Daniel Gutenberg ist einer der erfolgreichsten Startup-Investoren der Schweiz und bei bekannten «Startups» wie Facebook, Airbnb und DeepL investiert. Wie er die vielversprechendsten Startups für seine Investments sucht, verrät er uns im Interview.
Klär uns bitte kurz auf: Was ist ein Soonicorn und wieso bezeichnest du dich als Soonicorn-Farmer?
Soonicorns sind Startups, die in weniger als zehn Jahren einen Wert von einer Milliarde erreichen, dann bekannt als Unicorns. Ich suche also Firmen, die noch kein Unicorn sind, wenn ich investiere, danach aber diesen Status erreichen könnten. Als Soonicorn-Farmer heisst das, dass ich einschätzen muss, welche Startups über dieses Potenzial verfügen. Die Bezeichnung «Farmer» finde ich insofern sehr passend, als dass ich mit meinem Investment den Samen pflanzen kann.
Worauf achtest du, um zu evaluieren, ob du in ein Startup investierst bzw. ob es ein Unicorn werden kann?
Etwa 80 Prozent meiner Entscheidung sind abhängig vom CEO. Der oder die CEO muss sein Umfeld begeistern können. Es geht mir also nicht um den Track Record, sondern um die Persönlichkeit. Zum Beispiel war der Gründer von SumUp erst 20 Jahre alt und überzeugte mit seiner Person, nicht mit seinem CV. Bei meiner Investmententscheidung sind nur je zehn Prozent vom Produkt und vom Markt abhängig. Und ich fokussiere mich nicht auf eine Branche.
Braucht es mehr Unicorns in der Schweiz?
Ja, das täte unserem Land gut. Unicorns kreieren Arbeitsplätze, prägen unsere Zukunft und tragen zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dass es in der Schweiz weniger Unicorns gibt, liegt auch daran, dass es in der Schweiz zu wenig «Soonicorn CEOs» gibt. Dies hat mit unserer Kultur zu tun: Wir sind vorsichtig in jeder Hinsicht, auch bei der Selbstvermarktung. Wir könnten mehr Unicorns begünstigen, indem wir bei Universitäten davon wegkommen, dass der Fokus so stark auf der
Wissenschaft liegt und mehr Wert darauf gelegt wird, dass die Innovation auch unter die Leute gebracht wird. Ausserdem sollten wir in der Schweiz unsere Startup-Champions besser feiern. Beides kommt langsam auf, aber es könnte schneller gehen.
Ist es einfacher oder schwieriger geworden, eine Firma aufzubauen und zu verkaufen?
Es ist einfacher geworden, Geld zu finden. Ausserdem kann man heutzutage alles selbst machen mit einem Computer und dank Zugang zu einem globalen Markt für Verkauf, aber auch für Talente. Ich bin sicher, in den nächsten paar Jahren wird es erste Unicorns von One-Man-Shows geben.
Wieso ist es trotzdem so schwierig und aufwändig, Fundraising zu betreiben?
Ab der Series B wird es in der Schweiz tatsächlich schwierig, Geld zu finden. Aber für Seed- und Series- A-Finanzierungsrunden gibt es mehr Geld als gute Ideen. Bei richtig guten Ideen wird man als Investor sogar zum Bittsteller und muss sich sein Investment erkämpfen. Natürlich kommen sehr viele Startups auf mich zu und bitten um Geld. Doch bei den richtig guten Unternehmen muss ich mich in die Schlange der Interessenten einreihen und werde manchmal auch abgewiesen.
Wie oft kommt es vor, dass du um Investments kämpfen musst und was spricht für dich als Investor?
Da ich sehr wählerisch bin, sind die Investments, die ich tätigen möchte, die Besten der Besten und entsprechend auch bei anderen
Investoren von Interesse. Dass ich für ein Investment kämpfen muss, passiert somit etwa bei jedem zweiten Fall. Deshalb ist es wichtig, sich als Investor einen Namen zu machen. Was für mich spricht, ist, dass ich helfen kann, ein Konglomerat zusammenzustellen, andere Investoren einzuschätzen und den CEO mit meinen eigenen unternehmerischen Erfahrungen von der Gründung bis zum Verkauf der Firma zu coachen.
Du sagst: «Raise as much money as you can». Was ist deine Meinung zu bootstrapped Startups?
Ich finde das super und habe absolute Hochachtung vor diesen Leuten. Meine Firma war übrigens auch bootstrapped. Jedoch ist es nicht bei jedem Startup möglich, die Idee ohne Investoren umzusetzen. Es gilt: Wenn du schon auf Investorensuche bist, dann richtig. Das Ziel sollte sein, dass du möglichst lange ohne weiteres Fundraising auskommst und den Aufwand dafür möglichst lange nicht mehr auf dich nehmen musst.
