Das Reden über die Periode war lange von Tabus und Informationslücken geprägt. Ein gesellschaftlicher Wandel ist hier längst überfällig, denn: Produkte für die Periode sind ein Muss – genau wie Toilettenpapier. Elisabeth Dewey gründete gemeinsam mit Nancy Saddington Mondays, um die Qualität von Periodenprodukten zu verbessern.

Was hat euch damals dazu inspiriert, euch intensiver mit den Inhaltsstoffen von Periodenprodukten auseinanderzusetzen und Mondays zu gründen?

Als ich erfahren habe, wie viel Plastik in Hygieneartikeln enthalten ist, war ich schockiert. Kaum zu glauben, dass wir heutzutage nicht darüber aufgeklärt sind. Aber leider ist Menstruation noch immer ein Tabuthema. Die persönliche Erfahrung von Nancy hat mich zudem zum Nachdenken gebracht. Erst nach der Geburt ihres Kindes bat die Hebamme sie darum, auf solche Produkte zu verzichten. Sie seien durch ihren hohen Plastikanteil ungesund. 

Nancy und ich haben uns oft darüber ausgetauscht und uns gewünscht, dass jemand sich dieser Sache annimmt. Aber weil keine Änderung in Sichtweite war, haben wir entschlossen: Jetzt müssen wir uns selbst darum kümmern.

Das klingt nach einer Herausforderung. Wie fühlte sich das an?

Die Überzeugung, dass wir das schaffen und unser Vorhaben auch in die Tat umsetzen können, hat uns angetrieben. Sie treibt uns bis heute an. Es ist schön, inzwischen mit grossen Unternehmen zusammenzuarbeiten, die viele Mitarbeitende und eine grosse Reichweite haben. Ich habe zwei Töchter und es beruhigt mich sehr zu wissen, dass sie für ihre Menstruation gesunde Produkte wählen können. 

Oft wird argumentiert, dass die öffentliche Versorgung mit Periodenprodukten keine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, sondern ein geschlechtsspezifisches und privates Anliegen. Man stelle ja auch keine kostenlosen Kondome oder Rasierer zur Verfügung.

In öffentlichen Badezimmern wird aus gutem Grund Toilettenpapier bereitgestellt, denn dieses Bedürfnis haben wir alle. Die Menstruation ist ein ebenso natürlicher Vorgang wie sein Geschäft zu verrichten. Ohne Menstruation würden überhaupt keine Kinder entstehen können. Sie ist Lebensbedingung für uns alle und geht deshalb auch alle etwas an, unabhängig vom Geschlecht. Wir brauchen Periodenprodukte auf öffentlichen Toiletten, auch weil manchmal schwierig einzuschätzen ist, wann die Periode einsetzt. Wann und wo man sich rasiert hingegen, kann man planen und entscheiden.

Ist es möglich, die Plastikanteile von Periodenprodukten vor dem Kauf zu ermitteln, um sie zu vermeiden?

Die Produkte sehen von innen so weiss aus, dass man denkt: Das kann nur Baumwolle sein! Als ich mich damals in einer Apotheke nach gesünderen Alternativen umsah, hielt ich ein Päckchen Binden in der Hand mit der Aufschrift „weich wie Baumwolle*“. Als ich das Sternchen im Kleingedruckten nachlas, war ich verblüfft. Dort hiess es: „Enthält KEINE Baumwolle.“ Es gibt leider überhaupt keine Auswahl und keine Transparenz. Das ist ein grosses Problem und das wollen wir ändern.

Mondays – nachhaltige Periodenprodukte

 

Stimmt. Das ist wirklich absurd… 

Ja. Wir sprechen so viel über Bio-Essen und dann überlegt man sich mal, dass etwa die halbe Bevölkerung einmal im Monat dasitzt und keine Ahnung hat, was sie da benutzt. Da keine gesetzliche Vorschrift dafür besteht, die Inhaltsstoffe von Periodenprodukten anzugeben, fehlen diese Angaben bei herkömmlichen Artikeln. Meistens wissen wir, dass die Verpackung aus Plastik ist. Oder es wird immerhin verraten, dass Polyester enthalten ist. Eine Binde kann bis zu 90 Prozent aus Plastik bestehen und sogar die Oberfläche, die direkt auf der Haut aufliegt, kann aus Plastik sein. Das Gleiche gilt für die Aussenseite von Tampons, die man sogar in den Körper einführt. 

Gibt es noch weitere Zusatzstoffe, von denen wir wissen sollten?

