Marcel Dobler, Nationalrat FDP und Mitgründer von Digitec Galaxus, ist einer von wenigen Unternehmern im Bundesparlament. Durch seine unternehmerischen Erfahrungen hat er auf jeden Fall genug Ideen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen zu erleichtern. Und darüber sprechen wir – nebst vielem anderen.
Herr Dobler, wieso sind Startups wichtig für die Schweiz?
Grosse Firmen tun sich oft schwer mit grossen Innovationen, denn Grossunternehmen müssten eigene Innovationen von Anfang an in komplexe und langsame Unternehmensstrukturen und IT-Systeme einbinden, um sie zu testen. Das blockiert den Prozess. Hier kommen Startups zum Zug, deren Innovationen von Grossunternehmen zugekauft werden können, nachdem die Startups frei von Ballast ihre Ideen verwirklichen und vergleichsweise rasch vorwärtstreiben konnten. Ausserdem entstehen viele Startups in Zeiten der Veränderung, denn Veränderungen – wie etwa der Digitalisierung – ergeben stets Chancen für neue Ideen. Ausserdem schaffen Startups wichtige Arbeitsplätze.
Was ist für Sie eigentlich ein Startup?
Für mich ist ein Startup ein Unternehmen, das jünger als fünf Jahre ist und eine Vision hat. Im Grunde geht es ja darum, eine Firma hochzufahren und im Markt zu etablieren. Aber auch ein neuer Coiffeur-Salon ist eigentlich ein Startup.
Andere würden das anders definieren …
Ja, eine Startup-Definition zu finden, die in jeden Kontext und jede Branche passt ist eine Herausforderung. Gerade bei einer parlamentarischen Initiative von mir hat sich das einmal mehr gezeigt. Da ging es darum, dass Arbeitnehmende in Startups mit Firmenbeteiligungen von der Arbeitszeiterfassung befreit werden können.
Wieso wollen Sie, dass Startup-Gründer:innen ihre Arbeitszeit nicht erfassen müssen?
Gründerinnen und Gründer und oftmals auch wertvolle Arbeitnehmende sind am Startup beteiligt. Sie entscheiden sich mit der Firmenbeteiligung bewusst dafür, weniger Geld in Form von einem Basislohn zu verdienen, dafür aber an der Wertzunahme der Firma zu profitieren. Die tieferen Löhne befähigen Startups in der schwierigen Startphase, mit tieferen und planbaren Lohnkosten vorwärtszukommen und so länger mit den Investorengeldern zu wirtschaften. Das macht es Startups einfacher, effizient und mit unternehmerisch denkendem Personal zu starten. Ich kenne kein erfolgreiches Startup, bei welchem das Schlüsselpersonal von 9 bis 5 arbeitet.
Welche anderen Startup-Themen sind auf dem politischen Parkett aktuell?
Es sind immer die gleichen Themen, die auf den Tisch kommen. Erstens die Steuern. Das Problem hier ist, dass bei Startups der Firmenwert sehr hoch eingeschätzt wird, während das Jungunternehmen noch Verluste schreibt und die Gründer sich noch keinen oder nur einen symbolischen Lohn ausbezahlen. Dann sollen sie für die Firmenanteile Steuerbeiträge bezahlen, die nicht vorhanden sind. Dem Startup wird so wichtiges Startkapital entzogen.
Zweitens?
Die Fachkräfte. Schweizer Universitäten bilden auch Personen aus Drittstaaten – also ausserhalb der EU – auf hohem Niveau aus. Wenn diese die ETH oder Uni abschliessen, dürfen sie aber nicht in der Schweiz arbeiten. Das betrifft ungefähr 2’000 Personen pro Jahr. Ihr Know-how geht der Schweiz einfach verloren. Und oft ist es Wissen, das in Startups benötigt wird, oder es sind Personen, die mit diesem Wissen in der Schweiz ein Unternehmen gründen würden. Ich finde, wer in der Schweiz sein Studium erfolgreich abschliesst, soll hier arbeiten dürfen, auch wenn man aus einem Drittstaat kommt. Dieser Vorstoss ist übrigens durch beide Räte durchgekommen. Noch vor den Sommerferien sollte er in die Vernehmlassung gehen.