Startups wird geraten, eine Beziehung zu Investoren aufzubauen, bevor sie auf Geldsuche sind. Hast du Tipps dafür?
Das Vertrauen der Investoren in das Startup ist viel grösser, wenn man sich dreimal in drei Jahren trifft als fünfmal in drei Wochen. Es braucht Zeit, ist aber extrem wichtig und darf einen dennoch nicht von der Produktentwicklung abhalten. Als CEO muss man versuchen, mit allen möglichen Investoren in einem guten Austausch zu sein. Dies kann auch per E-Mail sein. Ich finde zum Beispiel Investoren-Newsletter gut. Diese können gerne auch kurz und knackig daherkommen, das brauchen keine riesigen Berichte zu sein. Dann weiss man, wie sich das Startup entwickeln.
Du giltst als einer der erfolgreichsten Schweizer Startup-Investoren: Was machst du anders oder besser als andere Investoren?
Ich schaue mir vermutlich mehr Startups an als andere: schätzungsweise über tausend Startups pro Jahr und das seit 1994. Ich tätige dann aber nur sechs Investments, bei denen ich dafür bis zu zehn und mehr Jahre dabei sein kann. Da ich so viele Startups anschaue, habe ich eine sehr gute Übersicht über Konkurrenten, kann ähnliche Ideen vergleichen und dann in den besten Case investieren. Ausserdem habe ich eine effiziente Vorgehensweise entwickelt: Ich treffe niemanden und vereinbare auch keine Telefongespräche, bevor ich nicht einen Businessplan erhalten habe. Ich würde behaupten, ich bin der schnellste «Businessplan-Zerreisser» aller Zeiten, wodurch ich die zahlreichen Anfragen schnell aussortieren kann. Mir ist es ausserdem wichtig, dass ich keine zu grossen Shares annehme und wir down rounds, also weitere Finanzierungsrunden bei tieferem Firmenwert, vermeiden können. Wenn nötig helfe ich, die Fundraising-Runde zu schliessen, indem ich Freunde zusammenbringe, die mitinvestieren. Ein gutes Konglomerat ist schliesslich ausschlaggebend.
Es braucht eine Mischung aus dem richtigen Know-how, Netzwerk, Vertrauen untereinander – man sollte sich in schwierigen Zeiten nicht im Stich lassen – und tiefen Taschen, sodass man im Notfall auch Geld nachschiessen könnte.
Was für Learnings hast du als Unternehmer gemacht, die du «deinen» Startups weitergibst?
Ich habe gelernt, wie wichtig ein «Mission Statement» ist: Man muss sich als Gründer im Klaren sein, was man macht und jeder einzelne Mitarbeitende muss das genauso klar wissen. Ausserdem wird die Wichtigkeit von PR meist unterschätzt.
Und was für Learnings hast du als Investor gemacht, die du mit anderen Startup-Investoren teilen kannst?
Erstens kann man bei Startup Investments Geld verlieren, ohne dass jemand daran Schuld hat: Weder hat der Gründer einen Fehler gemacht noch war die Selektion des Investments falsch. Zweitens zahlt es sich aus, den Markt genau zu kennen und sich tausende Startups anzuschauen. So kann man schnell wachsende Business Cases erkennen. Drittens sollte man nicht auf Industrieexperten hören, sondern genau das Gegenteil davon tun, was sie sagen. Man konnte über zehn Jahre zuschauen, wie sich etablierte Autobauer gegen Elektromobilität ausgesprochen haben, sie sahen sich ja als Experten für Autos mit Verbrennungsmotoren. Sie denken, sie würden als Erste merken, wenn etwas Neues nachgefragt wird, aber wenn man ein funktionierendes Produkt hat, ist man blind dafür.
Du bist transparent über deine Investments und darüber, welche sich gelohnt haben oder auch nicht …
Ja, wichtig ist die Betonung darauf, welche sich in meinem spezifischen Fall gelohnt oder nicht gelohnt haben. Investments waren beispielsweise deshalb nicht gut für mich, weil ich im Nachhinein merken musste, dass ich zu früh ausgestiegen bin. Zum Beispiel bei der Gaming Firma Zynga oder bei Hybris.
Was denkst du, worin würden deine Kinder investieren?
Sie sind jetzt Teenager und haben tatsächlich Accounts für kleinere Investitionen bekommen. Sie investieren beispielsweise in Bitcoin,
Tesla, Paramount oder auch OrCam, ein Startup, welches Produkte für Menschen mit Dyslexie entwickelt. Sie interessieren sich auch stark dafür, worin ich investiere. Zum Beispiel sind sie Fans von Dropz und konnten schon Schulkollegen davon überzeugen.
