Wer seine Marke anmelden möchte, muss bei der Auswahl die sogenannte Nizza-Klassifikation anwenden. Das ist eine bedeutende Aufgabe, denn sie beeinflusst den Schutzumfang und auch das Konfliktpotenzial mit anderen Marken. Wir haben Markenexperte Peter Benninger befragt, um das System verständlicher zu machen und seine Tipps für Markenanmelder – unter ihnen auch viele Startups – zu erfahren.
Worum geht es bei der Nizza-Klassifikation?
In allen Ländern, die einen Markenschutz kennen, muss bei der Hinterlegung einer Marke bestimmt werden, für welche Waren und/oder Dienstleistungen der Markenschutz gelten soll. Ziel des 1957 in Nizza beschlossenen Abkommens ist es, dass Waren und Dienstleistungen in allen Mitgliedsländern nach den gleichen Kriterien klassiert werden. Dies erleichtert zum einen die Ausdehnung des Markenschutzes auf andere Länder. Zum anderen erleichtert es international die Recherche nach verwechselbaren Marken. So kann man die Suche in den Markendatenbanken auf die Klassen beschränken, die potenziell zu Konflikten führen könnten; denn identische oder ähnliche Marken für ganz andere Waren und Dienstleistungen sind ja in der Regel kein Problem.
Muss ein Unternehmen die Marke nur für die angebotenen Waren oder Dienstleistungen selbst schützen, oder auch für alles, was sonst noch dazugehört, wie z. B. die Warenverpackung oder die Website des Unternehmens?
Wenn jemand Waren herstellt und verkauft, reicht es, die hergestellten Waren in der entsprechenden Warenklasse zu nennen. Alles andere, wie z. B. bei einem Süsswarenhersteller das Papier um die Bonbons, die Verpackung oder die Website, auf der die Süssigkeiten beworben werden, sind Hilfswaren oder Tätigkeiten (keine Dienstleistungen!), die für Herstellung und Vertrieb nötig sind. Ist aber die Verpackung sehr eng mit der Ware verbunden, kann es sinnvoll sein, auch die Verpackung zu schützen.
Welches sind die häufigsten Fehler bei der Erstellung der Waren- und Dienstleistungslisten?
Am häufigsten sind unklare Formulierungen. Manchmal ist die Ursache eine schlecht übersetzte Originalliste, z. B., wenn sie jemand auf Englisch erstellt hat und bei der Anmeldung mit einem Online-Tool ins Deutsche übersetzt. Teils ist es schlichtweg eine schlechte Anwendung der Sprache. Bei solchen Unklarheiten beanstanden wir das Gesuch. Innerhalb von zwei Monaten kann die Anmelderin die Waren- und Dienstleistungsliste anpassen.
Hast du ein Beispiel für unklare Formulierungen?
Zum Beispiel «Klasse 42, Bereitstellung einer Website (Software)». Was ist gemeint mit Bereitstellung? Wird Software auf einer Website bereitgestellt oder wird über eine Website mittels einer Software eine bestimmte Dienstleistung erbracht? Diese Formulierung ist unverständlich. Stattdessen müsste angegeben werden, welche Dienstleistungen (über die Website) angeboten werden, z. B. «Online-Versicherungsberatung».
Häufig sind auch Präzisierungsversuche mit «insbesondere», also z. B. «Elektrische Apparate, insbesondere Rasierer». Gemäss unserer Praxis kann aber ein Begriff wie «elektrische Apparate», der zu vage für die Klassierung ist, nicht auf diese Weise präzisiert werden. Der zuvor stehende vage Begriff bleibt auch mit einer nicht abschliessenden Aufzählung unklar. Der Anmelder müsste die Apparate stattdessen so weit präzisieren, dass sie klassiert werden können. Z. B. indem er «elektrische Apparate» durch «elektrische Zahnbürsten und elektrische Rasierer» ersetzt. Ist die Marke nur für Rasierer bestimmt, müsste statt «insbesondere» «nämlich» verwendet werden.
Was geschieht, wenn Waren oder Dienstleistungen falsch klassiert worden sind?
