Schätzungsweise die Hälfte aller Obst- und Gemüseernten geht verloren. Daria Reisch und Sharon Wulff von Agrinorm wollen das mit Künstlicher Intelligenz (KI) ändern. Im Interview erzählen sie, wie die Idee entstand und was KI dazu beitragen kann.
Was ist eure Vision mit Agrinorm?
Daria: Wir wollen eine zukunftsfähige Versorgung mit frischen Produkten ermöglichen, die frei von Lebensmittelverschwendung ist. Die Verbraucher sollen jederzeit wissen, von welchem Lieferanten sie Produkte beziehen und wie hoch der dafür aufgewendete CO2-Ausstoss war. Die Schlüsselkomponente dafür ist die Digitalisierung. Mit unseren Partnern wollen wir diese kosteneffiziente und ressourcenorientierte Lieferkette vorantreiben, günstige Preise für die Endverbraucher anbieten und gleichzeitig höhere Einkommen für die Erzeuger gewährleisten. Einerseits setzen wir auf Technologien, andererseits auf ein
entwickeltes Handelsökosystem und zuverlässige Industriepartner.
Hat sich eure Sicht auf Lebensmittelverschwendung seit der Gründung von Agrinorm verändert?
Sharon: Absolut! Ich bin Vegetarierin und esse viel Obst und Gemüse. Nachhaltigkeit war für mich in diesem Zusammenhang früher kein grosses Thema. Ich war mir auch nicht bewusst, wie hoch die Lebensmittelverschwendung in der Lieferkette ist. Daria: Ich arbeitete schon vor Agrinorm im Nachhaltigkeitsbereich und war deshalb nicht überrascht von den Fakten über die Lieferkette. Der wirtschaftliche Aspekt kam für mich aber ganz neu dazu.
Welche Vorbilder oder Konzepte haben euch geholfen, das Geschäftsmodell zu entwickeln?
Sharon: Unter anderem war das Geschäftsmodell von Uber eine Inspiration. Bei Uber sieht man als Passagier nicht alle verfügbaren Taxis – und als Fahrer nicht alle Passagiere. Die Plattform funktioniert «End-to-End» und übernimmt die Paarung. Wir machen dasselbe, nur mit frischen Lebensmitteln. Wir kennen die Produktionswege, wissen, woher die Produkte stammen und welche Bedürfnisse bestehen. Wir optimieren die Logistik und finden die richtigen Preise sowie die beste Paarung zwischen Produzenten und Käufer/Kunden.
Was hat euch dazu gebracht, ein Produkt zu entwickeln, das auf KI basiert?
Daria: Wir hatten das Ziel, Lieferketten effizienter zu gestalten. Sharon war überzeugt, dass wir das mit KI erreichen können. Die Nutzung dieser Technologie ist unser Alleinstellungsmerkmal im Bereich Fruchthandel.
Gab es ein Ereignis, mit dem ihr nicht gerechnet habt, während ihr die KI-basierte Software entwickelt habt?
Sharon: Davon gab es viele! Beispielsweise bei der Datenverarbeitung. Wir fragten uns, wie sich die hohen Anforderungen herunterbrechen lassen und wollten
herausfinden, wo Geld verloren geht. Aussagekräftige Daten aus einer Lieferkette zu bekommen, ist aufwändig. Daria: Es ist erstaunlich, wie wenig digitalisiert diese Branche ist. Viele Händler arbeiten mit Excel-Listen und tragen die Daten manuell ein. Das ist in Ordnung, solange es funktioniert. Aber die Prozesse liessen sich massiv optimieren.
Welche Hürden sind euch im Hinblick auf Finanzierungsrunden begegnet?
Daria: Finanzierungsrunden sind zeitintensiv. Gleichzeitig sollte man sich als Gründer auf den Geschäftsaufbau konzentrieren. Wir sind wählerisch, wenn es um die Auswahl von Investoren geht. Das müssen Menschen sein, die verstehen, was wir tun. Ein schlechter Investor kann ein Unternehmen ruinieren.
Welche Herausforderungen habt ihr als Gründerinnen erlebt?
Daria: Ich bin letztes Jahr Mutter geworden. Die Kombination aus Startup und Baby ist eine intensive Erfahrung. Aber: Es ist machbar! Ansonsten hatte ich nie das Gefühl, dass ich als Frau in der Gründerszene einen Nachteil gehabt hätte. Man muss dazu sagen, dass ich einen Hintergrund im Bereich Landwirtschaft habe, Sharon in der Technologie. Das sind männerdominierte Branchen und man muss lernen, sich durchzusetzen und seinen Weg zu gehen.
Wie seid ihr denn als Gründerteam zusammengekommen?