Sie klingen, als gäbe es da noch was?
Die digitale Firmengründung. Heute kann man die Firmengründung zwar online beantragen, alles elektronisch ausfüllen, danach muss man aber alles ausdrucken und physisch einreichen, nur damit es dort wieder eingescannt werden kann. Dann brauchen die Behörden zwei Wochen, um die Unterlagen zu prüfen und das kostet die Gründenden viel. Mit Easygov wurde zwar ein One-stop-shop gebaut und der ist eine klare Verbesserung, hat aber gigantisches Verbesserungspotenzial. Der Gründungsprozess muss in der Schweiz verbessert werden.
Was würde die Gründung noch vereinfachen?
Es müsste eine zentrale Stelle geben, die das gesamte Angebot für Firmengründungen und Startups zusammenfasst. Ich habe gerade bei meiner neuesten Gründung erlebt, dass man sich von verschiedenen Stellen Infos zusammenkratzen muss. Als Startup sollte man sich auf seinen Business Case fokussieren können und nicht von Anfang an mit unnötigem administrativen Aufwand belastet werden. Ohne diese zentrale Informationsstelle hilft nur das richtige Netzwerk, um dennoch schnell an die richtigen Informationen zu gelangen, aber das hat ja nicht jeder. Für mich ist eine solche Gründerplattform ein Thema, das von Innosuisse angegangen werden müsste, finanziert vom Bund.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie Rahmenbedingungen für Startups politisch verbessern wollen?
Wenn man die Rahmenbedingungen für Startups verbessern will, muss man allgemein Firmengründungen erleichtern und sicherstellen, dass es keine unnötigen Hürden gibt, um seine eigene Idee umzusetzen. Bevor ich aber ein neues Thema aufbringe, das zur Förderung von Startups und Unternehmertum beitragen soll, investiere ich viel Zeit in Abklärungen, um Gründe zu ermitteln, warum das Thema vielleicht doch nicht funktioniert. Von etwa drei Vorstossideen reiche ich dann meist nur noch eines ein, dafür habe ich eine sehr hohe Erfolgsquote und belaste die Verwaltung nicht unnötig.
In Ihrer Erfahrung: Wie gut verstehen Parlamentarier die Wichtigkeit von Unternehmertum und Startups?
Das Verständnis hängt davon ab, wie nah man am Thema ist und was man schon erlebt hat. Ich kenne aus eigener Erfahrung jeden Schritt, jedes Problem von Unternehmern und Startup-Gründern von 0 bis 500 Mitarbeiter. Im Parlament sind diese Erfahrungen rar. Viele haben zwar ein offenes Ohr, aber der Aufklärungsbedarf ist da. Ausserdem herrscht im linken Parteispektrum leider oft die politische Grundhaltung, dass jeder Unternehmer und jede Unternehmerin ein potentieller «Abzocker» ist. Aber um Steuern zu bezahlen, muss man ja Gewinn erwirtschaften. Löhne und Dividenden ausbezahlen ist ebenfalls erst möglich, wenn es auf der Business-Ebene funktioniert. Jeder der schon bei einem Startup dabei war, weiss um die grosse Herausforderung, überhaupt Gewinn zu erwirtschaften.
Dann bräuchte es mehr Unternehmer:innen im Bundesparlament?
Ja, aber ich verstehe, warum es so wenige hat, denn ein solches Amt ist sehr zeitintensiv. Wenn man alle Sessionen und die regulären Ferienwochen zusammenzählt, sind es 21 Wochen Abwesenheit im Unternehmen. Das ist für Geschäftsführer nicht tragbar, ausser sie haben eine Stellvertretung. Ich bin aus diesem Grund auch erst nach meinem Ausstieg bei Digitec Galaxus in die Politik eingestiegen, weil ich erst dann die Zeit dafür hatte.