Die Klassierung hat nur administrativen Charakter. D. h., dass man z. B. in einem Widerspruch im Prinzip den gleichen Schutz geniesst, ob nun richtig klassiert oder falsch. Aber Achtung: Begriffe mit einer Doppelbedeutung bilden eine Ausnahme. Bei diesen präzisiert die Klasse den Begriff. Wenn jemand z. B. den Schutz für «Federn» in Klasse 6 beansprucht hat, ist die Marke für Federn im Sinn einer Kleineisenware geschützt; und nicht für Schreibfedern (Klasse 16) oder für Federn als Polsterfüllmaterial (Klasse 22) – auch wenn der Anmelder eigentlich Schreibfedern schützen lassen wollte.
Richtig zu klassieren liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Anmelders. Klassiert er falsch, muss er in Kauf nehmen, dass die Bezeichnung anders verstanden wird als gedacht. Oder dass eine Mitbewerberin seine Marke bei einer Markenrecherche nicht findet, da die meisten Recherchedienste grundsätzlich nur nach Klassennummern suchen. Umgekehrt wird auch er, wenn er nach der Eintragung eine «falsche Klasse» überwacht, nicht auf neue, ähnliche Marken aufmerksam und könnte es deshalb verpassen, einen Widerspruch einzureichen.
Wie geht ein Unternehmen bei der Wahl der Waren und Dienstleistungen am besten vor?
Bevor das Unternehmen eine Marke hinterlegt, sollte es sich genau überlegen, für welche Waren und/oder Dienstleistungen es überhaupt Schutz beanspruchen möchte. Dazu gehört auch ein Blick voraus: Will das Unternehmen sein Angebot in absehbarer Zeit erweitern, kann es die geplanten Waren und Dienstleistungen bereits bei der Anmeldung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis erfassen – auch wenn das Zeichen nicht umgehend für alle beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gebraucht wird. Denn nach der Eintragung kann das Verzeichnis nicht mehr erweitert werden.
Es geht aber nicht darum, von Beginn weg möglichst viele Waren und Dienstleistungen zu schützen. Nicht nur wegen der anfallenden Kosten. Eine Marke muss innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch wirklich gebraucht werden. Andernfalls erlischt im Prinzip der Schutzanspruch für die nicht gehandelten Waren oder die nicht erbrachten Dienstleistungen.
Was macht man so, wenn man später neue Waren oder Dienstleistungen in das Sortiment aufnimmt und die Marke auch für diese schützen will?
Dann muss für die neuen Waren oder Dienstleistungen eine neue Marke angemeldet werden. Wir empfehlen in diesem Fall, mit einer Recherche zu klären, ob für ähnliche Waren oder Dienstleistungen bereits eine ähnliche Marke eingetragen ist.
Hast du weitere Tipps für die Bestimmung der Waren- und Dienstleistungsklassen?
Wenn man nicht weiss, wie man anfängt, kann sich ein Blick auf die von Mitbewerbern beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen auf www.swissreg.ch lohnen. Das gibt einem eine Idee und kann für das Erstellen des eigenen Verzeichnisses helfen. Da die Klasseneinteilungen einzelner Waren und Dienstleistungen über die Jahre aber ändern können, sollte man deren Klassenzugehörigkeit noch überprüfen.
Die Waren und Dienstleistungen müssen schliesslich präzise und eindeutig genannt werden. Unklare Begriffe können den Schutzumfang beeinträchtigen. In unserer Klassifikationshilfe unter wdl.ige.ch können Begriffe auf Konformität überprüft und nach allen zulässigen Waren- und Dienstleistungsbegriffen gesucht werden. Auch bei der Anmeldung über e-Trademark stehen diese Klassen zur Verfügung. Übernehmen die Anmelderinnen und Anmelder diese Begriffe, stehen die Chancen gut, dass die Anmeldung schneller, d. h. durch die vorgezogene Prüfung geht.
Können Marken auch für virtuelle Waren, die z. B. im Metaverse angeboten werden, einen Markenschutz erhalten?
Bis Ende 2023 konnten virtuelle Waren gar nicht als eigenständige Waren beansprucht werden. Seit 2024 können sie in Klasse 9 (analog zu herunterladbaren Medien) geschützt werden. Die virtuell dargestellten Waren müssen aber explizit genannt werden, z. B. «herunterladbare virtuelle Bekleidung» oder «virtuelle Uhren».
