Deskbird will den Arbeitsmarkt der Zukunft revolutionieren. CEO Ivan Cossu erzählt, wie seinem Startup kurz vor dem Scheitern die Wende gelang.

Was war die ursprüngliche Vision bei der Gründung von Deskbird?

Unser erster Versuch war ein Misserfolg. Wir folgten dem verbreiteten Rat, ein Problem zu suchen und dieses zu lösen. Wir suchten also nach einer Alternative zu klassischen Abomodellen in Co-Working Spaces. Während der Corona-Pandemie waren wir überzeugt, dass Unternehmen zukünftig weniger Fixplätze brauchen werden. Deshalb entwickelten wir eine App, die als Airbnb für Co-Working Spaces angedacht war.

Was ging schief?

Wir hatten in kurzer Zeit über 300 Co-Working Spaces als Partner dabei. Doch auf Kundenseite war das Produkt wenig erfolgreich, die Idee war nicht skalierbar. Wir hatten über 300’000 Franken Kapital von Business Angels eingesammelt und dieses Geld ging uns aus. Wir mussten das Geschäftsmodell dringend ändern und nahmen dazu nochmals Geld auf. Ohne dieses würden wir heute nicht mehr existieren.

Wie habt ihr die Wende hingekriegt?

Wir suchten direktes Feedback von Grossunternehmen und stellten ihnen unsere App vor. Die meisten fanden das Produkt grundsätzlich spannend, doch unter einem anderen Ansatz. Sie wollten die Anwendung nutzen, um eigene Büroflächen zu verwalten. Irgendwie gelang es uns, das Produkt in Hochgeschwindigkeit umzubauen und Kunden zu gewinnen. Wir setzten eine Website auf und erhielten Anfragen aus der Schweiz, Deutschland und England. Da realisierten wir: In dieser Form hat unsere Idee richtig Potenzial.

An welchen Moment erinnerst du dich besonders? 

Unser erster Grosskunde war ein Zürcher Energieunternehmen. Als sie unterschrieben, war unser Produkt noch mitten in der Entwicklung. Kurz vor der vereinbarten Deadline war mein Mitgründer noch damit beschäftigt, die letzten Fehler auszumerzen. Das gelang ihm wirklich in letzter Minute! Schlussendlich klappte alles und das Unternehmen ist bis heute unser Kunde. Seither ist viel passiert: Wir konnten schnell skalieren und gewannen in drei Jahren über tausend Kunden in ganz Europa dazu. 

Wie unterscheidet sich Deskbird von anderen Anbietern im Bereich Büromanagement-Software? 

Viele Lösungen sind alt und werden kaum weiterentwickelt. Das führt dazu, dass Kunden abspringen. Konkurrenz belebt den Markt. Wir wussten von Anfang an, dass wir eine aggressive Strategie verfolgen müssen, um uns durchzusetzen. Wir brauchen Umsatz, um in die Weiterentwicklung unserer App zu investieren. Es geht um Geschwindigkeit. Wir geben Vollgas und schaffen eine Unternehmenskultur, in der alle wissen, dass wir nur überleben, wenn wir ein gutes Produkt abliefern.

Wie habt ihr euren Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppelt?

Es geht vor allem um das Mindset und die Unternehmenskultur, die wir schaffen. Wir sind als Gründer eher rastlos und nie zufrieden. Wir wollen unsere Lösung kontinuierlich verbessern. Jeder, der bei Deskbird arbeitet, soll von unserer Begeisterung mitgerissen werden und am Mythos vom super erfolgreichen Startup teilhaben. Wir achten extrem darauf, wen wir einstellen: Wir brauchen Leute, die unser Mindset teilen, die wachsen und lernen wollen. Wir sind schnell im Hinblick auf die Produktentwicklung, dadurch können wir mehr Umsatz generieren und mehr Geld einsammeln. Aber nur, weil man Geld auf dem Konto hat, heisst das nicht, dass man von schlechten Entscheidungen und Misserfolg gefeit ist.