Wenn ein Startup einer Hürde begegnet, die politische Veränderung braucht: Wie soll es vorgehen?
Dann soll das Startup erst einmal einen Weg finden, um das Problem zu umgehen oder selbst zu lösen. Denn bis die Politik etwas ändert vergehen Jahre. Diese Zeit hat ein Startup nicht. Wichtig ist aber auch Probleme Politikern wie mir mitzuteilen, damit wir etwas machen können.
Haben Sie noch einen weiteren Rat an Startup-Gründerinnen und Gründer?
In der Schweiz haben wir eine Nulltoleranz in der Fehlerkultur. Man muss jedoch Fehler machen, um daraus lernen zu können – gerade als Unternehmensgründer. Wichtig dabei ist aber, dass man möglichst kostengünstig scheitert. Überlege immer, wie du das Risiko minimieren kannst. Ein Beispiel: Bei Digitec Galaxus haben wir uns überlegt, die Gleichtageslieferung beziehungsweise die Abendlieferung einzuführen. Dazu haben wir ein Experiment gemacht, das wir nur in einem Postleitzahlenbereich durchgeführt haben. So haben wir mit verhältnismässig tiefen Kosten schnell herausgefunden, dass die Kunden nicht bereit sind, die effektiven Selbstkosten für diesen Service zu bezahlen. Es gilt also stets günstig und effizient zu scheitern.
Gibt es etwas, das Sie rückblickend beim Aufbau von Digitec anders machen würden?
Wenn ich nochmals jung wäre, würde ich wohl diverse Fehler beim Personal nicht mehr machen. Ich habe gelernt, wie wichtig Know-how in diesem Bereich ist und entsprechende Hilfe zu holen, um ein wachsendes Team stabil aufzubauen. Es sind die Leute hinter dem Unternehmen, die die Vision ermöglichen und ein Startup zum Erfolg führen. Deshalb ist der Aufbau eines gut aufgestellten Teams absolut zentral.
Welchen «Skill» sollten (Startup-)Unternehmerinnen und Unternehmer haben?
Ehrliche Selbstreflexion ist enorm wichtig. Du musst erkennen können, wo du Stärken und Schwächen hast, damit du dir für diese Aufgaben und Bereiche Hilfe holen kannst. Wenn du meinst, du kannst alles, dann holst du dir keine Hilfe und stehst dir damit selbst im Weg. Klar, am Anfang muss man möglichst vieles selbst machen. Aber es ist sehr wertvoll, zu wissen, in welchen Bereichen – als bald als finanziell möglich – Wissen zugekauft oder Personal eingestellt werden sollte und in welchen Bereichen man selbst am meisten bewirken kann.
Bei welchem Startup wären Sie gerne dabei gewesen?
Amorana. Die Gründer kamen früh auf mich zu und eine Zusammenarbeit war ein Thema. Ich wusste, dass es ein Riesenerfolg wird und trotzdem habe ich aus purer Feigheit abgelehnt, weil ich frisch als Nationalrat gewählt wurde. Und das war ein grosser Fehler, den ich etwas bereue. Ich finde sie haben das hervorragend gemacht. Ich dachte damals, dass ich als Politiker keine Sex-Toys verkaufen könnte.
Was wollen Sie als Nächstes tun?
Bei mir gilt: Ich mache es richtig oder gar nicht. Aus zeitlichen Gründen suche ich im Moment nicht nach neuen Projekten. Ausserdem bin ich gerade an einem neuen Startup mit einem Kollegen, weil ich Lust habe, wieder operativ an einer Vision zu arbeiten.
Über diese Startup-Idee können Sie noch nicht sprechen. Wann erfahren wir etwas dazu?
Im Sommer 2022.
Über Marcel Dobler
Marcel René Dobler ist Gründungsmitglied des Unternehmens Digitec und war während 13 Jahren dessen CEO. Er ist Miteigentümer und Verwaltungsratspräsident von Franz Carl Weber und seit 2015 ist er Mitglied des Nationalrats.