Wer seine Marke anmelden möchte, muss bei der Auswahl die sogenannte Nizza-Klassifikation anwenden. Das ist eine bedeutende Aufgabe, denn sie beeinflusst den Schutzumfang und auch das Konfliktpotenzial mit anderen Marken. Wir haben Markenexperte Peter Benninger befragt, um das System verständlicher zu machen und seine Tipps für Markenanmelder – unter ihnen auch viele Startups – zu erfahren.
Worum geht es bei der Nizza-Klassifikation?
In allen Ländern, die einen Markenschutz kennen, muss bei der Hinterlegung einer Marke bestimmt werden, für welche Waren und/oder Dienstleistungen der Markenschutz gelten soll. Ziel des 1957 in Nizza beschlossenen Abkommens ist es, dass Waren und Dienstleistungen in allen Mitgliedsländern nach den gleichen Kriterien klassiert werden. Dies erleichtert zum einen die Ausdehnung des Markenschutzes auf andere Länder. Zum anderen erleichtert es international die Recherche nach verwechselbaren Marken. So kann man die Suche in den Markendatenbanken auf die Klassen beschränken, die potenziell zu Konflikten führen könnten; denn identische oder ähnliche Marken für ganz andere Waren und Dienstleistungen sind ja in der Regel kein Problem.
Muss ein Unternehmen die Marke nur für die angebotenen Waren oder Dienstleistungen selbst schützen, oder auch für alles, was sonst noch dazugehört, wie z. B. die Warenverpackung oder die Website des Unternehmens?
Wenn jemand Waren herstellt und verkauft, reicht es, die hergestellten Waren in der entsprechenden Warenklasse zu nennen. Alles andere, wie z. B. bei einem Süsswarenhersteller das Papier um die Bonbons, die Verpackung oder die Website, auf der die Süssigkeiten beworben werden, sind Hilfswaren oder Tätigkeiten (keine Dienstleistungen!), die für Herstellung und Vertrieb nötig sind. Ist aber die Verpackung sehr eng mit der Ware verbunden, kann es sinnvoll sein, auch die Verpackung zu schützen.
Welches sind die häufigsten Fehler bei der Erstellung der Waren- und Dienstleistungslisten?
Am häufigsten sind unklare Formulierungen. Manchmal ist die Ursache eine schlecht übersetzte Originalliste, z. B., wenn sie jemand auf Englisch erstellt hat und bei der Anmeldung mit einem Online-Tool ins Deutsche übersetzt. Teils ist es schlichtweg eine schlechte Anwendung der Sprache. Bei solchen Unklarheiten beanstanden wir das Gesuch. Innerhalb von zwei Monaten kann die Anmelderin die Waren- und Dienstleistungsliste anpassen.
Hast du ein Beispiel für unklare Formulierungen?
Zum Beispiel «Klasse 42, Bereitstellung einer Website (Software)». Was ist gemeint mit Bereitstellung? Wird Software auf einer Website bereitgestellt oder wird über eine Website mittels einer Software eine bestimmte Dienstleistung erbracht? Diese Formulierung ist unverständlich. Stattdessen müsste angegeben werden, welche Dienstleistungen (über die Website) angeboten werden, z. B. «Online-Versicherungsberatung».
Häufig sind auch Präzisierungsversuche mit «insbesondere», also z. B. «Elektrische Apparate, insbesondere Rasierer». Gemäss unserer Praxis kann aber ein Begriff wie «elektrische Apparate», der zu vage für die Klassierung ist, nicht auf diese Weise präzisiert werden. Der zuvor stehende vage Begriff bleibt auch mit einer nicht abschliessenden Aufzählung unklar. Der Anmelder müsste die Apparate stattdessen so weit präzisieren, dass sie klassiert werden können. Z. B. indem er «elektrische Apparate» durch «elektrische Zahnbürsten und elektrische Rasierer» ersetzt. Ist die Marke nur für Rasierer bestimmt, müsste statt «insbesondere» «nämlich» verwendet werden.
Was geschieht, wenn Waren oder Dienstleistungen falsch klassiert worden sind?
