Carlo Badini kam mit Pabio als eines der ersten Schweizer Startups in das Accelerator-Programm YCombinator in den USA. Diese Silicon-Valley-Erfahrung gibt viel Gesprächsstoff und Inspiration für die hiesige Startup-Szene.

Du hast nach der Matura bereits deine erste Firma, eine Videoagentur, gegründet, die heute noch erfolgreich ist. Was hattest du damals gewusst, was dich von Gleichaltrigen unterschied?

Schwer zu sagen. Es war ganz bestimmt viel Glück dabei. Ich habe mich aber auch früh dazu entschieden, viel zu arbeiten und somit auf Spass zu verzichten. Meine Zwanziger waren geprägt von viel Arbeit und wenig Party. 

“Meine Zwanziger waren geprägt von viel Arbeit und wenig Party.”

Beim Umzug fehlte es dir an günstigen Möglichkeiten, eine schön designte Wohnung einzurichten. Was es nicht gibt, ermöglicht man sich einfach selbst?

Genau. Neue Möbelstücke hätten uns rund 30’000 bis 40’000 Franken gekostet. Da wusste ich: Ich will Wohndesign demokratisieren – jeder soll schön wohnen können, auch ohne eine riesige Anfangsinvestition. Bei Pabio kann man seine Wohnungseinrichtung kostenlos vom Designer gestalten lassen und dann die benötigten Möbel und Deko-Artikel mit einem monatlichen Abo mieten. Wenn man die Einrichtung behalten möchte, kann man sie auch jederzeit vollständig abkaufen.

Was ist das Schwierigste beim Gründen eines neuen Unternehmens?

Ich finde, der schwierigste Teil ist es, auf einem weissen Blatt Papier zu starten. Wenn man sich der Idee verpflichtet und die Maschine mal in Bewegung gebracht hat, folgt alles Schlag auf Schlag. Und dann ist es wichtig, den Fokus zu behalten und sich nicht mit Nebenprojekten zu verzetteln. Dazu gehört auch, in der Freizeit Abstriche zu machen.

Man kann nicht als Jungunternehmer ohne Erfahrung und ohne Netzwerk ein erfolgreiches Unternehmen und gleichzeitig noch mehrmals die Woche Fussballverein, Ausgang und Date-Nights einplanen wollen. Das ist die harte Realität. Jeder will erfolgreich sein, aber nicht jeder ist bereit, das Risiko auf sich zu nehmen und harte Arbeit zu leisten.

Wie gehst du mit Risiken um?

Ich bin sicher in einer privilegierten Position, weil ich mir mit Cleverclip bereits etwas aufgebaut habe, das mir finanzielle Stabilität gibt. Unter diesen Umständen kann ich Risiken eingehen und einfach mal schauen, was passiert. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass das grösste Wagnis in den ersten Monaten ab der Gründung besteht und je weiter man kommt, desto tiefer sollte es werden. Dies ist auch wichtig, um das Vertrauen von Investorinnen und Investoren zu gewinnen. Gegenüber Mitarbeitenden haben wir nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ein Arbeitsverhältnis bei uns mit Risiko verbunden ist.

Apropos Investoren: Womit konntet ihr die US-Amerikaner aus dem YCombinator-Umfeld überzeugen?

Ich denke, das lag einerseits an den komplementären Fähigkeiten des Gründerduos. Mein Mitgründer, Anand Chowdhary, hat einen wahnsinnig guten CV. Ausserdem sind wir von Anfang an mit der Einstellung an die Sache herangegangen, dass wir es entweder riesig oder gar nicht machen wollen. Wir hatten dieses All-in-Denken. Das kommt bei US-Investoren gut an.

Im YCombinator-Programm wart ihr eines der allerersten Schweizer Startups in den USA. Wieso denkst du, haben es sonst kaum hiesige Jungunternehmen dort geschafft?

YCombinator ist eines der weltweit beliebtesten und erfolgreichsten Startup Incubator-Programmen. In ihrer Internationalisierungsstrategie ist die Schweiz auf den Radar geraten. Wir waren sozusagen ein Test Use Case. Seither kommen immer mehr europäische und Schweizer Startups hinzu. Anfangs hat es sich speziell angefühlt, dort aufgenommen zu werden, mittlerweile passiert das aber immer wieder.

Was fasziniert dich am meisten am YCombinator?

Innert nur drei Monaten kommt man sehr weit. Man wird eng begleitet und die finale Aufgabe ist ein Pitch vor tausenden US-Investoren. Danach geht die Betreuung durch den YCombinator weiter, nimmt aber nach und nach ab. Man hat Mentoren und Peers für regelmässige Meetings und Präsentationen von einigen der erfolgreichsten Startup-CEOs wie Airbnb oder Stripe. Diese Eindrücke und Kontakte motivieren einen sehr und zeigen, dass derartige Erfolgsgeschichten keine Träume sind, sondern durchaus Realität werden können.