Marcel Dobler, Nationalrat FDP und Mitgründer von Digitec Galaxus, ist einer von wenigen Unternehmern im Bundesparlament. Durch seine unternehmerischen Erfahrungen hat er auf jeden Fall genug Ideen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen zu erleichtern. Und darüber sprechen wir – nebst vielem anderen.
Herr Dobler, wieso sind Startups wichtig für die Schweiz?
Grosse Firmen tun sich oft schwer mit grossen Innovationen, denn Grossunternehmen müssten eigene Innovationen von Anfang an in komplexe und langsame Unternehmensstrukturen und IT-Systeme einbinden, um sie zu testen. Das blockiert den Prozess. Hier kommen Startups zum Zug, deren Innovationen von Grossunternehmen zugekauft werden können, nachdem die Startups frei von Ballast ihre Ideen verwirklichen und vergleichsweise rasch vorwärtstreiben konnten. Ausserdem entstehen viele Startups in Zeiten der Veränderung, denn Veränderungen – wie etwa der Digitalisierung – ergeben stets Chancen für neue Ideen. Ausserdem schaffen Startups wichtige Arbeitsplätze.
Was ist für Sie eigentlich ein Startup?
Für mich ist ein Startup ein Unternehmen, das jünger als fünf Jahre ist und eine Vision hat. Im Grunde geht es ja darum, eine Firma hochzufahren und im Markt zu etablieren. Aber auch ein neuer Coiffeur-Salon ist eigentlich ein Startup.
Andere würden das anders definieren …
Ja, eine Startup-Definition zu finden, die in jeden Kontext und jede Branche passt ist eine Herausforderung. Gerade bei einer parlamentarischen Initiative von mir hat sich das einmal mehr gezeigt. Da ging es darum, dass Arbeitnehmende in Startups mit Firmenbeteiligungen von der Arbeitszeiterfassung befreit werden können.
Wieso wollen Sie, dass Startup-Gründer:innen ihre Arbeitszeit nicht erfassen müssen?
Gründerinnen und Gründer und oftmals auch wertvolle Arbeitnehmende sind am Startup beteiligt. Sie entscheiden sich mit der Firmenbeteiligung bewusst dafür, weniger Geld in Form von einem Basislohn zu verdienen, dafür aber an der Wertzunahme der Firma zu profitieren. Die tieferen Löhne befähigen Startups in der schwierigen Startphase, mit tieferen und planbaren Lohnkosten vorwärtszukommen und so länger mit den Investorengeldern zu wirtschaften. Das macht es Startups einfacher, effizient und mit unternehmerisch denkendem Personal zu starten. Ich kenne kein erfolgreiches Startup, bei welchem das Schlüsselpersonal von 9 bis 5 arbeitet.
Welche anderen Startup-Themen sind auf dem politischen Parkett aktuell?
Es sind immer die gleichen Themen, die auf den Tisch kommen. Erstens die Steuern. Das Problem hier ist, dass bei Startups der Firmenwert sehr hoch eingeschätzt wird, während das Jungunternehmen noch Verluste schreibt und die Gründer sich noch keinen oder nur einen symbolischen Lohn ausbezahlen. Dann sollen sie für die Firmenanteile Steuerbeiträge bezahlen, die nicht vorhanden sind. Dem Startup wird so wichtiges Startkapital entzogen.
Zweitens?
Die Fachkräfte. Schweizer Universitäten bilden auch Personen aus Drittstaaten – also ausserhalb der EU – auf hohem Niveau aus. Wenn diese die ETH oder Uni abschliessen, dürfen sie aber nicht in der Schweiz arbeiten. Das betrifft ungefähr 2’000 Personen pro Jahr. Ihr Know-how geht der Schweiz einfach verloren. Und oft ist es Wissen, das in Startups benötigt wird, oder es sind Personen, die mit diesem Wissen in der Schweiz ein Unternehmen gründen würden. Ich finde, wer in der Schweiz sein Studium erfolgreich abschliesst, soll hier arbeiten dürfen, auch wenn man aus einem Drittstaat kommt. Dieser Vorstoss ist übrigens durch beide Räte durchgekommen. Noch vor den Sommerferien sollte er in die Vernehmlassung gehen.
