In der Schweiz gilt viel Selbstbewusstsein schnell als Übermut. Doch Pascal Uffer, Co-Founder und CEO von Boost inc, weiss: Wer gewinnen will, muss sich das Ziel auch zutrauen. Mit Boost inc bringt er Bewegung in einen Markt, der lange stillstand. Und selbst eine Krebsdiagnose bremst ihn nicht aus.

Mit Boostbar habt ihr ursprünglich in der Schweiz ein Verpflegungsautomaten-Business gestartet, ähnlich wie es Selecta seit Jahrzehnten mit Getränken und Snacks oder FELFEL mit Mahlzeiten machen. Warum seid ihr in diesen trägen und Hardware-intensiven Markt eingestiegen?

Genau das macht’s spannend. Der Markt für unbemannte Verpflegung ist riesig – 1 Milliarde Franken allein in der Schweiz, 70 Milliarden global – und er wächst weiter: Die Welt braucht Alternativen zu bemannten Konzepten wie zum Beispiel Kantinen. Mit unserer jahrelangen Industrieerfahrung und den neuen, technischen Möglichkeiten sahen wir die einmalige Gelegenheit, unbemannte Verpflegung von Grund auf neu zu denken – und so Geschäftsmodelle und Konzepte einzuführen, die besser, günstiger, einfacher sind als das Bestehende. Wichtig ist mir zu sagen, dass unser Schweizer Verpflegungskonzept Boostbar heute nur noch knapp 40 Prozent unseres Geschäfts ausmacht. Den Grossteil unserer Umsätze erwirtschaften wir als Boost inc mit dem Vertrieb unserer Technologie. 

Woher kommt deine Selbstsicherheit im Zusammenhang mit Boost inc?

Mit Boost inc sind wir in einem Markt vertreten, den kaum jemand so gut kennt wie unser Team. Ich war ja zuvor COO bei Selecta, dem führenden Vending-Operator in Europa ,und konnte so ein tiefes Verständnis dafür aufbauen, wie die Branche funktioniert und welche Technologie es braucht, damit bestehende Player sie einsetzen können. In dieser Ausgangslage fühlte ich mich siegessicher. Und wenn du als Führungsperson so sehr daran glaubst, dann glauben es auch die Leute um dich herum es ist eine positive Spirale.

Du bist nicht nur siegessicher, sondern machst auch kein Geheimnis um die Pläne mit Boost inc. Wird diese Transparenz manchmal auch gefährlich?

Darüber streiten wir oft. Ich glaube an extreme Transparenz: Sie beschleunigt Rückmeldungen aus dem Markt und führt mindestens genauso oft dazu, dass Mitbewerber unseren Plänen ausweichen, statt sie zu kopieren. Und auch wenn wir kopiert werden: Am Ende gewinnt die bessere Ausführung.  

Und da ist auch noch ein ganz anderer Aspekt: Einem Markt wie unserem sind wirbelnde, unberechenbare Spieler nicht geheuer. Die Transparenz hilft uns auch gegenüber unseren Partnern und Kunden, trotz unseres Tempos als zuverlässiger und berechenbarer Partner aufzutreten. 

Ihr wollt führender Anbieter im 21. Jahrhundert sein und bleiben. Wie könnt ihr euren Vorsprung noch über Generationen hinweg sicherstellen?

Langfristig zählt nur eines: das Team und die Kultur. Seit unserer Gründung mitten in der  COVID-Krise konnten wir bereits sehr früh talentierte Köpfe aus der Industrie und darüber hinaus für uns gewinnen. Damit haben wir uns in den vergangenen Jahren einen Vorsprung erarbeitet, den wir nicht mehr aus der Hand geben werden. Viele kleine, lokale Wettbewerber sind in den letzten zwei Jahren bereits verschwunden. Wir sind in Europa bereits grösser als der globale Marktführer, ein US-Player mit einer Milliardenbewertung. Wir haben also ein Fundament aufgebaut, das man in Kürze – selbst mit viel Private Equity im Rücken – nicht aufholen kann.

