In der heutigen Industrie wurde bisher noch keine wirklich nachhaltige Lösung gefunden, um Dinge weiss erscheinen zu lassen. Um die dafür benötigte Deckkraft zu schaffen, wird oft als bedenklich eingestuftes Titandioxid verwendet. Impossible Materials hat sich mit diesem Problem befasst – und kann sich nun von Kundenanfragen kaum retten. 

Es ist ein Startup, das seine Wurzeln in der Wissenschaft hat. Die Forscher wurden zu Unternehmern, als sie bemerkt haben, dass der regulatorische Druck, nachhaltiger zu werden, sehr gross geworden war und sie eine Lösung dafür kannten.

Mit Silvia Vignolini und Lukas Schertel aus der Wissenschaft und Oliver Polcher auf der Businessseite war das Team komplett. Das Projekt startete in England an der Universität Cambridge, doch wurde bald durch Innovationsförderung an der Uni Fribourg weitergeführt. Seit dem Start hat Impossible Materials bereits an zahlreichen Accelerators teilgenommen und wurde mehrmals ausgezeichnet. Gegründet wurde Impossbile Materials in der Schweiz 2022. «Die Herausforderung ist es zurzeit, die Produktion in entsprechender Qualität und mit entsprechenden Kosten hochskalieren zu können», erklärt Lukas. 

Lukas Schertel, Silvia Vignolini , Oliver Polcher

Wie weiss entsteht

In der Forschung beschäftigte sich Lukas Schertel mit dem Thema, wie man sogenannte «strukturelle Farben» herstellen kann. Diese Farben sind nachhaltig, da deren Farbe durch Streuung des Lichts an der speziellen Struktur des Materials und nicht durch Absorption, also Aufnahme, einer bestimmten Wellenlänge von Lichtstrahlen hervorgerufen wird, was bei chemischen Farben der Fall wäre. Farben sind nämlich nichts anderes als Lichtstrahlen, welche von einem Gegenstand zurückgeworfen werden und dann auf unser Auge treffen, wodurch eine Farbe wahrgenommen wird. Im Gegensatz dazu entsteht die Farbe Weiss durch Streuung. Wenn eine Lichtwelle auf einen Partikel auftrifft, ändert diese Richtung und Komposition. Geschieht dies nun an ganz vielen Partikeln gleichzeitig, sodass alle Lichtwellen gleich zurückkommen, erscheint das Material für das Auge weiss. Weiss kann demnach nur mit ganz vielen Partikeln auf kleiner Fläche erzeugt werden. Wie Lukas erklärt, ist es in der Industrie eine grosse Herausforderung, eine weisse Farbe auf dünnen Schichten zu erhalten, da nicht viel Platz vorhanden ist, um viel Material aufzubringen. Er erläutert: «Die Challenge ist es nicht, weiss herzustellen, sondern weiss sehr effektiv herzustellen.»

Bis anhin wurde oft Titanoxid verwendet, um eine weisse Farbe zu erhalten, da dieses einen sehr hohen Brechungsindex hat, was bedeutet, dass das Licht so reflektiert wird, dass wir etwas Weisses sehen. Jedoch gibt es über die Schädlichkeit von Titanoxid viele Diskussionen. Auf dem Foodmarkt wurde es bereits als krebserregend eingestuft und verboten. Ausserdem wird Titan im Ausland durch Bergbau abgebaut. Durch die chemische Umwandlung zu Titanoxid entstehen viele Emissionen. Wirklich gute Alternativen gab es bisher nicht. Das zellulosebasierte Weisspigment von Impossible Materials bietet ein deutlich nachhaltigeres Material, dessen Rohstoff wieder angebaut werden kann und weniger CO2 Emissionen in der Produktion ausstösst, was für viele Firmen ein wichtiger Punkt ist. 

Die Natur als Vorbild

Für ihre Idee, nachhaltiges Weiss herzustellen, suchte das Forschungsteam in der Natur nach Lösungen. «Es ist ein spannendes Feld, sich die Natur als Vorbild zu nehmen. Alles, was in der Natur existiert muss zwingend auch aus Biomaterial hergestellt worden sein und ist daher im Prinzip bioverträglich», meint Lukas.