Kürzlich habt ihr über zwölf Millionen Euro eingesammelt. Welche Pläne habt ihr damit?

Die eine Hälfte investieren wir in die Skalierung, die andere ins Produkt. Wir wollen zudem weiter expandieren, unter anderem in die USA. Dadurch könnten wir den aktuellen Marktanteil mehr als verdoppeln! Wir befinden uns in einer spannenden Phase; nun geht es um die Kunst des Priorisierens. Optionen gibt es mehr als Ressourcen: Es ist wichtig, eine klare Vision zu haben, wo uns die Reise hinführt. Ich habe auch etwas Respekt vor der Entwicklung zum Grossunternehmen. Die Startup-Mentalität wollen wir unbedingt beibehalten: Alle Mitarbeitende sollen sich einbringen und Verantwortung übernehmen. 

Wie siehst du die Zukunft der Arbeitswelt? 

Ich denke, dass das hybride Arbeitsmodell bleibt. Ortsunabhängiges Arbeiten wird sich in Bereichen, in denen es möglich ist, durchsetzen. Klar, es gibt Firmen, die sich dieser Entwicklung widersetzen. Wir sind aber überzeugt, dass das Büro immer mehr zur Begegnungs- und Erlebnisstätte wird. Die meisten Arbeitskräfte sind heute drei Tage pro Woche im Büro. Ich glaube zudem, dass „Virtual Reality“ zukünftig viele neue Möglichkeiten schaffen wird. Die Leute werden dadurch nicht nur am Meeting dabei sein können, sondern auch bei allem, was danach passiert. 

Welche Vorbilder hast du als Gründer? 

Als Student arbeitete ich bei der Privatbank Wegelin, das war damals die älteste Privatbank der Schweiz. Das Umfeld war inspirierend und ich empfand die drei Teilhaber als Vorbilder. Konrad Hummler, Otto Bruderer und später auch Steffen Tolle gaben gut bezahlte, sichere Jobs auf, um etwas Neues zu wagen. Es gelang ihnen, die Privatbank von 20 auf über 700 Mitarbeitende aufzubauen. Solche Schaffenskraft bewegt mich. Ich kann mir nichts Cooleres im Leben vorstellen, als etwas Grosses aus dem Nichts zu errichten. 

Welche Strategien hast du, um Stress abzubauen? 

Danach suche ich noch (lacht). Manchmal gibt es Tage, da habe ich einfach weniger Energie. Dann versuche ich, mein Energielevel auf einer Skala von eins bis zehn einzuordnen. Wenn der Wert tief ist, weiss ich, dass ich Zeit für mich einräumen muss. Ich versuche dann, meine Balance wiederzufinden, indem ich beispielsweise mehr Sport mache. Eine bewusste Routine habe ich aber nicht. Als Gründer weiss ich, dass es stressige Momente gibt. Da will ich mich nicht noch zusätzlich geisseln. Gründen ist ein wenig wie ein Marathon mit zahlreichen Sprints. 

Was treibt dich an und was sind deine langfristigen Unternehmensziele?

Wir wollen aus der kleinen Schweiz eine führende Softwarelösung aufbauen. Grundsätzlich treibt mich alles an, was mit Wachstum zu tun hat. Gründen kannst du weder mit einem Buch noch im Studium lernen. Vieles ist einfach ‹learning by doing›.

Welches Vermächtnis möchtest du als Gründer hinterlassen? 

Ein Unternehmen, in dem alle Mitarbeitenden extrem motiviert sind, das heisst Einsatz geben und Wachstumsmöglichkeiten erhalten. In einem Startup wird es nie langweilig: Man wächst in einem Jahr etwa so, wie in anderen Firmen innerhalb von drei Jahren. Persönlich möchte ich die «Denke gross»-Mentalität verbreiten. Wir brauchen mehr Startups, die gross denken. Da können wir Europäer von Amerika einiges lernen und noch viel mutiger sein. 