Ein anderer Aspekt ist, dass solche Produkte häufig parfümiert sind. So, als würde man stinken und das überlagern müssen. Hinter dem Wort Parfüm können sich bis zu 3000 unbekannte Chemikalien verstecken, die potenziell schädlich sind. Zu vielen darin enthaltenen Stoffen gibt es noch nicht genügend Daten, von einigen wissen wir aber, dass sie wahrscheinlich krebserregend sind oder unfruchtbar machen. Wenn wir uns bewusst machen, dass menstruierende Menschen bis zu zwölftausend Periodenprodukte im Leben benutzen und für Teile des Körpers verwenden, die sehr empfindlich sind, sollten wir wach werden. Das ist nicht nur ein gesundheitliches Problem, sondern auch in Bezug auf Umweltfreundlichkeit.

Plastikfreie Perioden sind vermutlich nicht nur gesünder, sondern auch umweltfreundlicher. Welche Rolle spielt der Nachhaltigkeitsaspekt bei Mondays?

Erfreulich ist, dass langsam eine wachsende Auswahl an Periodenprodukten entsteht, inklusive wiederverwendbarer Optionen. Wir konzentrieren uns auf herkömmliche Produkte wie Binden und Tampons, zu denen die Mehrheit greift. Es sind immer noch Produkte, die man nach der Benutzung wegwirft, jedoch ohne Plastik. Problematisch ist: Plastik findet man 450 Jahre lang auf der Erde. Deshalb verwenden wir in der Verpackung zum Beispiel Maisstärke, die in der Umwelt innerhalb von neun Monaten komplett kompostiert werden kann. Für die Herstellung von Bio-Baumwolle wird 90 Prozent weniger Wasser benötigt als bei normaler Baumwolle. Deshalb sind unsere Binden aus Bio-Baumwolle. 

Gibt es Möglichkeiten für Hersteller, ihre Produkte nachhaltiger zu machen? 

Natürlich ist es eine Reise. Wir selbst versuchen immer offen für Veränderung zu bleiben und schauen mit den Herstellern regelmässig, ob wir noch nachhaltigere Inhaltsstoffe finden und verwenden können. Mondays ist beispielsweise GOTS-zertifiziert. Dafür wird hier jährlich der ganze Produktionskreislauf überprüft. Es zählt nicht nur, dass nachweislich keine Pestizide verwendet werden, sondern auch, wie etwa die Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Ebenso, wie viel Wasser benutzt wird oder wie lang die Transportwege sind. Unsere Produktion findet in Europa statt, das war uns sehr wichtig. Daneben ist es möglich, Allianzen zu bilden. Es gibt verschiedene Organisationen. One Percent for the Planet ist eine davon, bei der wir vom ersten Tag an Mitglied sind und so in Form von Spenden etwas von dem Geld weitergeben, das wir verdienen. 

Welchen Preis zahlt man für nachhaltigere Periodenprodukte?

Plastik wurde benutzt, weil es billig ist. Vermutlich wurde hart daran gearbeitet, Plastik in einer Binde weich und weiss aussehen zu lassen, um letztlich Produktionskosten einzusparen. Aber je mehr Menschen sich gegen diese Produkte entscheiden und bessere, gesündere und nachhaltigere Produkte fordern, desto grösser wird der Druck, etwas zu verändern. Bislang mögen die Kosten für unsere Produkte höher sein, aber die Nachfrage beeinflusst den Markt und das lässt sich bereits beobachten.

Seit dem 1. Januar 2022 gibt es in Michigan, USA, ein Gesetz, das die Bereitstellung von Tampons und Binden in allen öffentlichen Waschräumen vorsieht. Wie steht es in der Schweiz oder in Europa um ähnliche Initiativen?

Wir arbeiten mit der Stadt Zürich zusammen, die bereits dafür gesorgt hat, dass es in allen Schulen kostenlose Periodenprodukte gibt. Das finde ich wirklich super. In Schottland, England und Kanada gibt es Periodenprodukte bereits in allen staatlichen Einrichtungen gratis. In der Schweiz gab es kürzlich einen Entscheid darüber, ob es das künftig auch geben sollte. Das Ergebnis ist spannend: Man hat sich mit einer knappen Mehrheit dagegen entschieden. Argumentiert wurde mitunter, dass man Frauen dadurch in eine Opferrolle dränge und ihnen eine Art Unfähigkeit zuschreibe, sich um sich selbst zu kümmern.