Die Lösung für das «Farbproblem» fand das Forschungsteam in den ultra-dünnen Schuppen des Cyphochilus Käfers. Dieser erreicht die glänzend weisse Farbe dieser dünnen Oberfläche ebenso durch strukturelle Farben. Durch diese Technologie ist man weniger auf ein bestimmtes Material restriktiert. Das Startup kann so auf andere natürliche Materialien mit selber Struktur, in diesem Fall Zellulose, ausweichen, um ihre Weisspigmente herzustellen. 

Zellulose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, kommt somit in beinahe allen Pflanzen vor und ist sehr weit verfügbar. Meist verbreitet ist es in Holz. 

«Die Holzindustrie ist riesig, da ist unser Anteil vernachlässigbar. Natürlich muss man aber dennoch darauf achten, wo das Holz abgebaut wird, dass es auch nachhaltig ist. Im Prinzip kann Holz jedoch nachgebaut werden, Titandioxid nicht. Nur schon dieser Aspekt macht unser Weisspigment wesentlich nachhaltiger», so Lukas. 

Ein Startup mit Zukunft

Zurzeit spezialisiert sich Impossible Materials darauf, nur das Weisspigment, als Bestandteil eines späteren Produkts herzustellen. Dabei liegt ihr Know-How vor allem in der Zelluloseprozessierung. Für diese Idee wurde das Startup bereits mehrfach ausgezeichnet. Beim «Ray of Hope» Preis standen sie in der Finalrunde und auch die letztjährige Auszeichnung beim De Vigier in der Schweiz verschaffte Impossible Materials viel Visability in der Schweiz. Auch technologisch durfte die Firma im letzten Jahr Erfolge verzeichnen: Sie konnten skalieren und das Verfahren effizienter machen. 

In Zukunft möchte das junge Startup aus Beiprodukten des Prozesses zusätzliche Produkte, beispielsweise für den Elektronikbereich entwickeln, um möglichst alle Ressourcen zu verwerten. «Das Weisspigment ist nur unser erstes Produkt. Unsere Vision ist es, High-Value Produkte aus Zellulose zu entwickeln und zu vermarkten.», erklärt Lukas.

Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."

Author: Dea Sikiric

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In der heutigen Industrie wurde bisher noch keine wirklich nachhaltige Lösung gefunden, um Dinge weiss erscheinen zu lassen. Um die dafür benötigte Deckkraft zu schaffen, wird oft als bedenklich eingestuftes Titandioxid verwendet. Impossible Materials hat sich mit diesem Problem befasst – und kann sich nun von Kundenanfragen kaum retten. 

Es ist ein Startup, das seine Wurzeln in der Wissenschaft hat. Die Forscher wurden zu Unternehmern, als sie bemerkt haben, dass der regulatorische Druck, nachhaltiger zu werden, sehr gross geworden war und sie eine Lösung dafür kannten.

Mit Silvia Vignolini und Lukas Schertel aus der Wissenschaft und Oliver Polcher auf der Businessseite war das Team komplett. Das Projekt startete in England an der Universität Cambridge, doch wurde bald durch Innovationsförderung an der Uni Fribourg weitergeführt. Seit dem Start hat Impossible Materials bereits an zahlreichen Accelerators teilgenommen und wurde mehrmals ausgezeichnet. Gegründet wurde Impossbile Materials in der Schweiz 2022. «Die Herausforderung ist es zurzeit, die Produktion in entsprechender Qualität und mit entsprechenden Kosten hochskalieren zu können», erklärt Lukas. 

Lukas Schertel, Silvia Vignolini , Oliver Polcher

Wie weiss entsteht

In der Forschung beschäftigte sich Lukas Schertel mit dem Thema, wie man sogenannte «strukturelle Farben» herstellen kann. Diese Farben sind nachhaltig, da deren Farbe durch Streuung des Lichts an der speziellen Struktur des Materials und nicht durch Absorption, also Aufnahme, einer bestimmten Wellenlänge von Lichtstrahlen hervorgerufen wird, was bei chemischen Farben der Fall wäre. Farben sind nämlich nichts anderes als Lichtstrahlen, welche von einem Gegenstand zurückgeworfen werden und dann auf unser Auge treffen, wodurch eine Farbe wahrgenommen wird. Im Gegensatz dazu entsteht die Farbe Weiss durch Streuung. Wenn eine Lichtwelle auf einen Partikel auftrifft, ändert diese Richtung und Komposition. Geschieht dies nun an ganz vielen Partikeln gleichzeitig, sodass alle Lichtwellen gleich zurückkommen, erscheint das Material für das Auge weiss. Weiss kann demnach nur mit ganz vielen Partikeln auf kleiner Fläche erzeugt werden. Wie Lukas erklärt, ist es in der Industrie eine grosse Herausforderung, eine weisse Farbe auf dünnen Schichten zu erhalten, da nicht viel Platz vorhanden ist, um viel Material aufzubringen. Er erläutert: «Die Challenge ist es nicht, weiss herzustellen, sondern weiss sehr effektiv herzustellen.»

