Anstatt sich mit 65 Jahren seinen wohlverdienten Ruhestand zu gönnen, entschied sich der renommierte Handchirurg Frédéric Schuind 2020 für einen ungewöhnlichen Schritt: Er gründete das Medtech-Startup Spirecut, das die Handchirurgie mit einer ultrasoundbasierten Operationsmethode grundlegend verändert.

«Es gibt keinen Grund aufzuhören, nur weil im Pass ein bestimmtes Alter steht», sagt Frédéric Schuind überzeugt. Dass der belgische Chefchirurg zum Gründer wurde, überrascht weniger, wenn man seine Geschichte kennt: Das Unternehmertum liegt in der Familie. Sein Grossvater gründete die Ziegler Transport AG, sein Onkel baute diese zu einem internationalen Konzern mit 30 Unternehmen aus. Zum Missfallen seiner Mutter entschied sich Frédéric dennoch für die Medizin, inspiriert von seinem charismatischen Vater. Eine erfolgreiche Karriere folgte: Er wurde Professor und leitete 17 Jahre lang die orthopädische Abteilung des Erasmus-Krankenhauses in Brüssel. Doch der Unternehmergeist liess ihn nie los.

Vom Operationssaal in die Startup-Welt

Die Chance, beide Welten zu vereinen, ergab sich 2020: Frédéric gründete zunächst ein Unternehmen für 3D-gedruckte Schienen names Swibrace. Als sein Kollege Professor Mogundo eine innovative Idee für minimalinvasive Handchirurgie präsentierte, erkannte er sofort das Potential. Gemeinsam entwickelten sie eine revolutionäre Operationsmethode. Daraus entstand Spirecut.

Die Methode ermöglicht Operationen wie Karpaltunnel oder Schnappfinger in der Schweiz ohne einen Einschnitt in die Haut – ein Durchbruch für Patienten und Chirurgen gleichermassen. Statt eines herkömmlichen Schnitts genügt eine winzige Punktion, vergleichbar mit einer Blutentnahme. Das speziell entwickelte Instrument wird dann unter Ultraschallführung eingeführt.

Schweizer Ingenieurskunst als Wettbewerbsvorteil

Die Entwicklung der Instrumente stellte das Team vor erhebliche Herausforderungen: Während Konkurrenten auf günstige Kunststoffformen setzen, arbeitet Spirecut mit einem spezialisierten Unternehmen zusammen, das für die Produktion von Komponenten in der Uhrenindustrie bekannt ist. «Präzision hat ihren Preis», gibt Frédéric zu, «aber sie ermöglicht uns, ein Qualitätsniveau zu erreichen, das herkömmliche Produkte einfach nicht bieten können.»

Die Vorteile liegen sprichwörtlich auf der Hand: Patienten können bereits am nächsten Tag leichte Tätigkeiten wieder aufnehmen und es gibt keine Narbenbildung. Die Operation kann ausserdem ambulant, ohne Assistenz und ohne kostspielige Sterilisation von Instrumenten durchgeführt werden. Besonders in Ländern wie Grossbritannien, wo Patienten oft monatelang auf eine Operation warten müssen, bietet die ambulante Durchführung enorme Vorteile. «Wir können die Wartezeiten drastisch verkürzen und gleichzeitig die Kosten senken», erklärt Frédéric. 


Das Ream von Spirecut im Austausch. Bildquelle: Spirecut

Dank Schweizer Ökosystem zum Erfolg

Das Unternehmen ist bereits in mehreren europäischen Ländern präsent, und der Schweizer Standort erweist sich dabei als wichtiger Erfolgsfaktor. «Das Ökosystem hier ist einzigartig», betont Frédéric. Am Standort Muttenz profitiert das Unternehmen nicht nur vom Life-Science-Cluster Basel, sondern auch von der engen Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. «Die Unterstützung durch Coaching-Programme und das akademische Umfeld hat uns enorm geholfen.»

«Setzt eure Ideen um!»

Nach vier Jahren als Startup-Gründer ist Frédéric von der Schweizer Gründerszene begeistert: «Die Qualität der Innovationen ist beeindruckend. Bei Startup-Wettbewerben würde ich am liebsten in alle Projekte investieren.» Seine wichtigste Lektion für andere Gründer: «Wenn ihr eine gute Idee habt, setzt sie um! Ich sehe zu viele Kollegen, die innovative Ansätze haben, aber die Herausforderungen scheuen.»

Der ehemalige Chefarzt bereut seinen Schritt in die Selbständigkeit nicht. Im Gegenteil: Mit 69 Jahren verfolgt er seine Vision energischer denn je. «Finanzieller Erfolg ist zwar wesentlich und notwendig, aber zweitrangig», betont er. «Was in MedTech zählt, ist der Nutzen für die Patienten.» Wenn nach einer Operation ihre Ärzte als „Magier“ bezeichnet werden, sieht dieser bescheidene Unternehmer dies als das grösste Kompliment an.