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner

Author: Imke Bolz

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Das Reden über die Periode war lange von Tabus und Informationslücken geprägt. Ein gesellschaftlicher Wandel ist hier längst überfällig, denn: Produkte für die Periode sind ein Muss – genau wie Toilettenpapier. Elisabeth Dewey gründete gemeinsam mit Nancy Saddington Mondays, um die Qualität von Periodenprodukten zu verbessern.

Was hat euch damals dazu inspiriert, euch intensiver mit den Inhaltsstoffen von Periodenprodukten auseinanderzusetzen und Mondays zu gründen?

Als ich erfahren habe, wie viel Plastik in Hygieneartikeln enthalten ist, war ich schockiert. Kaum zu glauben, dass wir heutzutage nicht darüber aufgeklärt sind. Aber leider ist Menstruation noch immer ein Tabuthema. Die persönliche Erfahrung von Nancy hat mich zudem zum Nachdenken gebracht. Erst nach der Geburt ihres Kindes bat die Hebamme sie darum, auf solche Produkte zu verzichten. Sie seien durch ihren hohen Plastikanteil ungesund. 

Nancy und ich haben uns oft darüber ausgetauscht und uns gewünscht, dass jemand sich dieser Sache annimmt. Aber weil keine Änderung in Sichtweite war, haben wir entschlossen: Jetzt müssen wir uns selbst darum kümmern.

Das klingt nach einer Herausforderung. Wie fühlte sich das an?

Die Überzeugung, dass wir das schaffen und unser Vorhaben auch in die Tat umsetzen können, hat uns angetrieben. Sie treibt uns bis heute an. Es ist schön, inzwischen mit grossen Unternehmen zusammenzuarbeiten, die viele Mitarbeitende und eine grosse Reichweite haben. Ich habe zwei Töchter und es beruhigt mich sehr zu wissen, dass sie für ihre Menstruation gesunde Produkte wählen können. 

Oft wird argumentiert, dass die öffentliche Versorgung mit Periodenprodukten keine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, sondern ein geschlechtsspezifisches und privates Anliegen. Man stelle ja auch keine kostenlosen Kondome oder Rasierer zur Verfügung.

In öffentlichen Badezimmern wird aus gutem Grund Toilettenpapier bereitgestellt, denn dieses Bedürfnis haben wir alle. Die Menstruation ist ein ebenso natürlicher Vorgang wie sein Geschäft zu verrichten. Ohne Menstruation würden überhaupt keine Kinder entstehen können. Sie ist Lebensbedingung für uns alle und geht deshalb auch alle etwas an, unabhängig vom Geschlecht. Wir brauchen Periodenprodukte auf öffentlichen Toiletten, auch weil manchmal schwierig einzuschätzen ist, wann die Periode einsetzt. Wann und wo man sich rasiert hingegen, kann man planen und entscheiden.

Ist es möglich, die Plastikanteile von Periodenprodukten vor dem Kauf zu ermitteln, um sie zu vermeiden?

Die Produkte sehen von innen so weiss aus, dass man denkt: Das kann nur Baumwolle sein! Als ich mich damals in einer Apotheke nach gesünderen Alternativen umsah, hielt ich ein Päckchen Binden in der Hand mit der Aufschrift „weich wie Baumwolle*“. Als ich das Sternchen im Kleingedruckten nachlas, war ich verblüfft. Dort hiess es: „Enthält KEINE Baumwolle.“ Es gibt leider überhaupt keine Auswahl und keine Transparenz. Das ist ein grosses Problem und das wollen wir ändern.

Mondays – nachhaltige Periodenprodukte

 

Stimmt. Das ist wirklich absurd… 

Ja. Wir sprechen so viel über Bio-Essen und dann überlegt man sich mal, dass etwa die halbe Bevölkerung einmal im Monat dasitzt und keine Ahnung hat, was sie da benutzt. Da keine gesetzliche Vorschrift dafür besteht, die Inhaltsstoffe von Periodenprodukten anzugeben, fehlen diese Angaben bei herkömmlichen Artikeln. Meistens wissen wir, dass die Verpackung aus Plastik ist. Oder es wird immerhin verraten, dass Polyester enthalten ist. Eine Binde kann bis zu 90 Prozent aus Plastik bestehen und sogar die Oberfläche, die direkt auf der Haut aufliegt, kann aus Plastik sein. Das Gleiche gilt für die Aussenseite von Tampons, die man sogar in den Körper einführt. 

Gibt es noch weitere Zusatzstoffe, von denen wir wissen sollten?