Du betonst immer wieder das «Dream Team» hinter Boost inc. Welche Eigenschaften machen den Unterschied?

Es braucht das Play to win-Mindset und eine Entschlossenheit, erfolgreich sein zu wollen – als Person, als Team, als Firma. Crazy Genies, sprich leicht verrückte Talente, müssen sich hier wohlfühlen und entfalten können. Das Ganze muss aber mit guten Werten und einem Verständnis für “was ist richtig, was ist falsch” einhergehen. Ich glaube, auch eine gewisse Naivität ist gut. 

Naivität im Business? Wie meinst du das?

Naivität kann eine Stärke sein. Zum Beispiel, wenn du etwas wagst, das andere für total verrückt halten. Ein Investor von einem Wettbewerber hat einmal zu mir gesagt: «You know what scares everyone? You look like a bunch of kids playing Monopoly.» Was er damit meinte: Wir hatten keine Angst, waren ehrgeizig – eben naiv. Bei uns ist es auch so, wenn wir etwas verlieren, spüren wir 30 Sekunden Frust, dann geht’s weiter.

Ein Investor von einem Wettbewerber hat einmal zu mir gesagt: «You know what scares everyone? You look like a bunch of kids playing Monopoly.»

Was hat dein Mindset im Laufe deiner Startup-Journey am meisten geprägt?

Für mich war der Haupttreiber, dass ich einfach gerne gewinne. Ich bin bei allem, was ich mache, gerne kompetitiv dabei und gehe voll rein. Insofern hat das Startup-Leben von Anfang an zu mir gepasst. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich stark verändern musste.

Was mir beim Aufbau der eigenen Firma aber noch einmal mehr bewusst geworden ist, ist die Wichtigkeit der richtigen Leute im Team. Es macht einen riesigen Unterschied zwischen einer Besetzung, die okay ist, und einer Besetzung, die wirklich gut ist. Deshalb ist auch die Entscheidung, gewisse Leute wieder gehen zu lassen, extrem wichtig.

Als du zwei Jahre nach der Gründung die Krebsdiagnose erhalten hast, was für Gedanken gingen dir durch den Kopf?

Aus Filmen kennt man, dass Betroffene von Krebsdiagnosen aufhören zu arbeiten und auf Weltreise gehen. Die Realität ist aber anders, weil man wie weiss, wie lange man doch noch lebt: Die Diagnose prognostizierte sechs Monate bis zehn Jahre Lebenszeit – das ist eine riesige Spannweite. Nur weil das Leben nach der Diagnose kürzer wirkt, muss man doch nicht alles aufgeben. Das würde ja suggerieren, dass man mit seinem Leben nicht glücklich war und es nur so lebte, weil man sich darin gefangen sah?

Man könnte auch sagen, ich habe gemacht, was die meisten Unternehmer gut machen: Keine Energie an Dinge verschwenden, die man nicht ändern kann

Nur weil das Leben nach der Diagnose kürzer wirkt, muss man doch nicht alles aufgeben.

Welche Tipps würdest du anderen Gründenden mitgeben?

Als Erstes, wenn du etwas startest, mach es nur, wenn du erklären kannst, was dein Vorteil gegenüber anderen Gründerinnen und Gründen ist, die mit der gleichen Idee starten. Schaue dich nach Opportunitäten in Feldern um, wo du einen sogenannten unfair advantage hast. 

Dann stelle sicher, dass du hundertprozentiges Commitment hast. Aus der Entdeckungsfahrt gibt es die Redewendung von «man muss das Schiff verbrennen, damit man nicht zurück kann». Man muss sich eine Situation schaffen, in der der einzige Weg nach vorne ist, weil das automatisch das nötige Commitment schafft.

Und vergiss nicht, dass das richtige Umfeld entscheidend ist. Wenn du keine Familie, Freunde oder eine Partnerin oder einen Partner hast, die hinter dir stehen, geht es nicht. Ausserdem musst du die Möglichkeit haben, finanziell zu überbrücken und ohne oder wenig Lohn auszukommen.

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Alyssia Kugler
"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."