Sie klingen, als gäbe es da noch was?
Die digitale Firmengründung. Heute kann man die Firmengründung zwar online beantragen, alles elektronisch ausfüllen, danach muss man aber alles ausdrucken und physisch einreichen, nur damit es dort wieder eingescannt werden kann. Dann brauchen die Behörden zwei Wochen, um die Unterlagen zu prüfen und das kostet die Gründenden viel. Mit Easygov wurde zwar ein One-stop-shop gebaut und der ist eine klare Verbesserung, hat aber gigantisches Verbesserungspotenzial. Der Gründungsprozess muss in der Schweiz verbessert werden.
Was würde die Gründung noch vereinfachen?
Es müsste eine zentrale Stelle geben, die das gesamte Angebot für Firmengründungen und Startups zusammenfasst. Ich habe gerade bei meiner neuesten Gründung erlebt, dass man sich von verschiedenen Stellen Infos zusammenkratzen muss. Als Startup sollte man sich auf seinen Business Case fokussieren können und nicht von Anfang an mit unnötigem administrativen Aufwand belastet werden. Ohne diese zentrale Informationsstelle hilft nur das richtige Netzwerk, um dennoch schnell an die richtigen Informationen zu gelangen, aber das hat ja nicht jeder. Für mich ist eine solche Gründerplattform ein Thema, das von Innosuisse angegangen werden müsste, finanziert vom Bund.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie Rahmenbedingungen für Startups politisch verbessern wollen?
Wenn man die Rahmenbedingungen für Startups verbessern will, muss man allgemein Firmengründungen erleichtern und sicherstellen, dass es keine unnötigen Hürden gibt, um seine eigene Idee umzusetzen. Bevor ich aber ein neues Thema aufbringe, das zur Förderung von Startups und Unternehmertum beitragen soll, investiere ich viel Zeit in Abklärungen, um Gründe zu ermitteln, warum das Thema vielleicht doch nicht funktioniert. Von etwa drei Vorstossideen reiche ich dann meist nur noch eines ein, dafür habe ich eine sehr hohe Erfolgsquote und belaste die Verwaltung nicht unnötig.
In Ihrer Erfahrung: Wie gut verstehen Parlamentarier die Wichtigkeit von Unternehmertum und Startups?
Das Verständnis hängt davon ab, wie nah man am Thema ist und was man schon erlebt hat. Ich kenne aus eigener Erfahrung jeden Schritt, jedes Problem von Unternehmern und Startup-Gründern von 0 bis 500 Mitarbeiter. Im Parlament sind diese Erfahrungen rar. Viele haben zwar ein offenes Ohr, aber der Aufklärungsbedarf ist da. Ausserdem herrscht im linken Parteispektrum leider oft die politische Grundhaltung, dass jeder Unternehmer und jede Unternehmerin ein potentieller «Abzocker» ist. Aber um Steuern zu bezahlen, muss man ja Gewinn erwirtschaften. Löhne und Dividenden ausbezahlen ist ebenfalls erst möglich, wenn es auf der Business-Ebene funktioniert. Jeder der schon bei einem Startup dabei war, weiss um die grosse Herausforderung, überhaupt Gewinn zu erwirtschaften.
Dann bräuchte es mehr Unternehmer:innen im Bundesparlament?
Ja, aber ich verstehe, warum es so wenige hat, denn ein solches Amt ist sehr zeitintensiv. Wenn man alle Sessionen und die regulären Ferienwochen zusammenzählt, sind es 21 Wochen Abwesenheit im Unternehmen. Das ist für Geschäftsführer nicht tragbar, ausser sie haben eine Stellvertretung. Ich bin aus diesem Grund auch erst nach meinem Ausstieg bei Digitec Galaxus in die Politik eingestiegen, weil ich erst dann die Zeit dafür hatte.