Ein anderer Aspekt ist, dass solche Produkte häufig parfümiert sind. So, als würde man stinken und das überlagern müssen. Hinter dem Wort Parfüm können sich bis zu 3000 unbekannte Chemikalien verstecken, die potenziell schädlich sind. Zu vielen darin enthaltenen Stoffen gibt es noch nicht genügend Daten, von einigen wissen wir aber, dass sie wahrscheinlich krebserregend sind oder unfruchtbar machen. Wenn wir uns bewusst machen, dass menstruierende Menschen bis zu zwölftausend Periodenprodukte im Leben benutzen und für Teile des Körpers verwenden, die sehr empfindlich sind, sollten wir wach werden. Das ist nicht nur ein gesundheitliches Problem, sondern auch in Bezug auf Umweltfreundlichkeit.

Plastikfreie Perioden sind vermutlich nicht nur gesünder, sondern auch umweltfreundlicher. Welche Rolle spielt der Nachhaltigkeitsaspekt bei Mondays?

Erfreulich ist, dass langsam eine wachsende Auswahl an Periodenprodukten entsteht, inklusive wiederverwendbarer Optionen. Wir konzentrieren uns auf herkömmliche Produkte wie Binden und Tampons, zu denen die Mehrheit greift. Es sind immer noch Produkte, die man nach der Benutzung wegwirft, jedoch ohne Plastik. Problematisch ist: Plastik findet man 450 Jahre lang auf der Erde. Deshalb verwenden wir in der Verpackung zum Beispiel Maisstärke, die in der Umwelt innerhalb von neun Monaten komplett kompostiert werden kann. Für die Herstellung von Bio-Baumwolle wird 90 Prozent weniger Wasser benötigt als bei normaler Baumwolle. Deshalb sind unsere Binden aus Bio-Baumwolle. 

Gibt es Möglichkeiten für Hersteller, ihre Produkte nachhaltiger zu machen? 

Natürlich ist es eine Reise. Wir selbst versuchen immer offen für Veränderung zu bleiben und schauen mit den Herstellern regelmässig, ob wir noch nachhaltigere Inhaltsstoffe finden und verwenden können. Mondays ist beispielsweise GOTS-zertifiziert. Dafür wird hier jährlich der ganze Produktionskreislauf überprüft. Es zählt nicht nur, dass nachweislich keine Pestizide verwendet werden, sondern auch, wie etwa die Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Ebenso, wie viel Wasser benutzt wird oder wie lang die Transportwege sind. Unsere Produktion findet in Europa statt, das war uns sehr wichtig. Daneben ist es möglich, Allianzen zu bilden. Es gibt verschiedene Organisationen. One Percent for the Planet ist eine davon, bei der wir vom ersten Tag an Mitglied sind und so in Form von Spenden etwas von dem Geld weitergeben, das wir verdienen. 

Welchen Preis zahlt man für nachhaltigere Periodenprodukte?

Plastik wurde benutzt, weil es billig ist. Vermutlich wurde hart daran gearbeitet, Plastik in einer Binde weich und weiss aussehen zu lassen, um letztlich Produktionskosten einzusparen. Aber je mehr Menschen sich gegen diese Produkte entscheiden und bessere, gesündere und nachhaltigere Produkte fordern, desto grösser wird der Druck, etwas zu verändern. Bislang mögen die Kosten für unsere Produkte höher sein, aber die Nachfrage beeinflusst den Markt und das lässt sich bereits beobachten.

Seit dem 1. Januar 2022 gibt es in Michigan, USA, ein Gesetz, das die Bereitstellung von Tampons und Binden in allen öffentlichen Waschräumen vorsieht. Wie steht es in der Schweiz oder in Europa um ähnliche Initiativen?

Wir arbeiten mit der Stadt Zürich zusammen, die bereits dafür gesorgt hat, dass es in allen Schulen kostenlose Periodenprodukte gibt. Das finde ich wirklich super. In Schottland, England und Kanada gibt es Periodenprodukte bereits in allen staatlichen Einrichtungen gratis. In der Schweiz gab es kürzlich einen Entscheid darüber, ob es das künftig auch geben sollte. Das Ergebnis ist spannend: Man hat sich mit einer knappen Mehrheit dagegen entschieden. Argumentiert wurde mitunter, dass man Frauen dadurch in eine Opferrolle dränge und ihnen eine Art Unfähigkeit zuschreibe, sich um sich selbst zu kümmern.

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner

Imke Bolz

"Einfach machen. Starten, loslegen und dabei nicht zu sehr an sich zweifeln." -Liliane Ableitner