Daniel Gutenberg ist einer der erfolgreichsten Startup-Investoren der Schweiz und bei bekannten «Startups» wie Facebook, Airbnb und DeepL investiert. Wie er die vielversprechendsten Startups für seine Investments sucht, verrät er uns im Interview.
Klär uns bitte kurz auf: Was ist ein Soonicorn und wieso bezeichnest du dich als Soonicorn-Farmer?
Soonicorns sind Startups, die in weniger als zehn Jahren einen Wert von einer Milliarde erreichen, dann bekannt als Unicorns. Ich suche also Firmen, die noch kein Unicorn sind, wenn ich investiere, danach aber diesen Status erreichen könnten. Als Soonicorn-Farmer heisst das, dass ich einschätzen muss, welche Startups über dieses Potenzial verfügen. Die Bezeichnung «Farmer» finde ich insofern sehr passend, als dass ich mit meinem Investment den Samen pflanzen kann.
Worauf achtest du, um zu evaluieren, ob du in ein Startup investierst bzw. ob es ein Unicorn werden kann?
Etwa 80 Prozent meiner Entscheidung sind abhängig vom CEO. Der oder die CEO muss sein Umfeld begeistern können. Es geht mir also nicht um den Track Record, sondern um die Persönlichkeit. Zum Beispiel war der Gründer von SumUp erst 20 Jahre alt und überzeugte mit seiner Person, nicht mit seinem CV. Bei meiner Investmententscheidung sind nur je zehn Prozent vom Produkt und vom Markt abhängig. Und ich fokussiere mich nicht auf eine Branche.
Braucht es mehr Unicorns in der Schweiz?
Ja, das täte unserem Land gut. Unicorns kreieren Arbeitsplätze, prägen unsere Zukunft und tragen zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dass es in der Schweiz weniger Unicorns gibt, liegt auch daran, dass es in der Schweiz zu wenig «Soonicorn CEOs» gibt. Dies hat mit unserer Kultur zu tun: Wir sind vorsichtig in jeder Hinsicht, auch bei der Selbstvermarktung. Wir könnten mehr Unicorns begünstigen, indem wir bei Universitäten davon wegkommen, dass der Fokus so stark auf der
Wissenschaft liegt und mehr Wert darauf gelegt wird, dass die Innovation auch unter die Leute gebracht wird. Ausserdem sollten wir in der Schweiz unsere Startup-Champions besser feiern. Beides kommt langsam auf, aber es könnte schneller gehen.
Ist es einfacher oder schwieriger geworden, eine Firma aufzubauen und zu verkaufen?
Es ist einfacher geworden, Geld zu finden. Ausserdem kann man heutzutage alles selbst machen mit einem Computer und dank Zugang zu einem globalen Markt für Verkauf, aber auch für Talente. Ich bin sicher, in den nächsten paar Jahren wird es erste Unicorns von One-Man-Shows geben.
Wieso ist es trotzdem so schwierig und aufwändig, Fundraising zu betreiben?
Ab der Series B wird es in der Schweiz tatsächlich schwierig, Geld zu finden. Aber für Seed- und Series- A-Finanzierungsrunden gibt es mehr Geld als gute Ideen. Bei richtig guten Ideen wird man als Investor sogar zum Bittsteller und muss sich sein Investment erkämpfen. Natürlich kommen sehr viele Startups auf mich zu und bitten um Geld. Doch bei den richtig guten Unternehmen muss ich mich in die Schlange der Interessenten einreihen und werde manchmal auch abgewiesen.
Wie oft kommt es vor, dass du um Investments kämpfen musst und was spricht für dich als Investor?
Da ich sehr wählerisch bin, sind die Investments, die ich tätigen möchte, die Besten der Besten und entsprechend auch bei anderen
Investoren von Interesse. Dass ich für ein Investment kämpfen muss, passiert somit etwa bei jedem zweiten Fall. Deshalb ist es wichtig, sich als Investor einen Namen zu machen. Was für mich spricht, ist, dass ich helfen kann, ein Konglomerat zusammenzustellen, andere Investoren einzuschätzen und den CEO mit meinen eigenen unternehmerischen Erfahrungen von der Gründung bis zum Verkauf der Firma zu coachen.
Du sagst: «Raise as much money as you can». Was ist deine Meinung zu bootstrapped Startups?
Ich finde das super und habe absolute Hochachtung vor diesen Leuten. Meine Firma war übrigens auch bootstrapped. Jedoch ist es nicht bei jedem Startup möglich, die Idee ohne Investoren umzusetzen. Es gilt: Wenn du schon auf Investorensuche bist, dann richtig. Das Ziel sollte sein, dass du möglichst lange ohne weiteres Fundraising auskommst und den Aufwand dafür möglichst lange nicht mehr auf dich nehmen musst.