Author: Saskia Iten

"Ich finde es eine wunderbare Aufgabe, mutige Gründer und ihre Ideen sichtbar zu machen."
Innovation
Startups
Tipps
Geistiges Eigentum
Startup Ökosystem
Female Entrepreneur
Investoren & Fundraising
Interview

Deskbird will den Arbeitsmarkt der Zukunft revolutionieren. CEO Ivan Cossu erzählt, wie seinem Startup kurz vor dem Scheitern die Wende gelang.

Was war die ursprüngliche Vision bei der Gründung von Deskbird?

Unser erster Versuch war ein Misserfolg. Wir folgten dem verbreiteten Rat, ein Problem zu suchen und dieses zu lösen. Wir suchten also nach einer Alternative zu klassischen Abomodellen in Co-Working Spaces. Während der Corona-Pandemie waren wir überzeugt, dass Unternehmen zukünftig weniger Fixplätze brauchen werden. Deshalb entwickelten wir eine App, die als Airbnb für Co-Working Spaces angedacht war.

Was ging schief?

Wir hatten in kurzer Zeit über 300 Co-Working Spaces als Partner dabei. Doch auf Kundenseite war das Produkt wenig erfolgreich, die Idee war nicht skalierbar. Wir hatten über 300’000 Franken Kapital von Business Angels eingesammelt und dieses Geld ging uns aus. Wir mussten das Geschäftsmodell dringend ändern und nahmen dazu nochmals Geld auf. Ohne dieses würden wir heute nicht mehr existieren.

Wie habt ihr die Wende hingekriegt?

Wir suchten direktes Feedback von Grossunternehmen und stellten ihnen unsere App vor. Die meisten fanden das Produkt grundsätzlich spannend, doch unter einem anderen Ansatz. Sie wollten die Anwendung nutzen, um eigene Büroflächen zu verwalten. Irgendwie gelang es uns, das Produkt in Hochgeschwindigkeit umzubauen und Kunden zu gewinnen. Wir setzten eine Website auf und erhielten Anfragen aus der Schweiz, Deutschland und England. Da realisierten wir: In dieser Form hat unsere Idee richtig Potenzial.

An welchen Moment erinnerst du dich besonders? 

Unser erster Grosskunde war ein Zürcher Energieunternehmen. Als sie unterschrieben, war unser Produkt noch mitten in der Entwicklung. Kurz vor der vereinbarten Deadline war mein Mitgründer noch damit beschäftigt, die letzten Fehler auszumerzen. Das gelang ihm wirklich in letzter Minute! Schlussendlich klappte alles und das Unternehmen ist bis heute unser Kunde. Seither ist viel passiert: Wir konnten schnell skalieren und gewannen in drei Jahren über tausend Kunden in ganz Europa dazu. 

Wie unterscheidet sich Deskbird von anderen Anbietern im Bereich Büromanagement-Software? 

Viele Lösungen sind alt und werden kaum weiterentwickelt. Das führt dazu, dass Kunden abspringen. Konkurrenz belebt den Markt. Wir wussten von Anfang an, dass wir eine aggressive Strategie verfolgen müssen, um uns durchzusetzen. Wir brauchen Umsatz, um in die Weiterentwicklung unserer App zu investieren. Es geht um Geschwindigkeit. Wir geben Vollgas und schaffen eine Unternehmenskultur, in der alle wissen, dass wir nur überleben, wenn wir ein gutes Produkt abliefern.

Wie habt ihr euren Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppelt?

Es geht vor allem um das Mindset und die Unternehmenskultur, die wir schaffen. Wir sind als Gründer eher rastlos und nie zufrieden. Wir wollen unsere Lösung kontinuierlich verbessern. Jeder, der bei Deskbird arbeitet, soll von unserer Begeisterung mitgerissen werden und am Mythos vom super erfolgreichen Startup teilhaben. Wir achten extrem darauf, wen wir einstellen: Wir brauchen Leute, die unser Mindset teilen, die wachsen und lernen wollen. Wir sind schnell im Hinblick auf die Produktentwicklung, dadurch können wir mehr Umsatz generieren und mehr Geld einsammeln. Aber nur, weil man Geld auf dem Konto hat, heisst das nicht, dass man von schlechten Entscheidungen und Misserfolg gefeit ist.

