Sancofa hilft Lebensmittelbetrieben mit ihrer KI-Lösung «Prognos» Bestellmengen optimal zu planen, Retouren zu senken und Food Waste deutlich zu reduzieren. Im Interview erzählen die Gründer Thomas Rohn und Jürgen Heiss, wie aus einer Marktlücke ein eigenständiges Business wurde, warum Geduld und Vertrieb wichtiger waren als Investoren und wie KI den Alltag in Bäckereien verändert.
Was hat euch angetrieben, sancofa zu gründen?
Thomas: Wir kommen beide aus der Softwarebranche und hatten schon früh Berührungspunkte mit Prognosetechnologien. Im Food-Bereich – speziell bei Frischwaren – gab es damals eine grosse Lücke. Es gab schlicht keine anwenderfreundliche Lösung, die wirklich die Bedürfnisse der Bäckereien oder Konditoreien abdeckte. Uns war schnell klar: Hier besteht ein enormer Bedarf. Und gleichzeitig hat es uns gereizt, etwas Eigenes aufzubauen.
Was genau wollt ihr mit eurer KI-getriebenen Softwarelösung verändern?
Jürgen: Wir wollen Prozesse automatisieren, um Unternehmen resilienter und effizienter zu machen. Gerade im Detailhandel ist Fachkräftemangel ein grosses Thema. Oft erledigen angelernte Kräfte komplexe Bestellungen – da schleichen sich Fehler ein, die teuer werden können. Unsere Lösung entlastet die Mitarbeitenden, reduziert Fehlerquellen und macht Betriebe wettbewerbsfähiger.
Ihr nutzt KI seit 2011 – seid ihr damit einer der ersten Anbieter im Bereich Supply-Chain-KI in der Schweiz gewesen?
Thomas: In unserer Nische, ja. Es gab schon Supply-Chain-Lösungen, allerdings keine, die sich auf frische, schnell verderbliche Waren spezialisiert hat. Wir waren damals mit dem Begriff «künstliche Intelligenz» sehr vorsichtig – er war für viele eher abschreckend als verheissungsvoll. Vertrauen mussten wir Schritt für Schritt aufbauen, bei den Entscheidungsträgern genauso wie bei den Mitarbeitenden in den Filialen.
Wie hat sich eure KI-Lösung seit der Gründung weiterentwickelt? Welche technologischen Meilensteine gab es?
Jürgen: Ein entscheidender Meilenstein war die Umstellung von einer On-Premise- auf eine Cloud-Lösung. Früher wurde unsere Software direkt beim Kunden installiert – heute läuft alles zentral und viel effizienter. Ebenso wichtig war die Einführung eines User Interface. Bis dahin war unsere Lösung eine «Black Box»: Man musste den Prognosen einfach vertrauen. Mit der Visualisierung haben wir Transparenz geschaffen – und damit die Akzeptanz massiv erhöht. Die Kunden sehen heute, auf welcher Basis Prognosen entstehen, und können so auch nachvollziehen, warum bestimmte Bestellungen vorgeschlagen werden.
Gibt es konkrete Beispiele, inwiefern eure Lösung Prognos zur Nachhaltigkeit beiträgt – ökonomisch und ökologisch?
Jürgen: In erster Linie geht es unseren Kunden um Wirtschaftlichkeit. Das Regal muss voll sein, denn Regallücken können Umsatzeinbussen verursachen. Präzise Bestellvorhersagen sorgen nicht nur dafür, dass das richtige Produkt zur richtigen Zeit im richtigen Regal liegt – sie wirken sich auch auf die Produktion aus. Nehmen wir das Beispiel Bäckereien: Ein Kuchen, der mit grossem handwerklichem Aufwand produziert wird, soll nicht am Abend unverkauft entsorgt werden. Mit unseren Prognosen können Betriebe die Mengen besser steuern – das spart nicht nur Rohstoffe, sondern auch Arbeitszeit. Durch eine vorausschauende Produktionsplanung hat es einer unserer Kunden geschafft, Nachtschichten nahezu vollständig abzuschaffen. Unsere Software hilft auch bei der Sortimentsbereinigung. So erkennen Unternehmen, welche Produkte sich lohnen und welche nicht. Und auch das ist ein Punkt: Der Einkauf kauft kostengünstiger Zutaten ein, wenn die KI frühzeitig Prognosen machen kann.
Thomas: Hinzu kommt der ökologische Effekt: Wenn Waren nicht mehr zwischen Filialen hin- und hergefahren werden müssen, reduziert das automatisch CO₂-Emissionen. Ein optimal gesteuertes Ordermanagement bedeutet weniger Fahrten, weniger Nachlieferungen und einen kleineren Footprint. All diese Punkte führen auch dazu, dass das Bäckerhandwerk bei jungen Leuten wieder attraktiver wird.
Eure Lösung berücksichtigt Daten wie Wetter, Feiertage oder Retouren. Wie wichtig sind solche internen und externen Daten für die Prognosequalität?