Startups wird geraten, eine Beziehung zu Investoren aufzubauen, bevor sie auf Geldsuche sind. Hast du Tipps dafür?
Das Vertrauen der Investoren in das Startup ist viel grösser, wenn man sich dreimal in drei Jahren trifft als fünfmal in drei Wochen. Es braucht Zeit, ist aber extrem wichtig und darf einen dennoch nicht von der Produktentwicklung abhalten. Als CEO muss man versuchen, mit allen möglichen Investoren in einem guten Austausch zu sein. Dies kann auch per E-Mail sein. Ich finde zum Beispiel Investoren-Newsletter gut. Diese können gerne auch kurz und knackig daherkommen, das brauchen keine riesigen Berichte zu sein. Dann weiss man, wie sich das Startup entwickeln.
Du giltst als einer der erfolgreichsten Schweizer Startup-Investoren: Was machst du anders oder besser als andere Investoren?
Ich schaue mir vermutlich mehr Startups an als andere: schätzungsweise über tausend Startups pro Jahr und das seit 1994. Ich tätige dann aber nur sechs Investments, bei denen ich dafür bis zu zehn und mehr Jahre dabei sein kann. Da ich so viele Startups anschaue, habe ich eine sehr gute Übersicht über Konkurrenten, kann ähnliche Ideen vergleichen und dann in den besten Case investieren. Ausserdem habe ich eine effiziente Vorgehensweise entwickelt: Ich treffe niemanden und vereinbare auch keine Telefongespräche, bevor ich nicht einen Businessplan erhalten habe. Ich würde behaupten, ich bin der schnellste «Businessplan-Zerreisser» aller Zeiten, wodurch ich die zahlreichen Anfragen schnell aussortieren kann. Mir ist es ausserdem wichtig, dass ich keine zu grossen Shares annehme und wir down rounds, also weitere Finanzierungsrunden bei tieferem Firmenwert, vermeiden können. Wenn nötig helfe ich, die Fundraising-Runde zu schliessen, indem ich Freunde zusammenbringe, die mitinvestieren. Ein gutes Konglomerat ist schliesslich ausschlaggebend.
Es braucht eine Mischung aus dem richtigen Know-how, Netzwerk, Vertrauen untereinander – man sollte sich in schwierigen Zeiten nicht im Stich lassen – und tiefen Taschen, sodass man im Notfall auch Geld nachschiessen könnte.
Was für Learnings hast du als Unternehmer gemacht, die du «deinen» Startups weitergibst?
Ich habe gelernt, wie wichtig ein «Mission Statement» ist: Man muss sich als Gründer im Klaren sein, was man macht und jeder einzelne Mitarbeitende muss das genauso klar wissen. Ausserdem wird die Wichtigkeit von PR meist unterschätzt.
Und was für Learnings hast du als Investor gemacht, die du mit anderen Startup-Investoren teilen kannst?
Erstens kann man bei Startup Investments Geld verlieren, ohne dass jemand daran Schuld hat: Weder hat der Gründer einen Fehler gemacht noch war die Selektion des Investments falsch. Zweitens zahlt es sich aus, den Markt genau zu kennen und sich tausende Startups anzuschauen. So kann man schnell wachsende Business Cases erkennen. Drittens sollte man nicht auf Industrieexperten hören, sondern genau das Gegenteil davon tun, was sie sagen. Man konnte über zehn Jahre zuschauen, wie sich etablierte Autobauer gegen Elektromobilität ausgesprochen haben, sie sahen sich ja als Experten für Autos mit Verbrennungsmotoren. Sie denken, sie würden als Erste merken, wenn etwas Neues nachgefragt wird, aber wenn man ein funktionierendes Produkt hat, ist man blind dafür.
Du bist transparent über deine Investments und darüber, welche sich gelohnt haben oder auch nicht …
Ja, wichtig ist die Betonung darauf, welche sich in meinem spezifischen Fall gelohnt oder nicht gelohnt haben. Investments waren beispielsweise deshalb nicht gut für mich, weil ich im Nachhinein merken musste, dass ich zu früh ausgestiegen bin. Zum Beispiel bei der Gaming Firma Zynga oder bei Hybris.
Was denkst du, worin würden deine Kinder investieren?
Sie sind jetzt Teenager und haben tatsächlich Accounts für kleinere Investitionen bekommen. Sie investieren beispielsweise in Bitcoin,
Tesla, Paramount oder auch OrCam, ein Startup, welches Produkte für Menschen mit Dyslexie entwickelt. Sie interessieren sich auch stark dafür, worin ich investiere. Zum Beispiel sind sie Fans von Dropz und konnten schon Schulkollegen davon überzeugen.