Daria: Ich identifizierte in meinem Arbeitsalltag ein Problem, das ich unbedingt lösen wollte. Doch ich hatte keine Ahnung von Technologien. Also nahm ich an allen möglichen Events teil, um mehr darüber zu erfahren. An einem Event traf ich Sharon und erzählte ihr von meiner Idee. Sie fand sie richtig gut! Sharon: Ich war zu einem Machine-Learning-Bootcamp als Gast eingeladen. Dort traf ich Daria, die mich während der Pausen aufgrund meiner aktiven Teilnahme an den Diskussionen ansprach. Wir begannen, an einem Projekt zur Entwicklung eines Algorithmus zur Haltbarkeitsprognose mithilfe von Blaubeerbildern zu arbeiten. In den folgenden Monaten sammelten wir eine erhebliche Menge an Daten. Ich war nicht nur von Darias Einfallsreichtum und klarem Denken beeindruckt, sondern auch von der Herausforderung der Frischprodukt-Haltbarkeit. Als es dann an der Zeit war, meinen neuen Job anzutreten, habe ich mich für das eigene Startup entschieden, anstatt eine traditionelle Karriere zu verfolgen.
Wie hat kulturelle Vielfalt im Team zur Entwicklung innovativer Lösungen beigetragen?
Daria: Wir stellen keine Leute mit demselben Pass ein! (lacht) Das ist natürlich ein Scherz, aber in unserem Team kommt tatsächlich jeder unserer acht Mitarbeitenden aus einem anderen Land. Wir profitieren von unterschiedlichen Perspektiven. Wichtig ist, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen. Unsere Mitarbeitenden arbeiten mit viel Leidenschaft an unserer Geschäftsidee. Das ist in einem Startup wichtig: Wir brauchen Leute, die
etwas bewegen wollen. Sharon: Die Charaktere im Team sind unterschiedlich – was uns verbindet, ist, dass wir offen und aufmerksam sind. Dadurch gibt es bei uns fast keine Barrieren. Jeder agiert so, als wäre er Mitgründer.
Welche Lehren habt ihr aus Fehlschlägen gewonnen?
Daria: Du wirst oft scheitern, bevor du erfolgreich sein wirst. Wichtig ist, dass du immer wieder aufstehst. Eine gesunde Fehlerkultur ist ebenfalls essenziell, ansonsten erstickt jegliches Entwicklungspotenzial. Sharon: Investiere Zeit, um zu reflektieren, zu denken und zu verdauen. Das ist gut investierte Zeit. Als Gründer steht man oft unter Druck. Aber ohne Pausen zu arbeiten, ist falsch. Es käme niemand auf die Idee, den Mount Everest zu besteigen, ohne Pausen einzulegen! Wer ausbrennt, kann weder ein Team motivieren noch Kunden überzeugen. Stressmanagement ist das A und O. Daria: Die Staatsunterstützung ist auch zu erwähnen. Es ist vergleichsweise einfach, eine Firma zu gründen und die erste Pre-Seed-Finanzierung zu erhalten.
Schätzungsweise die Hälfte aller Obst- und Gemüseernten geht verloren. Daria Reisch und Sharon Wulff von Agrinorm wollen das mit Künstlicher Intelligenz (KI) ändern. Im Interview erzählen sie, wie die Idee entstand und was KI dazu beitragen kann.
Was ist eure Vision mit Agrinorm?
Daria: Wir wollen eine zukunftsfähige Versorgung mit frischen Produkten ermöglichen, die frei von Lebensmittelverschwendung ist. Die Verbraucher sollen jederzeit wissen, von welchem Lieferanten sie Produkte beziehen und wie hoch der dafür aufgewendete CO2-Ausstoss war. Die Schlüsselkomponente dafür ist die Digitalisierung. Mit unseren Partnern wollen wir diese kosteneffiziente und ressourcenorientierte Lieferkette vorantreiben, günstige Preise für die Endverbraucher anbieten und gleichzeitig höhere Einkommen für die Erzeuger gewährleisten. Einerseits setzen wir auf Technologien, andererseits auf ein
entwickeltes Handelsökosystem und zuverlässige Industriepartner.
Hat sich eure Sicht auf Lebensmittelverschwendung seit der Gründung von Agrinorm verändert?
Sharon: Absolut! Ich bin Vegetarierin und esse viel Obst und Gemüse. Nachhaltigkeit war für mich in diesem Zusammenhang früher kein grosses Thema. Ich war mir auch nicht bewusst, wie hoch die Lebensmittelverschwendung in der Lieferkette ist. Daria: Ich arbeitete schon vor Agrinorm im Nachhaltigkeitsbereich und war deshalb nicht überrascht von den Fakten über die Lieferkette. Der wirtschaftliche Aspekt kam für mich aber ganz neu dazu.
Welche Vorbilder oder Konzepte haben euch geholfen, das Geschäftsmodell zu entwickeln?
Sharon: Unter anderem war das Geschäftsmodell von Uber eine Inspiration. Bei Uber sieht man als Passagier nicht alle verfügbaren Taxis – und als Fahrer nicht alle Passagiere. Die Plattform funktioniert «End-to-End» und übernimmt die Paarung. Wir machen dasselbe, nur mit frischen Lebensmitteln. Wir kennen die Produktionswege, wissen, woher die Produkte stammen und welche Bedürfnisse bestehen. Wir optimieren die Logistik und finden die richtigen Preise sowie die beste Paarung zwischen Produzenten und Käufer/Kunden.
Was hat euch dazu gebracht, ein Produkt zu entwickeln, das auf KI basiert?