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In der Schweiz gilt viel Selbstbewusstsein schnell als Übermut. Doch Pascal Uffer, Co-Founder und CEO von Boost inc, weiss: Wer gewinnen will, muss sich das Ziel auch zutrauen. Mit Boost inc bringt er Bewegung in einen Markt, der lange stillstand. Und selbst eine Krebsdiagnose bremst ihn nicht aus.

Mit Boostbar habt ihr ursprünglich in der Schweiz ein Verpflegungsautomaten-Business gestartet, ähnlich wie es Selecta seit Jahrzehnten mit Getränken und Snacks oder FELFEL mit Mahlzeiten machen. Warum seid ihr in diesen trägen und Hardware-intensiven Markt eingestiegen?

Genau das macht’s spannend. Der Markt für unbemannte Verpflegung ist riesig – 1 Milliarde Franken allein in der Schweiz, 70 Milliarden global – und er wächst weiter: Die Welt braucht Alternativen zu bemannten Konzepten wie zum Beispiel Kantinen. Mit unserer jahrelangen Industrieerfahrung und den neuen, technischen Möglichkeiten sahen wir die einmalige Gelegenheit, unbemannte Verpflegung von Grund auf neu zu denken – und so Geschäftsmodelle und Konzepte einzuführen, die besser, günstiger, einfacher sind als das Bestehende. Wichtig ist mir zu sagen, dass unser Schweizer Verpflegungskonzept Boostbar heute nur noch knapp 40 Prozent unseres Geschäfts ausmacht. Den Grossteil unserer Umsätze erwirtschaften wir als Boost inc mit dem Vertrieb unserer Technologie. 

Woher kommt deine Selbstsicherheit im Zusammenhang mit Boost inc?

Mit Boost inc sind wir in einem Markt vertreten, den kaum jemand so gut kennt wie unser Team. Ich war ja zuvor COO bei Selecta, dem führenden Vending-Operator in Europa ,und konnte so ein tiefes Verständnis dafür aufbauen, wie die Branche funktioniert und welche Technologie es braucht, damit bestehende Player sie einsetzen können. In dieser Ausgangslage fühlte ich mich siegessicher. Und wenn du als Führungsperson so sehr daran glaubst, dann glauben es auch die Leute um dich herum es ist eine positive Spirale.

Du bist nicht nur siegessicher, sondern machst auch kein Geheimnis um die Pläne mit Boost inc. Wird diese Transparenz manchmal auch gefährlich?

Darüber streiten wir oft. Ich glaube an extreme Transparenz: Sie beschleunigt Rückmeldungen aus dem Markt und führt mindestens genauso oft dazu, dass Mitbewerber unseren Plänen ausweichen, statt sie zu kopieren. Und auch wenn wir kopiert werden: Am Ende gewinnt die bessere Ausführung.  

Und da ist auch noch ein ganz anderer Aspekt: Einem Markt wie unserem sind wirbelnde, unberechenbare Spieler nicht geheuer. Die Transparenz hilft uns auch gegenüber unseren Partnern und Kunden, trotz unseres Tempos als zuverlässiger und berechenbarer Partner aufzutreten. 

Ihr wollt führender Anbieter im 21. Jahrhundert sein und bleiben. Wie könnt ihr euren Vorsprung noch über Generationen hinweg sicherstellen?

Langfristig zählt nur eines: das Team und die Kultur. Seit unserer Gründung mitten in der  COVID-Krise konnten wir bereits sehr früh talentierte Köpfe aus der Industrie und darüber hinaus für uns gewinnen. Damit haben wir uns in den vergangenen Jahren einen Vorsprung erarbeitet, den wir nicht mehr aus der Hand geben werden. Viele kleine, lokale Wettbewerber sind in den letzten zwei Jahren bereits verschwunden. Wir sind in Europa bereits grösser als der globale Marktführer, ein US-Player mit einer Milliardenbewertung. Wir haben also ein Fundament aufgebaut, das man in Kürze – selbst mit viel Private Equity im Rücken – nicht aufholen kann.