“Kontakte und Eindrücke im YCombinator zeigten, dass Erfolgsgeschichten keine Träume sind, sondern durchaus Realität werden können.”

Gibt es in der Schweiz etwas Vergleichbares, das du empfehlen würdest?

Ich finde, der EO Accelerator ist herausragend gut und er ist ebenfalls international verbreitet. Richtig vergleichen kann man die Accelerators aus der Schweiz und jene aus dem Silicon Valley aber wohl nicht. Dort bilden Startups eine eigene Industriebranche und Förder- und Supportprogramme sind entsprechend sehr standardisiert und etabliert.

Wäre es machbar, in der Schweiz ein YCombinator Pendant aufzubauen?

Ein Mini-YCombinator-Programm könnte ich mir schon vorstellen. Aber es braucht dazu die richtige Kombination von Leuten. Zum Beispiel Personen, die erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut und bis zum Exit geführt haben. Oder auch Investoren, die selbst ein Startup hatten und dadurch ein besseres Verständnis für die Probleme und Themen haben sowie mit Risiko umgehen können.

Es braucht Investoren, die selbst einmal ein Startup hatten. Dann verstehen sie deren Probleme besser und können mit Risiko umgehen.

Was fehlt der Schweizer Startup-Szene, um mehr grosse Erfolgsgeschichten zu haben?

“Ohne Erfolgsgeschichten enden wir in einer Negativspirale, wenn es um Startup-Investments und Risikobereitschaft geht.”

Uns Schweizern fehlt das grosse Denken. Wir sind im Vergleich mit ausländischen Gründern weniger ambitioniert, wodurch Investoren weniger positive Erfahrungen sammeln können. Das endet in einer Negativspirale, denn es braucht die grossen Erfolgsgeschichten, um die Aufmerksamkeit und das Interesse von Startup-Investorinnen zu gewinnen. In den USA werden Jungunternehmen gegründet, die mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern. Aber wenn es klappt, dann wird es dafür ganz gross und das Investment in ein Startup zahlt sich für die Investoren aus.



Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."

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Carlo Badini kam mit Pabio als eines der ersten Schweizer Startups in das Accelerator-Programm YCombinator in den USA. Diese Silicon-Valley-Erfahrung gibt viel Gesprächsstoff und Inspiration für die hiesige Startup-Szene.

Du hast nach der Matura bereits deine erste Firma, eine Videoagentur, gegründet, die heute noch erfolgreich ist. Was hattest du damals gewusst, was dich von Gleichaltrigen unterschied?

Schwer zu sagen. Es war ganz bestimmt viel Glück dabei. Ich habe mich aber auch früh dazu entschieden, viel zu arbeiten und somit auf Spass zu verzichten. Meine Zwanziger waren geprägt von viel Arbeit und wenig Party. 

“Meine Zwanziger waren geprägt von viel Arbeit und wenig Party.”

Beim Umzug fehlte es dir an günstigen Möglichkeiten, eine schön designte Wohnung einzurichten. Was es nicht gibt, ermöglicht man sich einfach selbst?

Genau. Neue Möbelstücke hätten uns rund 30’000 bis 40’000 Franken gekostet. Da wusste ich: Ich will Wohndesign demokratisieren – jeder soll schön wohnen können, auch ohne eine riesige Anfangsinvestition. Bei Pabio kann man seine Wohnungseinrichtung kostenlos vom Designer gestalten lassen und dann die benötigten Möbel und Deko-Artikel mit einem monatlichen Abo mieten. Wenn man die Einrichtung behalten möchte, kann man sie auch jederzeit vollständig abkaufen.

Was ist das Schwierigste beim Gründen eines neuen Unternehmens?

Ich finde, der schwierigste Teil ist es, auf einem weissen Blatt Papier zu starten. Wenn man sich der Idee verpflichtet und die Maschine mal in Bewegung gebracht hat, folgt alles Schlag auf Schlag. Und dann ist es wichtig, den Fokus zu behalten und sich nicht mit Nebenprojekten zu verzetteln. Dazu gehört auch, in der Freizeit Abstriche zu machen.

Man kann nicht als Jungunternehmer ohne Erfahrung und ohne Netzwerk ein erfolgreiches Unternehmen und gleichzeitig noch mehrmals die Woche Fussballverein, Ausgang und Date-Nights einplanen wollen. Das ist die harte Realität. Jeder will erfolgreich sein, aber nicht jeder ist bereit, das Risiko auf sich zu nehmen und harte Arbeit zu leisten.

Wie gehst du mit Risiken um?