Fakten & Zahlen

Author: Laura Maeder

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Anstatt sich mit 65 Jahren seinen wohlverdienten Ruhestand zu gönnen, entschied sich der renommierte Handchirurg Frédéric Schuind 2020 für einen ungewöhnlichen Schritt: Er gründete das Medtech-Startup Spirecut, das die Handchirurgie mit einer ultrasoundbasierten Operationsmethode grundlegend verändert.

«Es gibt keinen Grund aufzuhören, nur weil im Pass ein bestimmtes Alter steht», sagt Frédéric Schuind überzeugt. Dass der belgische Chefchirurg zum Gründer wurde, überrascht weniger, wenn man seine Geschichte kennt: Das Unternehmertum liegt in der Familie. Sein Grossvater gründete die Ziegler Transport AG, sein Onkel baute diese zu einem internationalen Konzern mit 30 Unternehmen aus. Zum Missfallen seiner Mutter entschied sich Frédéric dennoch für die Medizin, inspiriert von seinem charismatischen Vater. Eine erfolgreiche Karriere folgte: Er wurde Professor und leitete 17 Jahre lang die orthopädische Abteilung des Erasmus-Krankenhauses in Brüssel. Doch der Unternehmergeist liess ihn nie los.

Vom Operationssaal in die Startup-Welt

Die Chance, beide Welten zu vereinen, ergab sich 2020: Frédéric gründete zunächst ein Unternehmen für 3D-gedruckte Schienen names Swibrace. Als sein Kollege Professor Mogundo eine innovative Idee für minimalinvasive Handchirurgie präsentierte, erkannte er sofort das Potential. Gemeinsam entwickelten sie eine revolutionäre Operationsmethode. Daraus entstand Spirecut.

Die Methode ermöglicht Operationen wie Karpaltunnel oder Schnappfinger in der Schweiz ohne einen Einschnitt in die Haut – ein Durchbruch für Patienten und Chirurgen gleichermassen. Statt eines herkömmlichen Schnitts genügt eine winzige Punktion, vergleichbar mit einer Blutentnahme. Das speziell entwickelte Instrument wird dann unter Ultraschallführung eingeführt.

Schweizer Ingenieurskunst als Wettbewerbsvorteil

Die Entwicklung der Instrumente stellte das Team vor erhebliche Herausforderungen: Während Konkurrenten auf günstige Kunststoffformen setzen, arbeitet Spirecut mit einem spezialisierten Unternehmen zusammen, das für die Produktion von Komponenten in der Uhrenindustrie bekannt ist. «Präzision hat ihren Preis», gibt Frédéric zu, «aber sie ermöglicht uns, ein Qualitätsniveau zu erreichen, das herkömmliche Produkte einfach nicht bieten können.»

Die Vorteile liegen sprichwörtlich auf der Hand: Patienten können bereits am nächsten Tag leichte Tätigkeiten wieder aufnehmen und es gibt keine Narbenbildung. Die Operation kann ausserdem ambulant, ohne Assistenz und ohne kostspielige Sterilisation von Instrumenten durchgeführt werden. Besonders in Ländern wie Grossbritannien, wo Patienten oft monatelang auf eine Operation warten müssen, bietet die ambulante Durchführung enorme Vorteile. «Wir können die Wartezeiten drastisch verkürzen und gleichzeitig die Kosten senken», erklärt Frédéric. 


Das Ream von Spirecut im Austausch. Bildquelle: Spirecut

Dank Schweizer Ökosystem zum Erfolg

Das Unternehmen ist bereits in mehreren europäischen Ländern präsent, und der Schweizer Standort erweist sich dabei als wichtiger Erfolgsfaktor. «Das Ökosystem hier ist einzigartig», betont Frédéric. Am Standort Muttenz profitiert das Unternehmen nicht nur vom Life-Science-Cluster Basel, sondern auch von der engen Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. «Die Unterstützung durch Coaching-Programme und das akademische Umfeld hat uns enorm geholfen.»

«Setzt eure Ideen um!»

Nach vier Jahren als Startup-Gründer ist Frédéric von der Schweizer Gründerszene begeistert: «Die Qualität der Innovationen ist beeindruckend. Bei Startup-Wettbewerben würde ich am liebsten in alle Projekte investieren.» Seine wichtigste Lektion für andere Gründer: «Wenn ihr eine gute Idee habt, setzt sie um! Ich sehe zu viele Kollegen, die innovative Ansätze haben, aber die Herausforderungen scheuen.»

Der ehemalige Chefarzt bereut seinen Schritt in die Selbständigkeit nicht. Im Gegenteil: Mit 69 Jahren verfolgt er seine Vision energischer denn je. «Finanzieller Erfolg ist zwar wesentlich und notwendig, aber zweitrangig», betont er. «Was in MedTech zählt, ist der Nutzen für die Patienten.» Wenn nach einer Operation ihre Ärzte als „Magier“ bezeichnet werden, sieht dieser bescheidene Unternehmer dies als das grösste Kompliment an.

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