Thomas: Daten sind das A und O. Ohne Daten keine Prognose. Wetter, Feiertage, Ferien, Öffnungszeiten sogar Baustellen oder Umleitungen können den Absatz beeinflussen. Je mehr relevante Daten wir einbeziehen, desto genauer wird das System. Wir unterscheiden zwischen Filial-bezogenen Daten und zentralen Daten, wie zum Beispiel Saisonales.
Wohin soll sich sancofa in den nächsten Jahren entwickeln?
Jürgen: Technologisch sind wir sehr gut aufgestellt. Deshalb liegt der Fokus jetzt auf Internationalisierung. Wir sehen ein enormes Potenzial jenseits der europäischen Grenzen.
Ihr seid ohne grosse Investoren gewachsen. Welche Vorteile hatte das?
Rohn: Wir sind eigenfinanziert gestartet – ein klassisches Bootstrapping. Später hat einer unserer ersten Kunden so stark an uns geglaubt, dass er Anteile übernommen hat. Heute hält er fünf Prozent. Diese Unabhängigkeit war und ist ein riesiger Vorteil: Wir können schnell entscheiden, brauchen keine Rücksprache mit Investoren und bleiben unserer Linie treu.
Heiss: Unsere Kunden haben das immer geschätzt. Gerade im B2B-Bereich schafft es Vertrauen, wenn ein Unternehmen nicht von Investoren getrieben wird, die auf einen schnellen Exit drängen. Wir wollen ein solides, langfristiges Business aufbauen – kein Strohfeuer.
Welchen Rat würdet ihr jungen Gründerinnen und Gründern geben, die mit KI ein eigenes Business aufbauen wollen?
Thomas: Es braucht Geduld und einen langen Atem. Man stellt sich vieles einfacher vor, als es ist. Prozesse dauern oft länger, als man denkt. Bei der Finanzierung lohnt es sich, querzudenken: Abseits der klassischen Pfade entstehen oft überraschend gute Lösungen.
Jürgen: Und den Vertrieb nicht vernachlässigen. Gerade bei KI geht es um Vertrauen, und das baut man nur auf, wenn man nah am Kunden ist und seine Probleme löst. Partnerschaften können ein wichtiger Hebel sein – wir haben mit OEM-Partnerschaften sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber man muss immer prüfen, ob es wirklich passt.
Dir hat der Artikel gefallen?
Dann wirf doch auch einen Blick auf unseren letzten Beitrag – viel Spass beim lesen!
FOUNDED
Videoformat
“23 Questions mit…”
In unserem neuen Format stellen wir Gründerinnen, Gründern oder Teammitgliedern 23 Fragen in einem One-Take – während wir durch die Firma gehen. Kein Skript, kein Cut, kein Studio. Nur echtes Startup-Leben.
23 Questions mit Pascal Rode – AVEA.
Sancofa hilft Lebensmittelbetrieben mit ihrer KI-Lösung «Prognos» Bestellmengen optimal zu planen, Retouren zu senken und Food Waste deutlich zu reduzieren. Im Interview erzählen die Gründer Thomas Rohn und Jürgen Heiss, wie aus einer Marktlücke ein eigenständiges Business wurde, warum Geduld und Vertrieb wichtiger waren als Investoren und wie KI den Alltag in Bäckereien verändert.
Was hat euch angetrieben, sancofa zu gründen?
Thomas: Wir kommen beide aus der Softwarebranche und hatten schon früh Berührungspunkte mit Prognosetechnologien. Im Food-Bereich – speziell bei Frischwaren – gab es damals eine grosse Lücke. Es gab schlicht keine anwenderfreundliche Lösung, die wirklich die Bedürfnisse der Bäckereien oder Konditoreien abdeckte. Uns war schnell klar: Hier besteht ein enormer Bedarf. Und gleichzeitig hat es uns gereizt, etwas Eigenes aufzubauen.
Was genau wollt ihr mit eurer KI-getriebenen Softwarelösung verändern?
Jürgen: Wir wollen Prozesse automatisieren, um Unternehmen resilienter und effizienter zu machen. Gerade im Detailhandel ist Fachkräftemangel ein grosses Thema. Oft erledigen angelernte Kräfte komplexe Bestellungen – da schleichen sich Fehler ein, die teuer werden können. Unsere Lösung entlastet die Mitarbeitenden, reduziert Fehlerquellen und macht Betriebe wettbewerbsfähiger.
Ihr nutzt KI seit 2011 – seid ihr damit einer der ersten Anbieter im Bereich Supply-Chain-KI in der Schweiz gewesen?
Thomas: In unserer Nische, ja. Es gab schon Supply-Chain-Lösungen, allerdings keine, die sich auf frische, schnell verderbliche Waren spezialisiert hat. Wir waren damals mit dem Begriff «künstliche Intelligenz» sehr vorsichtig – er war für viele eher abschreckend als verheissungsvoll. Vertrauen mussten wir Schritt für Schritt aufbauen, bei den Entscheidungsträgern genauso wie bei den Mitarbeitenden in den Filialen.
Wie hat sich eure KI-Lösung seit der Gründung weiterentwickelt? Welche technologischen Meilensteine gab es?