Bis anhin wurde oft Titanoxid verwendet, um eine weisse Farbe zu erhalten, da dieses einen sehr hohen Brechungsindex hat, was bedeutet, dass das Licht so reflektiert wird, dass wir etwas Weisses sehen. Jedoch gibt es über die Schädlichkeit von Titanoxid viele Diskussionen. Auf dem Foodmarkt wurde es bereits als krebserregend eingestuft und verboten. Ausserdem wird Titan im Ausland durch Bergbau abgebaut. Durch die chemische Umwandlung zu Titanoxid entstehen viele Emissionen. Wirklich gute Alternativen gab es bisher nicht. Das zellulosebasierte Weisspigment von Impossible Materials bietet ein deutlich nachhaltigeres Material, dessen Rohstoff wieder angebaut werden kann und weniger CO2 Emissionen in der Produktion ausstösst, was für viele Firmen ein wichtiger Punkt ist. 

Die Natur als Vorbild

Für ihre Idee, nachhaltiges Weiss herzustellen, suchte das Forschungsteam in der Natur nach Lösungen. «Es ist ein spannendes Feld, sich die Natur als Vorbild zu nehmen. Alles, was in der Natur existiert muss zwingend auch aus Biomaterial hergestellt worden sein und ist daher im Prinzip bioverträglich», meint Lukas.

Die Lösung für das «Farbproblem» fand das Forschungsteam in den ultra-dünnen Schuppen des Cyphochilus Käfers. Dieser erreicht die glänzend weisse Farbe dieser dünnen Oberfläche ebenso durch strukturelle Farben. Durch diese Technologie ist man weniger auf ein bestimmtes Material restriktiert. Das Startup kann so auf andere natürliche Materialien mit selber Struktur, in diesem Fall Zellulose, ausweichen, um ihre Weisspigmente herzustellen. 

Zellulose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, kommt somit in beinahe allen Pflanzen vor und ist sehr weit verfügbar. Meist verbreitet ist es in Holz. 

«Die Holzindustrie ist riesig, da ist unser Anteil vernachlässigbar. Natürlich muss man aber dennoch darauf achten, wo das Holz abgebaut wird, dass es auch nachhaltig ist. Im Prinzip kann Holz jedoch nachgebaut werden, Titandioxid nicht. Nur schon dieser Aspekt macht unser Weisspigment wesentlich nachhaltiger», so Lukas. 

Ein Startup mit Zukunft

Zurzeit spezialisiert sich Impossible Materials darauf, nur das Weisspigment, als Bestandteil eines späteren Produkts herzustellen. Dabei liegt ihr Know-How vor allem in der Zelluloseprozessierung. Für diese Idee wurde das Startup bereits mehrfach ausgezeichnet. Beim «Ray of Hope» Preis standen sie in der Finalrunde und auch die letztjährige Auszeichnung beim De Vigier in der Schweiz verschaffte Impossible Materials viel Visability in der Schweiz. Auch technologisch durfte die Firma im letzten Jahr Erfolge verzeichnen: Sie konnten skalieren und das Verfahren effizienter machen. 

In Zukunft möchte das junge Startup aus Beiprodukten des Prozesses zusätzliche Produkte, beispielsweise für den Elektronikbereich entwickeln, um möglichst alle Ressourcen zu verwerten. «Das Weisspigment ist nur unser erstes Produkt. Unsere Vision ist es, High-Value Produkte aus Zellulose zu entwickeln und zu vermarkten.», erklärt Lukas.

Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."

Dea Sikiric

"Startup-Gründer zu interviewen und damit die neuesten Ideen und Entwicklungen von anderen Pionieren kennen zu lernen, macht mir grossen Spass."