Daria: Wir hatten das Ziel, Lieferketten effizienter zu gestalten. Sharon war überzeugt, dass wir das mit KI erreichen können. Die Nutzung dieser Technologie ist unser Alleinstellungsmerkmal im Bereich Fruchthandel.
Gab es ein Ereignis, mit dem ihr nicht gerechnet habt, während ihr die KI-basierte Software entwickelt habt?
Sharon: Davon gab es viele! Beispielsweise bei der Datenverarbeitung. Wir fragten uns, wie sich die hohen Anforderungen herunterbrechen lassen und wollten
herausfinden, wo Geld verloren geht. Aussagekräftige Daten aus einer Lieferkette zu bekommen, ist aufwändig. Daria: Es ist erstaunlich, wie wenig digitalisiert diese Branche ist. Viele Händler arbeiten mit Excel-Listen und tragen die Daten manuell ein. Das ist in Ordnung, solange es funktioniert. Aber die Prozesse liessen sich massiv optimieren.
Welche Hürden sind euch im Hinblick auf Finanzierungsrunden begegnet?
Daria: Finanzierungsrunden sind zeitintensiv. Gleichzeitig sollte man sich als Gründer auf den Geschäftsaufbau konzentrieren. Wir sind wählerisch, wenn es um die Auswahl von Investoren geht. Das müssen Menschen sein, die verstehen, was wir tun. Ein schlechter Investor kann ein Unternehmen ruinieren.
Welche Herausforderungen habt ihr als Gründerinnen erlebt?
Daria: Ich bin letztes Jahr Mutter geworden. Die Kombination aus Startup und Baby ist eine intensive Erfahrung. Aber: Es ist machbar! Ansonsten hatte ich nie das Gefühl, dass ich als Frau in der Gründerszene einen Nachteil gehabt hätte. Man muss dazu sagen, dass ich einen Hintergrund im Bereich Landwirtschaft habe, Sharon in der Technologie. Das sind männerdominierte Branchen und man muss lernen, sich durchzusetzen und seinen Weg zu gehen.
Wie seid ihr denn als Gründerteam zusammengekommen?
Daria: Ich identifizierte in meinem Arbeitsalltag ein Problem, das ich unbedingt lösen wollte. Doch ich hatte keine Ahnung von Technologien. Also nahm ich an allen möglichen Events teil, um mehr darüber zu erfahren. An einem Event traf ich Sharon und erzählte ihr von meiner Idee. Sie fand sie richtig gut! Sharon: Ich war zu einem Machine-Learning-Bootcamp als Gast eingeladen. Dort traf ich Daria, die mich während der Pausen aufgrund meiner aktiven Teilnahme an den Diskussionen ansprach. Wir begannen, an einem Projekt zur Entwicklung eines Algorithmus zur Haltbarkeitsprognose mithilfe von Blaubeerbildern zu arbeiten. In den folgenden Monaten sammelten wir eine erhebliche Menge an Daten. Ich war nicht nur von Darias Einfallsreichtum und klarem Denken beeindruckt, sondern auch von der Herausforderung der Frischprodukt-Haltbarkeit. Als es dann an der Zeit war, meinen neuen Job anzutreten, habe ich mich für das eigene Startup entschieden, anstatt eine traditionelle Karriere zu verfolgen.
Wie hat kulturelle Vielfalt im Team zur Entwicklung innovativer Lösungen beigetragen?
Daria: Wir stellen keine Leute mit demselben Pass ein! (lacht) Das ist natürlich ein Scherz, aber in unserem Team kommt tatsächlich jeder unserer acht Mitarbeitenden aus einem anderen Land. Wir profitieren von unterschiedlichen Perspektiven. Wichtig ist, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen. Unsere Mitarbeitenden arbeiten mit viel Leidenschaft an unserer Geschäftsidee. Das ist in einem Startup wichtig: Wir brauchen Leute, die
etwas bewegen wollen. Sharon: Die Charaktere im Team sind unterschiedlich – was uns verbindet, ist, dass wir offen und aufmerksam sind. Dadurch gibt es bei uns fast keine Barrieren. Jeder agiert so, als wäre er Mitgründer.
Welche Lehren habt ihr aus Fehlschlägen gewonnen?
Daria: Du wirst oft scheitern, bevor du erfolgreich sein wirst. Wichtig ist, dass du immer wieder aufstehst. Eine gesunde Fehlerkultur ist ebenfalls essenziell, ansonsten erstickt jegliches Entwicklungspotenzial. Sharon: Investiere Zeit, um zu reflektieren, zu denken und zu verdauen. Das ist gut investierte Zeit. Als Gründer steht man oft unter Druck. Aber ohne Pausen zu arbeiten, ist falsch. Es käme niemand auf die Idee, den Mount Everest zu besteigen, ohne Pausen einzulegen! Wer ausbrennt, kann weder ein Team motivieren noch Kunden überzeugen. Stressmanagement ist das A und O. Daria: Die Staatsunterstützung ist auch zu erwähnen. Es ist vergleichsweise einfach, eine Firma zu gründen und die erste Pre-Seed-Finanzierung zu erhalten.