Jürgen: Ein entscheidender Meilenstein war die Umstellung von einer On-Premise- auf eine Cloud-Lösung. Früher wurde unsere Software direkt beim Kunden installiert – heute läuft alles zentral und viel effizienter. Ebenso wichtig war die Einführung eines User Interface. Bis dahin war unsere Lösung eine «Black Box»: Man musste den Prognosen einfach vertrauen. Mit der Visualisierung haben wir Transparenz geschaffen – und damit die Akzeptanz massiv erhöht. Die Kunden sehen heute, auf welcher Basis Prognosen entstehen, und können so auch nachvollziehen, warum bestimmte Bestellungen vorgeschlagen werden.
Gibt es konkrete Beispiele, inwiefern eure Lösung Prognos zur Nachhaltigkeit beiträgt – ökonomisch und ökologisch?
Jürgen: In erster Linie geht es unseren Kunden um Wirtschaftlichkeit. Das Regal muss voll sein, denn Regallücken können Umsatzeinbussen verursachen. Präzise Bestellvorhersagen sorgen nicht nur dafür, dass das richtige Produkt zur richtigen Zeit im richtigen Regal liegt – sie wirken sich auch auf die Produktion aus. Nehmen wir das Beispiel Bäckereien: Ein Kuchen, der mit grossem handwerklichem Aufwand produziert wird, soll nicht am Abend unverkauft entsorgt werden. Mit unseren Prognosen können Betriebe die Mengen besser steuern – das spart nicht nur Rohstoffe, sondern auch Arbeitszeit. Durch eine vorausschauende Produktionsplanung hat es einer unserer Kunden geschafft, Nachtschichten nahezu vollständig abzuschaffen. Unsere Software hilft auch bei der Sortimentsbereinigung. So erkennen Unternehmen, welche Produkte sich lohnen und welche nicht. Und auch das ist ein Punkt: Der Einkauf kauft kostengünstiger Zutaten ein, wenn die KI frühzeitig Prognosen machen kann.
Thomas: Hinzu kommt der ökologische Effekt: Wenn Waren nicht mehr zwischen Filialen hin- und hergefahren werden müssen, reduziert das automatisch CO₂-Emissionen. Ein optimal gesteuertes Ordermanagement bedeutet weniger Fahrten, weniger Nachlieferungen und einen kleineren Footprint. All diese Punkte führen auch dazu, dass das Bäckerhandwerk bei jungen Leuten wieder attraktiver wird.
Eure Lösung berücksichtigt Daten wie Wetter, Feiertage oder Retouren. Wie wichtig sind solche internen und externen Daten für die Prognosequalität?
Thomas: Daten sind das A und O. Ohne Daten keine Prognose. Wetter, Feiertage, Ferien, Öffnungszeiten sogar Baustellen oder Umleitungen können den Absatz beeinflussen. Je mehr relevante Daten wir einbeziehen, desto genauer wird das System. Wir unterscheiden zwischen Filial-bezogenen Daten und zentralen Daten, wie zum Beispiel Saisonales.
Wohin soll sich sancofa in den nächsten Jahren entwickeln?
Jürgen: Technologisch sind wir sehr gut aufgestellt. Deshalb liegt der Fokus jetzt auf Internationalisierung. Wir sehen ein enormes Potenzial jenseits der europäischen Grenzen.
Ihr seid ohne grosse Investoren gewachsen. Welche Vorteile hatte das?
Rohn: Wir sind eigenfinanziert gestartet – ein klassisches Bootstrapping. Später hat einer unserer ersten Kunden so stark an uns geglaubt, dass er Anteile übernommen hat. Heute hält er fünf Prozent. Diese Unabhängigkeit war und ist ein riesiger Vorteil: Wir können schnell entscheiden, brauchen keine Rücksprache mit Investoren und bleiben unserer Linie treu.
Heiss: Unsere Kunden haben das immer geschätzt. Gerade im B2B-Bereich schafft es Vertrauen, wenn ein Unternehmen nicht von Investoren getrieben wird, die auf einen schnellen Exit drängen. Wir wollen ein solides, langfristiges Business aufbauen – kein Strohfeuer.
Welchen Rat würdet ihr jungen Gründerinnen und Gründern geben, die mit KI ein eigenes Business aufbauen wollen?
Thomas: Es braucht Geduld und einen langen Atem. Man stellt sich vieles einfacher vor, als es ist. Prozesse dauern oft länger, als man denkt. Bei der Finanzierung lohnt es sich, querzudenken: Abseits der klassischen Pfade entstehen oft überraschend gute Lösungen.
Jürgen: Und den Vertrieb nicht vernachlässigen. Gerade bei KI geht es um Vertrauen, und das baut man nur auf, wenn man nah am Kunden ist und seine Probleme löst. Partnerschaften können ein wichtiger Hebel sein – wir haben mit OEM-Partnerschaften sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber man muss immer prüfen, ob es wirklich passt.
Dir hat der Artikel gefallen?
Dann wirf doch auch einen Blick auf unseren letzten Beitrag – viel Spass beim lesen!


