doktorierte bei Prof. Bigna Leggenhager zum Thema Körperwahrnehmungsforschung mit Virtual Reality (VR). Als sie am Digital Day am Hauptbahnhof Zürich zum Thema VR-Geräte im klinischen Bereich die Forschungsarbeiten präsentierte, kam es dann zum entscheidenden Erlebnis, das zu SomaRem führte. «An diesem Tag kam eine an chronischen Schmerzen leidende Frau zu mir und fragte, wo es ein solches Gerät zu kaufen gäbe. Als ich ihr erklären musste, dass zwar erste Forschungsprojekte liefen, die Arbeit bis jetzt aber nur theoretisch verlaufe, wurde mir klar, dass ich das Projekt aus der Forschung heraus in die Praxis bringen musste», so Jasmine Ho. Das Entrepreneur Fellowship der Universität Zürich unterstützt junge Forscher:innen Jasmine dabei, es von der Forschung bis zum eigenen Unternehmen zu schaffen.  

Körperwahrnehmungsstörungen entgegenwirken 

Virtual Reality wird in der Medizin schon vielerorts eingesetzt, jedoch verwendet VR oft Techniken, welche durch Fokusänderung von Schmerzen ablenken und diese so vermindern sollen. Dies hat jedoch nur in wenigen Fällen eine langanhaltende Wirkung.

Oftmals leiden Menschen mit chronischen Schmerzen unter sogenannten Körperwahrnehmungsstörungen. Sie nehmen schmerzende Körperteile anders wahr als Personen ohne ein Körperwahrnehmungsstörung. «Deshalb arbeiten wir auf der neuroplastischen Ebene, was uns von bisherigen VR-Tools unterscheidet. Wir verwenden VR nicht nur zur Ablenkung, sondern um Bewegungen auf virtuelle Körperteile des Avatars zu übertragen», erklärt Jasmine Ho, Mitgründerin von Soma Rem, im Interview. So soll eine langfristige Wirkung erzielt werden. Ihre Technologie zielt auf die Verbesserung der Körperwahrnehmung Betroffener ab, da nachgewiesen wurde, dass durch eine Verbesserung der Körperwahrnehmung auch Schmerzen gelindert werden können. Bewegt der Patient die eigene Hand, so bewegt sich auch die Hand des Avatars. Im Hirn bewirkt dies praktisch eine Verkörperung dieses Avatars, was zu einem viel stärkeren Effekt führt, als wenn nur ein Bild betrachtet wird, da die Patienten den virtuellen Körper somit stärker als eigenen wahrnehmen. Häufig sind chronische Schmerzpatienten in der Wahrnehmung ihres schmerzhaften Körpers sozusagen «gefangen», sodass sie die Wahrnehmung dieses schmerzhaften Körpers nur schwer oder auch gar nicht verändern können. Mittels visueller Anpassung des virtuellen Körpers kann eine neue Wahrnehmung des eigenen Körpers gefördert werden. Es entsteht das Gefühl, dass der Avatar der eigene Körper ist. Eine Verbesserung der Schmerzen durch verkörperte Avatare könne dadurch entstehen, dass das Hirn die visuellen und gefühlten Signale des Avatars anders verarbeitet als die Signale des eigenen physischen Körpers. Somit könnte das Hirn die Körperwahrnehmung neu interpretieren und Schmerzen lindern. 

Aktuelle Studie zeigt erste Erfolge der VR-Therapie

Fokussiert hat sich Soma Rem auf Arten von chronischen Krankheiten, welche Körperwahrnehmungsstörungen bewirken. Zurzeit findet eine Studie mit Patienten statt, welche von CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom) der Arme betroffen sind. Oft fühlen sich diese stark schmerzende Arme der Patienten als verzerrt oder geschwollen an. Mittels VR kann der Patient dann zwischen verschiedenen Körperillusionen wählen, wie der Arm virtuell verändert werden soll: Dehnen/Schrumpfen des Arms, Transparenz des Avatar-Armes, eine Farbillusion zur Farbe Blau, was durch die kalte Farbe vor allem bei Hitze und Geschwollenheitsgefühlen helfen kann. Die laufende Studie zeigt bereits Erfolge. Ein als geschwollen wahrgenommener Arm kann beispielsweise nach der Stretching-Illusion wieder als beweglicher empfunden werden. 

Erste Erfolge mit neuer Technik

Das Startup könnte vielen Patienten mit dieser neuen Technologie helfen. «Es gibt verschiedene Ansätze und Möglichkeiten, wie unsere Methode helfen kann. Unser Ziel ist es, eine Schmerzlinderung mittels einer Verbesserung der Körperwahrnehmung zu erzielen. Ein erster wichtiger Schritt ist somit eine Veränderung der Körperwahrnehmung im Patienten zu sehen, auch wenn eine Schmerzlinderung vielleicht anfangs noch nicht sichtbar ist», erklärt Jasmine. Teils seien die Schmerzen beispielsweise so gross, dass der Arm nicht mehr als der eigene wahrgenommen werde. Patienten haben bereits nach einigen Minuten VR-Therapie den Arm als viel integrierter wahrgenommen. Die Normalisierung des Körpergefühls sei ein erster Schritt, um Schmerzen behandeln zu können. Ihren grössten Erfolg konnte Soma Rem bei einem Patienten mit eingeschientem Arm erzielen, der unter ständigem Schmerz litt. Soma Rem konnte ihm mit ihrer Technologie innerhalb von vier Sitzungen helfen, dass er grösstenteils schmerzfrei und wieder ohne Schiene arbeiten konnte. 

Doch die VR-Technologie birgt auch ihre Tücken. Für den einfachen Gebrauch zuhause ist die Technologie noch nicht genug ausgereift. Jasmine bedauert: «Wir können die Brillen nicht einfach vorprogrammieren, sondern erfassen den Körper und bilden ihn nach. Mit der Oculus Quest 2 Brille, welche wir derzeit verwenden, funktioniert das Tracking der Hände ziemlich gut, schneidet diese jedoch leider beim Handgelenk ab. Für unsere Applikation hingegen brauchen wir den ganzen Körper, nicht nur die Hände».

Zusammenarbeit für die Zukunft

Um ihre Technologie noch wirksamer zu machen, strebt Soma Rem in Zukunft eine Zusammenarbeit mit einem anderen Biotech-Startup der Universität Zürich an, welches sich vor allem mit neuroplastischen Medikamenten beschäftigt. In weiteren Studien wollen sie herausfinden, ob durch eine Kombination von VR mit solchen Substanzen die positiven Effekte der Therapie verstärkt werden können. Durch Weiterentwicklungen beispielsweise im Bereich der «serious games» könnte die Technologie auch bei Kindern sehr gut eingesetzt werden. Damit steht das Startup jedoch erst am Anfang einer Geschichte mit viel Erfolgspotential.