Du betonst immer wieder das «Dream Team» hinter Boost inc. Welche Eigenschaften machen den Unterschied?

Es braucht das Play to win-Mindset und eine Entschlossenheit, erfolgreich sein zu wollen – als Person, als Team, als Firma. Crazy Genies, sprich leicht verrückte Talente, müssen sich hier wohlfühlen und entfalten können. Das Ganze muss aber mit guten Werten und einem Verständnis für “was ist richtig, was ist falsch” einhergehen. Ich glaube, auch eine gewisse Naivität ist gut. 

Naivität im Business? Wie meinst du das?

Naivität kann eine Stärke sein. Zum Beispiel, wenn du etwas wagst, das andere für total verrückt halten. Ein Investor von einem Wettbewerber hat einmal zu mir gesagt: «You know what scares everyone? You look like a bunch of kids playing Monopoly.» Was er damit meinte: Wir hatten keine Angst, waren ehrgeizig – eben naiv. Bei uns ist es auch so, wenn wir etwas verlieren, spüren wir 30 Sekunden Frust, dann geht’s weiter.

Ein Investor von einem Wettbewerber hat einmal zu mir gesagt: «You know what scares everyone? You look like a bunch of kids playing Monopoly.»

Was hat dein Mindset im Laufe deiner Startup-Journey am meisten geprägt?

Für mich war der Haupttreiber, dass ich einfach gerne gewinne. Ich bin bei allem, was ich mache, gerne kompetitiv dabei und gehe voll rein. Insofern hat das Startup-Leben von Anfang an zu mir gepasst. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich stark verändern musste.

Was mir beim Aufbau der eigenen Firma aber noch einmal mehr bewusst geworden ist, ist die Wichtigkeit der richtigen Leute im Team. Es macht einen riesigen Unterschied zwischen einer Besetzung, die okay ist, und einer Besetzung, die wirklich gut ist. Deshalb ist auch die Entscheidung, gewisse Leute wieder gehen zu lassen, extrem wichtig.

Als du zwei Jahre nach der Gründung die Krebsdiagnose erhalten hast, was für Gedanken gingen dir durch den Kopf?

Aus Filmen kennt man, dass Betroffene von Krebsdiagnosen aufhören zu arbeiten und auf Weltreise gehen. Die Realität ist aber anders, weil man wie weiss, wie lange man doch noch lebt: Die Diagnose prognostizierte sechs Monate bis zehn Jahre Lebenszeit – das ist eine riesige Spannweite. Nur weil das Leben nach der Diagnose kürzer wirkt, muss man doch nicht alles aufgeben. Das würde ja suggerieren, dass man mit seinem Leben nicht glücklich war und es nur so lebte, weil man sich darin gefangen sah?

Man könnte auch sagen, ich habe gemacht, was die meisten Unternehmer gut machen: Keine Energie an Dinge verschwenden, die man nicht ändern kann

Nur weil das Leben nach der Diagnose kürzer wirkt, muss man doch nicht alles aufgeben.

Welche Tipps würdest du anderen Gründenden mitgeben?

Als Erstes, wenn du etwas startest, mach es nur, wenn du erklären kannst, was dein Vorteil gegenüber anderen Gründerinnen und Gründen ist, die mit der gleichen Idee starten. Schaue dich nach Opportunitäten in Feldern um, wo du einen sogenannten unfair advantage hast. 

Dann stelle sicher, dass du hundertprozentiges Commitment hast. Aus der Entdeckungsfahrt gibt es die Redewendung von «man muss das Schiff verbrennen, damit man nicht zurück kann». Man muss sich eine Situation schaffen, in der der einzige Weg nach vorne ist, weil das automatisch das nötige Commitment schafft.

Und vergiss nicht, dass das richtige Umfeld entscheidend ist. Wenn du keine Familie, Freunde oder eine Partnerin oder einen Partner hast, die hinter dir stehen, geht es nicht. Ausserdem musst du die Möglichkeit haben, finanziell zu überbrücken und ohne oder wenig Lohn auszukommen.

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