Die Klassierung hat nur administrativen Charakter. D. h., dass man z. B. in einem Widerspruch im Prinzip den gleichen Schutz geniesst, ob nun richtig klassiert oder falsch. Aber Achtung: Begriffe mit einer Doppelbedeutung bilden eine Ausnahme. Bei diesen präzisiert die Klasse den Begriff. Wenn jemand z. B. den Schutz für «Federn» in Klasse 6 beansprucht hat, ist die Marke für Federn im Sinn einer Kleineisenware geschützt; und nicht für Schreibfedern (Klasse 16) oder für Federn als Polsterfüllmaterial (Klasse 22) – auch wenn der Anmelder eigentlich Schreibfedern schützen lassen wollte.
Richtig zu klassieren liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Anmelders. Klassiert er falsch, muss er in Kauf nehmen, dass die Bezeichnung anders verstanden wird als gedacht. Oder dass eine Mitbewerberin seine Marke bei einer Markenrecherche nicht findet, da die meisten Recherchedienste grundsätzlich nur nach Klassennummern suchen. Umgekehrt wird auch er, wenn er nach der Eintragung eine «falsche Klasse» überwacht, nicht auf neue, ähnliche Marken aufmerksam und könnte es deshalb verpassen, einen Widerspruch einzureichen.
Wie geht ein Unternehmen bei der Wahl der Waren und Dienstleistungen am besten vor?
Bevor das Unternehmen eine Marke hinterlegt, sollte es sich genau überlegen, für welche Waren und/oder Dienstleistungen es überhaupt Schutz beanspruchen möchte. Dazu gehört auch ein Blick voraus: Will das Unternehmen sein Angebot in absehbarer Zeit erweitern, kann es die geplanten Waren und Dienstleistungen bereits bei der Anmeldung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis erfassen – auch wenn das Zeichen nicht umgehend für alle beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gebraucht wird. Denn nach der Eintragung kann das Verzeichnis nicht mehr erweitert werden.
Es geht aber nicht darum, von Beginn weg möglichst viele Waren und Dienstleistungen zu schützen. Nicht nur wegen der anfallenden Kosten. Eine Marke muss innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch wirklich gebraucht werden. Andernfalls erlischt im Prinzip der Schutzanspruch für die nicht gehandelten Waren oder die nicht erbrachten Dienstleistungen.
Was macht man so, wenn man später neue Waren oder Dienstleistungen in das Sortiment aufnimmt und die Marke auch für diese schützen will?
Dann muss für die neuen Waren oder Dienstleistungen eine neue Marke angemeldet werden. Wir empfehlen in diesem Fall, mit einer Recherche zu klären, ob für ähnliche Waren oder Dienstleistungen bereits eine ähnliche Marke eingetragen ist.
Hast du weitere Tipps für die Bestimmung der Waren- und Dienstleistungsklassen?
Wenn man nicht weiss, wie man anfängt, kann sich ein Blick auf die von Mitbewerbern beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen auf www.swissreg.ch lohnen. Das gibt einem eine Idee und kann für das Erstellen des eigenen Verzeichnisses helfen. Da die Klasseneinteilungen einzelner Waren und Dienstleistungen über die Jahre aber ändern können, sollte man deren Klassenzugehörigkeit noch überprüfen.
Die Waren und Dienstleistungen müssen schliesslich präzise und eindeutig genannt werden. Unklare Begriffe können den Schutzumfang beeinträchtigen. In unserer Klassifikationshilfe unter wdl.ige.ch können Begriffe auf Konformität überprüft und nach allen zulässigen Waren- und Dienstleistungsbegriffen gesucht werden. Auch bei der Anmeldung über e-Trademark stehen diese Klassen zur Verfügung. Übernehmen die Anmelderinnen und Anmelder diese Begriffe, stehen die Chancen gut, dass die Anmeldung schneller, d. h. durch die vorgezogene Prüfung geht.
Können Marken auch für virtuelle Waren, die z. B. im Metaverse angeboten werden, einen Markenschutz erhalten?
Bis Ende 2023 konnten virtuelle Waren gar nicht als eigenständige Waren beansprucht werden. Seit 2024 können sie in Klasse 9 (analog zu herunterladbaren Medien) geschützt werden. Die virtuell dargestellten Waren müssen aber explizit genannt werden, z. B. «herunterladbare virtuelle Bekleidung» oder «virtuelle Uhren».