Ich bin sicher in einer privilegierten Position, weil ich mir mit Cleverclip bereits etwas aufgebaut habe, das mir finanzielle Stabilität gibt. Unter diesen Umständen kann ich Risiken eingehen und einfach mal schauen, was passiert. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass das grösste Wagnis in den ersten Monaten ab der Gründung besteht und je weiter man kommt, desto tiefer sollte es werden. Dies ist auch wichtig, um das Vertrauen von Investorinnen und Investoren zu gewinnen. Gegenüber Mitarbeitenden haben wir nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ein Arbeitsverhältnis bei uns mit Risiko verbunden ist.

Apropos Investoren: Womit konntet ihr die US-Amerikaner aus dem YCombinator-Umfeld überzeugen?

Ich denke, das lag einerseits an den komplementären Fähigkeiten des Gründerduos. Mein Mitgründer, Anand Chowdhary, hat einen wahnsinnig guten CV. Ausserdem sind wir von Anfang an mit der Einstellung an die Sache herangegangen, dass wir es entweder riesig oder gar nicht machen wollen. Wir hatten dieses All-in-Denken. Das kommt bei US-Investoren gut an.

Im YCombinator-Programm wart ihr eines der allerersten Schweizer Startups in den USA. Wieso denkst du, haben es sonst kaum hiesige Jungunternehmen dort geschafft?

YCombinator ist eines der weltweit beliebtesten und erfolgreichsten Startup Incubator-Programmen. In ihrer Internationalisierungsstrategie ist die Schweiz auf den Radar geraten. Wir waren sozusagen ein Test Use Case. Seither kommen immer mehr europäische und Schweizer Startups hinzu. Anfangs hat es sich speziell angefühlt, dort aufgenommen zu werden, mittlerweile passiert das aber immer wieder.

Was fasziniert dich am meisten am YCombinator?

Innert nur drei Monaten kommt man sehr weit. Man wird eng begleitet und die finale Aufgabe ist ein Pitch vor tausenden US-Investoren. Danach geht die Betreuung durch den YCombinator weiter, nimmt aber nach und nach ab. Man hat Mentoren und Peers für regelmässige Meetings und Präsentationen von einigen der erfolgreichsten Startup-CEOs wie Airbnb oder Stripe. Diese Eindrücke und Kontakte motivieren einen sehr und zeigen, dass derartige Erfolgsgeschichten keine Träume sind, sondern durchaus Realität werden können.

“Kontakte und Eindrücke im YCombinator zeigten, dass Erfolgsgeschichten keine Träume sind, sondern durchaus Realität werden können.”

Gibt es in der Schweiz etwas Vergleichbares, das du empfehlen würdest?

Ich finde, der EO Accelerator ist herausragend gut und er ist ebenfalls international verbreitet. Richtig vergleichen kann man die Accelerators aus der Schweiz und jene aus dem Silicon Valley aber wohl nicht. Dort bilden Startups eine eigene Industriebranche und Förder- und Supportprogramme sind entsprechend sehr standardisiert und etabliert.

Wäre es machbar, in der Schweiz ein YCombinator Pendant aufzubauen?

Ein Mini-YCombinator-Programm könnte ich mir schon vorstellen. Aber es braucht dazu die richtige Kombination von Leuten. Zum Beispiel Personen, die erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut und bis zum Exit geführt haben. Oder auch Investoren, die selbst ein Startup hatten und dadurch ein besseres Verständnis für die Probleme und Themen haben sowie mit Risiko umgehen können.

Es braucht Investoren, die selbst einmal ein Startup hatten. Dann verstehen sie deren Probleme besser und können mit Risiko umgehen.

Was fehlt der Schweizer Startup-Szene, um mehr grosse Erfolgsgeschichten zu haben?

“Ohne Erfolgsgeschichten enden wir in einer Negativspirale, wenn es um Startup-Investments und Risikobereitschaft geht.”

Uns Schweizern fehlt das grosse Denken. Wir sind im Vergleich mit ausländischen Gründern weniger ambitioniert, wodurch Investoren weniger positive Erfahrungen sammeln können. Das endet in einer Negativspirale, denn es braucht die grossen Erfolgsgeschichten, um die Aufmerksamkeit und das Interesse von Startup-Investorinnen zu gewinnen. In den USA werden Jungunternehmen gegründet, die mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern. Aber wenn es klappt, dann wird es dafür ganz gross und das Investment in ein Startup zahlt sich für die Investoren aus.



Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."

Alyssia Kugler

"Interviews mit Startups zu führen, ermöglicht es mir unserer Leserschaft Inspiration, Erfahrungswerte und authentische Einblicke ins Gründerleben und den Unternehmensaufbau zu geben."