Kürzlich habt ihr über zwölf Millionen Euro eingesammelt. Welche Pläne habt ihr damit?

Die eine Hälfte investieren wir in die Skalierung, die andere ins Produkt. Wir wollen zudem weiter expandieren, unter anderem in die USA. Dadurch könnten wir den aktuellen Marktanteil mehr als verdoppeln! Wir befinden uns in einer spannenden Phase; nun geht es um die Kunst des Priorisierens. Optionen gibt es mehr als Ressourcen: Es ist wichtig, eine klare Vision zu haben, wo uns die Reise hinführt. Ich habe auch etwas Respekt vor der Entwicklung zum Grossunternehmen. Die Startup-Mentalität wollen wir unbedingt beibehalten: Alle Mitarbeitende sollen sich einbringen und Verantwortung übernehmen. 

Wie siehst du die Zukunft der Arbeitswelt? 

Ich denke, dass das hybride Arbeitsmodell bleibt. Ortsunabhängiges Arbeiten wird sich in Bereichen, in denen es möglich ist, durchsetzen. Klar, es gibt Firmen, die sich dieser Entwicklung widersetzen. Wir sind aber überzeugt, dass das Büro immer mehr zur Begegnungs- und Erlebnisstätte wird. Die meisten Arbeitskräfte sind heute drei Tage pro Woche im Büro. Ich glaube zudem, dass „Virtual Reality“ zukünftig viele neue Möglichkeiten schaffen wird. Die Leute werden dadurch nicht nur am Meeting dabei sein können, sondern auch bei allem, was danach passiert. 

Welche Vorbilder hast du als Gründer? 

Als Student arbeitete ich bei der Privatbank Wegelin, das war damals die älteste Privatbank der Schweiz. Das Umfeld war inspirierend und ich empfand die drei Teilhaber als Vorbilder. Konrad Hummler, Otto Bruderer und später auch Steffen Tolle gaben gut bezahlte, sichere Jobs auf, um etwas Neues zu wagen. Es gelang ihnen, die Privatbank von 20 auf über 700 Mitarbeitende aufzubauen. Solche Schaffenskraft bewegt mich. Ich kann mir nichts Cooleres im Leben vorstellen, als etwas Grosses aus dem Nichts zu errichten. 

Welche Strategien hast du, um Stress abzubauen? 

Danach suche ich noch (lacht). Manchmal gibt es Tage, da habe ich einfach weniger Energie. Dann versuche ich, mein Energielevel auf einer Skala von eins bis zehn einzuordnen. Wenn der Wert tief ist, weiss ich, dass ich Zeit für mich einräumen muss. Ich versuche dann, meine Balance wiederzufinden, indem ich beispielsweise mehr Sport mache. Eine bewusste Routine habe ich aber nicht. Als Gründer weiss ich, dass es stressige Momente gibt. Da will ich mich nicht noch zusätzlich geisseln. Gründen ist ein wenig wie ein Marathon mit zahlreichen Sprints. 

Was treibt dich an und was sind deine langfristigen Unternehmensziele?

Wir wollen aus der kleinen Schweiz eine führende Softwarelösung aufbauen. Grundsätzlich treibt mich alles an, was mit Wachstum zu tun hat. Gründen kannst du weder mit einem Buch noch im Studium lernen. Vieles ist einfach ‹learning by doing›.

Welches Vermächtnis möchtest du als Gründer hinterlassen? 

Ein Unternehmen, in dem alle Mitarbeitenden extrem motiviert sind, das heisst Einsatz geben und Wachstumsmöglichkeiten erhalten. In einem Startup wird es nie langweilig: Man wächst in einem Jahr etwa so, wie in anderen Firmen innerhalb von drei Jahren. Persönlich möchte ich die «Denke gross»-Mentalität verbreiten. Wir brauchen mehr Startups, die gross denken. Da können wir Europäer von Amerika einiges lernen und noch viel mutiger sein.