Wenn ein Startup einer Hürde begegnet, die politische Veränderung braucht: Wie soll es vorgehen?
Dann soll das Startup erst einmal einen Weg finden, um das Problem zu umgehen oder selbst zu lösen. Denn bis die Politik etwas ändert vergehen Jahre. Diese Zeit hat ein Startup nicht. Wichtig ist aber auch Probleme Politikern wie mir mitzuteilen, damit wir etwas machen können.
Haben Sie noch einen weiteren Rat an Startup-Gründerinnen und Gründer?
In der Schweiz haben wir eine Nulltoleranz in der Fehlerkultur. Man muss jedoch Fehler machen, um daraus lernen zu können – gerade als Unternehmensgründer. Wichtig dabei ist aber, dass man möglichst kostengünstig scheitert. Überlege immer, wie du das Risiko minimieren kannst. Ein Beispiel: Bei Digitec Galaxus haben wir uns überlegt, die Gleichtageslieferung beziehungsweise die Abendlieferung einzuführen. Dazu haben wir ein Experiment gemacht, das wir nur in einem Postleitzahlenbereich durchgeführt haben. So haben wir mit verhältnismässig tiefen Kosten schnell herausgefunden, dass die Kunden nicht bereit sind, die effektiven Selbstkosten für diesen Service zu bezahlen. Es gilt also stets günstig und effizient zu scheitern.
Gibt es etwas, das Sie rückblickend beim Aufbau von Digitec anders machen würden?
Wenn ich nochmals jung wäre, würde ich wohl diverse Fehler beim Personal nicht mehr machen. Ich habe gelernt, wie wichtig Know-how in diesem Bereich ist und entsprechende Hilfe zu holen, um ein wachsendes Team stabil aufzubauen. Es sind die Leute hinter dem Unternehmen, die die Vision ermöglichen und ein Startup zum Erfolg führen. Deshalb ist der Aufbau eines gut aufgestellten Teams absolut zentral.
Welchen «Skill» sollten (Startup-)Unternehmerinnen und Unternehmer haben?
Ehrliche Selbstreflexion ist enorm wichtig. Du musst erkennen können, wo du Stärken und Schwächen hast, damit du dir für diese Aufgaben und Bereiche Hilfe holen kannst. Wenn du meinst, du kannst alles, dann holst du dir keine Hilfe und stehst dir damit selbst im Weg. Klar, am Anfang muss man möglichst vieles selbst machen. Aber es ist sehr wertvoll, zu wissen, in welchen Bereichen – als bald als finanziell möglich – Wissen zugekauft oder Personal eingestellt werden sollte und in welchen Bereichen man selbst am meisten bewirken kann.
Bei welchem Startup wären Sie gerne dabei gewesen?
Amorana. Die Gründer kamen früh auf mich zu und eine Zusammenarbeit war ein Thema. Ich wusste, dass es ein Riesenerfolg wird und trotzdem habe ich aus purer Feigheit abgelehnt, weil ich frisch als Nationalrat gewählt wurde. Und das war ein grosser Fehler, den ich etwas bereue. Ich finde sie haben das hervorragend gemacht. Ich dachte damals, dass ich als Politiker keine Sex-Toys verkaufen könnte.
Was wollen Sie als Nächstes tun?
Bei mir gilt: Ich mache es richtig oder gar nicht. Aus zeitlichen Gründen suche ich im Moment nicht nach neuen Projekten. Ausserdem bin ich gerade an einem neuen Startup mit einem Kollegen, weil ich Lust habe, wieder operativ an einer Vision zu arbeiten.
Über diese Startup-Idee können Sie noch nicht sprechen. Wann erfahren wir etwas dazu?
Im Sommer 2022.
Über Marcel Dobler
Marcel René Dobler ist Gründungsmitglied des Unternehmens Digitec und war während 13 Jahren dessen CEO. Er ist Miteigentümer und Verwaltungsratspräsident von Franz Carl Weber und seit 2015 ist er Mitglied des Nationalrats.